Hebammen

Geburtshilfeprämie auf Eis – Stadtrat stimmt am Donnerstag ab

Eine Hebamme hört die Herztöne eines Babys ab.

Eine Hebamme hört die Herztöne eines Babys ab.

Dresden. „Die Geburtshilfeprämie läuft Gefahr, die kürzeste Förderung in Dresden aller Zeiten zu werden“, stellt Konrad Krause fest, Vorstand des Vereins Gut ins Leben e.V.. Dabei fing alles so gut an. Die kurz vor Ende des Jahres beschlossene Geburtshilfeprämie ist im Berufsalltag vieler Dresdner Hebammen positiv aufgenommen worden, nun ist sie schon wieder Geschichte. „Bis zum 7. Januar, dem Stichtag zur Beantragung der Fördermittel für 2018, hat das Gesundheitsamt über 500 Anträge bearbeitet“, berichtet Dominic Heyn, Referent der Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, „Die Förderung hat sich aus unserer Sicht bewährt.“

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Vorbild stammt aus Marburg

Zur Erinnerung: Am 6. November des letzten Jahres winkte der damals noch Rot-Grün-Rote Stadtrat einen Antrag zur Geburtshilfeprämie durch und die konnte sich sehen lassen. Für jede Wochenbettbetreuung gab es einen Zuschuss von einmalig 30 Euro. 100 Euro konnten für eine Geburt in einem Hebammenhaus geltend gemacht werden und eine begonnene Hausgeburt bzw. eine sogenannte "Beleggeburt" in einem Krankenhaus wurde mit 200 Euro vergütet.

Der Verein Gut ins Leben e.V. hatte maßgeblich an der Idee mitgewirkt. „Wir haben uns das natürlich nicht selbst ausgedacht“, so Heike Erlenkämper, Geburtshelferin im Hebammenhaus auf der Louisenstraße. „Wir haben uns das Modell in Marburg zum Vorbild genommen und wollten die prekäre Lage der Hebammen hier in Dresden verbessern.“

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Heike Erlenkämper und Konrad Krause vom Verein Gut ins Leben eV

Heike Erlenkämper und Konrad Krause vom Verein Gut ins Leben e.V. werben für die Geburtshilfeprämie.

„Die Situation der freiberuflichen Hebammen ist seit Jahren katastrophal, weil hohe Versicherungsprämien die geringen Krankenkassenleistungen auffressen“, weiß Dana Frohwieser, Stadträtin und Vorsitzende der SPD-Fraktion. Teure Haftpflichtversicherungen, ungerechte Bezahlung, schlecht vergütete Bereitschaftsstunden, überbordende Bürokratie, Fachkräftemangel und Nachwuchsprobleme: die Hebammenzunft hat es in der sächsische Landeshauptstadt mit mehr als 8.000 Geburten pro Jahr und fast doppelt so vielen Hausgeburten wie der Bundesdurchschnitt nicht leicht.

Umbruch im Stadtrat

"Unsicherheit prägt den ganzen Berufsstand", resümiert Krause. "Das überträgt sich auch auf die Eltern. Wir sind auf die Hebammen angewiesen. Deshalb war es unser Ziel, eine Lobby für Eltern und Hebammen gleichermaßen zu schaffen, um auch als Wählerinteresse für die Politik interessant zu werden."

Nach einem Jahr Vereinstätigkeit, 36 Mitstreitern und der Unterstützung von Lokalpolitikern der Grünen, Linken und SPD wurde im Oktober der Antrag eingereicht, Anfang November gab es grünes Licht vom Stadtrat. „Gegen die Stimmen von CDU, FDP und AfD“, fügt Stadträtin Dana Frohwieser hinzu. „Wir waren glücklich und erstaunt zugleich, dass es so schnell ging“, erinnert sich Konrad Krause.

Doch nun folgt das Aus. Anfang Januar wurde die Prämie auf Eis gelegt. „So schnell wie sie gekommen war, war sie auch wieder verschwunden“, resümiert Stephanie Hahn-Schaffarczyk vom Sächsischen Hebammenverband. Noch vor dem 7. Januar, dem voraussichtlichen Antragsstopp für alle Hebammen, verkündete das Gesundheitsamt, dass nach aktuellem Stand keine Haushaltsgelder für den Erhalt der Geburtshilfeprämie im Jahr 2019 zur Verfügung stünden. „Das Geld ist da“, berichtet Konrad Krause, „Das Ganze ist nur eine politische Kiste.“

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Hat der Rot-Grün-Rote Stadtrat im November das Geld für die Prämie gern gewährt, bangt man jetzt mit dem neuerlichen Antritt der Bürgerfraktion, vertreten von den ehemaligen SDP- Mitgliedern Christian Bösel und Jan Kaboth sowie dem einhergehenden Mehrheitsverlust von Rot-Grün-Rot um deren Erhalt. Eine Übertragung der offenbar noch vorhandenen Restmittel aus 2018 sei nicht möglich, denn dazu wäre ein Votum des Stadtrates notwendig, so die Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann. Darauf habe man sich aber ohne die Mehrheit von SPD, Grüne und Linke nicht einigen können.

Thomas Blümel: „Keine Eintagsfliege“

Am Donnerstag, 24. Januar, tagt der Stadtrat und wird dann über die Zukunft der Geburtshilfeprämie abstimmen. Doch noch steht es völlig in den Sternen wie die Entscheidung ausgehen wird. „Im neuen Haushalt 2019/2020 sind die Mittel für die Geburtshilfeprämie bislang nicht veranschlagt“, so Dominic Heyn. Grüne, Linke und SPD wollen dafür die Liquiditätsreserve anzapfen. Dana Frohwieser weiß, wie sie stimmen wird: „Die SPD-Fraktion und ich ganz persönlich stehen zu dieser Förderung.“ Es gäbe keinen vernünftigen Grund die Gebursthilfeprämie abzulehnen. „Wir machen keine Hebamme reich mit einer Förderung von 30 Euro für eine Wochenbettbetreuung oder 200 Euro pro Geburt. Wir wertschätzen einfach eine Arbeit“, so die Fraktionsvorsitzende.

Thomas Blümel von der Bürgerfraktion will sich ebenfalls für den Erhalt der Prämie einsetzen: „Über den konkreten Weg dahin werden wir uns noch verständigen müssen.“ Den Antrag der Koalition lehne er ab. Er sei, was die Geburtshilfeprämie beträfe, zu unkonkret und benötige wegen des Einbezugs der Verwaltung unnötig viel Zeit bis zur tatsächlichen Beschlussfassung. Man setze lieber auf den eigenen Eilantrag, der zum 14. Februar auf der Tagesordnung des Stadtrates stehen wird. „Wir wollen das alle und es ist wichtig, den Hebammen zu vermitteln, dass die Prämie keine Eintagsfliege war.“ Der Antrag von SPD, Linken und Grünen sei aber schlicht „schlechtes Handwerk“, den die Bürgerfraktion nicht mittragen könne.

CDU: Die Krankenkassen sollen zahlen

Die CDU-Fraktion lehnt die Prämie generell ab. „Die Antragsteller von Rot-Grün-Rot wollten damit wohl Volksnähe demonstrieren“, mutmaßt Stadträtin Astrid Ihle. Die Prämierung der Hebammentätigkeit, so wichtig sie auch sei, erzeuge eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen selbstständig arbeitenden Gruppen im Gesundheitssektor. Ihle sieht vor allem die Krankenkassen in der Pflicht, nicht die Stadt. „Unser Ziel ist es, die Zusammenarbeit der freiberuflichen Hebammen mit Geburtshilfe-Kliniken zur intensivieren.“

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„Die Geburtshilfeprämie ist eine wunderbare Sache, aber eben auch nur ein Feuerlöscher. Wir brauchen eine bundesweite Lösung“, so Krause, „Dresden allein kann das nicht leisten.“ Auch Frohwieser sieht, ähnlich wie die Bürgerfraktion, die Unterstützung der Hebammen als Bundesangelegenheit. „Dresden kann aber als Geburtenhauptstadt die werdenden Eltern in dieser wichtigen Phase nicht allein lassen“, so die SPD-Fraktionsvorsitzende. Nun liegt es also bei den Stadträten, wie sie am 24. Januar abstimmen.

„Wir hoffen, dass die Stadträte endlich die lang versprochene Sachpolitik umsetzen und sich für die Dresdner Eltern und Hebammen stark machen“, so Konrad Krause. „Es fehlt in dieser Angelegenheit wahrlich der große politische Wurf“, ergänzt Heike Erlenkämper. Die Weiterführung der Geburtshilfeprämie wäre zumindest ein Wurf in die richtige Richtung.

Von Carolin Seyffert

DNN

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