Eine Rarität in der Kathedrale in Dresden
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Domkapellmeister Christian Bonath leitet den Kathedralklang am Sonnabend.
© Quelle: Büchner
Dresden. Das Leiden Jesu steht im Mittelpunkt des zweiten Kathedralklangs 2023. Am Sonnabend erklingt ab 16 Uhr in der Kathedrale Ss. Trinitatis (Katholische Hofkirche) am Theaterplatz die Matthäuspassion von Heinrich Schütz, gekürzte Fassung, sowie der Kreuzweg von Franz Liszt. Neben Solisten sind der Kathedralchor Dresden und Domorganist Sebastian Freitag zu hören, die Leitung hat Domkapellmeister Christian Bonath. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.
Hochgradig avantgardistisch in seiner Kargheit
1878/1879 verfasst der gläubige Katholik Franz Liszt seinen Kreuzweg, eine Ausdeutung der 14 Kreuzwegstationen für Soli, Chor und Orgel. Das 40 Minuten dauernde Werk ist ein Gegenentwurf zur Musik seiner Zeit: Archaisch, eine neue Einfachheit vorwegnehmend. Alte Stile wie der gregorianische und der protestantische Choral verbinden sich mit sparsamen Mitteln. Die wenigen Noten wirken wie abgezirkelt, jeder Virtuosität schwört Liszt ab und entwickelt so einen ganz eigenen Stil, der in seiner Kargheit hochgradig avantgardistisch ist. Erst 50 Jahre nach dem Entstehen erfährt das Werk am Karfreitag 1929 in Budapest seine Uraufführung.
Dezidiertes Spätwerk
Auf den Spielplänen ist Liszts Kreuzweg bis heute eine Rarität geblieben – ein Grund mehr, dieses Kleinod, welches Jesu Leiden so eindringlich begreifbar macht, zur Aufführung zu bringen. Ein interessanter Kontrast bildet das zweite Hauptwerk des geistlichen Konzertes – „Die Matthäuspassion“ von Schütz. Sie ist ein dezidiertes Spätwerk, 81 Jahr alt ist der Meister, als es 1666 in der Dresdner Schlosskapelle uraufgeführt wird. Die Mitwirkung von Instrumenten war in der Passionszeit nicht vorgesehen, so dass Solisten und Chor unbegleitet musizieren. Die Solisten bewegen sich in Psalmtönen, die gesamte Komposition fußt auf dem dorischen Modus, aus dieser Einstimmigkeit kommentiert der Chor das Geschehen.