Dresdner Semperopernball: Künstlerischer Chef Hans-Joachim Frey in der Kritik
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Pressekonferenz zum Semperopernball 2019. Hans-Joachim Frey.
© Quelle: imago-images
Dresden. Der Semperopernball in Dresden ist in schwere Turbulenzen geraten. Am Freitag traten Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und weitere Persönlichkeiten aus dem Ballverein aus. Sie reagierten damit auf eine ihrer Auffassung nach fehlende Distanzierung des Vorstands gegenüber Russland. Der Ballverein hatte 2009 dem damaligen russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin den Orden des Balls überreicht. Der damals amtierende sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hielt die Laudatio.
Hilbert erklärte: „Auch wenn der St. Georgs-Orden an den russischen Präsidenten aberkannt wurde, hat die Mitgliederversammlung gezeigt, dass es bei einigen Akteuren kein Umdenken gibt. Die schwierig zu durchschauende Vernetzung Einzelner mit anderen Veranstaltungen und Institutionen im Ausland, insbesondere mit Russland, wurde bisher nicht gelöst.“ Aus diesem Grund verlasse er den Verein. „Wir sehen täglich schreckliche Bilder aus der Ukraine und kümmern uns um die Geflüchteten, die in Dresden ankommen. Ich vermisse hier eine klare Haltung innerhalb des Vereinsvorstandes.“
Semperoper hat sich distanziert
Die Semperoper Dresden, die den Ball nicht ausrichtet und nur die Räume vermietet, hatte sich kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine distanziert vom künstlerischen Leiter des Balls, Hans-Joachim Frey. „Die Geschäftsbeziehungen Herrn Freys in Zusammenhang mit der Organisation des Opernballs erweisen sich als kontraproduktiv und imageschädigend für die Sächsische Staatsoper“, erklärte die Semperoper am 1. März. Es sei Angelegenheit des Ballvereins, sich klar gegenüber dem künstlerischen Leiter zu positionieren.
Am 4. März gab der Ballverein bekannt, Putin den Orden wieder abzuerkennen. Kriege gehörten weder in diese Zeit noch in diese Welt und erst recht nicht nach Europa, hieß es damals. „Sie können und dürfen kein Mittel sein, um Konflikte zu lösen. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine führt nicht nur zu unermesslichem Leid für viele Menschen in unserer Nachbarschaft, sondern unweigerlich auch zu einem unwiederbringlichen Verlust an Kultur und kulturellen Werten.“
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Frey selbst äußerte sich am Freitagabend auf Anfrage. Der Verein habe sich in dieser Woche nochmals mit aktuellen Fragestellungen befasst und Entscheidungen getroffen. Dazu gehörten die Aberkennung des Ordens an Putin, die klare Ablehnung des russischen Angriffs auf die Ukraine, die Absage des für 14. März geplanten Dresdner Opernballs in Dubai sowie weiterer Veranstaltungen. „Über weiteres wird der Verein mit der gebotenen Sorgfalt befinden.“
„Bei aller berechtigten Kritik an dem, was nicht gut war, und bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Verein aus Fehlern gelernt, sich von unzeitgemäßen Ritualen längst getrennt und vor zwei Jahren mit Verein und Kuratorium komplett neu aufgestellt hat, wird aber leider auch deutlich, dass der Wert des Semperopernballs für die Menschen und die Stadt nicht überall erkannt wird“, erklärte Frey.
Zeit, um Situation zu bewerten
„Zu den befremdlichen Erfahrungen der letzten Tage gehört aber auch das Fehlen von Verständnis, Wertschätzung und Respekt für das seit 2006 Geleistete – leider auch bei einigen wenigen, aber wichtigen Partnern und Akteuren“, so Frey. Dass die aktuellen Kriegsereignisse dazu führten, dass „insbesondere politische Fragestellungen in den Ballverein hineingetragen wurden und teilweise sogar die Zukunft des Opernballes von der Haltung gegenüber Vereinsmitgliedern abhängig gemacht wird, haben alle zur Kenntnis genommen“.
Es brauche Zeit, um die Situation zu bewerten, erklärte Frey. „Um sich selbst zu vergewissern und zu gegebener Zeit die richtigen Konsequenzen zu ziehen, nimmt sich der Ballverein eine Auszeit und lässt die Vereinsarbeit für vier bis acht Wochen ruhen.“ Diese Zeit werde der Verein nutzen, um Wege und Möglichkeiten zu durchdenken und mit Partnern und Unterstützern, Freunden und Kritikern über die Zukunft des Semperopernballs zu sprechen.
Von RND/dpa
DNN