Dank Carbonbeton – Platz für Radler verdoppelt sich auf Carolabrücke
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Auf dem Geh- und Radweg der Carolabrücke geht es eng zu. Carbonbeton soll helfen, das zu ändern.
© Quelle: Dietrich Flechtner
Dresden. Ein Radfahrer, eine Mutter mit Kinderwagen und das war es auch schon – mehr passt nebeneinander nicht auf den schmalen Geh- und Radweg der Carolabrücke. Um das zu ändern setzt Dresden nun auf eine Innovation der Technischen Universität: Carbonbeton. Das moderne Material soll für bequemere Verhältnisse an der Stadtbrücke sorgen – und vielleicht auch die fragliche Finanzierung klären.
Seit die Elbwiesen unter der Carolabrücke teilweise gesperrt werden mussten, weil der Beton bröckelt, beschäftigt man sich im Straßen- und Tiefbauamt intensiv mit der Instandsetzung der Brücke. Dabei soll ab August zunächst der Brückenteil in Angriff genommen werden, auf dem der Verkehr in Richtung Albertplatz fließt. Um den Geh- und Fußweg dort gab es eine hitzige Debatte. Nach ursprüngliche Plänen sollten sie die alte Breite mehr oder weniger behalten – mehr lasse die Statik nicht zu. Der Stadtbezirksbeirat Neustadt forderte daraufhin, eine Autospur der Carolabrücke vor allem dem Radverkehr zuzuschlagen. Denn der hat auf der Brücke stark zugenommen. Bei einer Zählung im September 2018 querten binnen 14 Stunden reichlich 4000 Radler die Brücke – eine Zunahme um 80 Prozent.
65 Zentimeter mehr Gehwegbreite
Man habe sich lange mit der Frage beschäftigt, meint Verkehrsbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne). „Aber so einfach ist der Brückenquerschnitt nicht zu ändern“, sagt er. Eine Anfrage am von Professor Manfred Curbach geleiteten TU-Institut für Massivbau brachte den Ausweg. „Wir sind bei ihm auf offene Ohren gestoßen und haben sofort mit den Umplanungen begonnen“, sagt Straßen- und Tiefbauamtsleiter Reinhard Koettnitz.
Im Ergebnis konnten 65 Zentimeter mehr Gehwegbreite herausgeschlagen werden, die vor allem dem Radweg zugeschlagen werden. Mit 1,45 Meter haben Radler nach der Sanierung fast die doppelte Breite zur Verfügung, was auch Überholvorgänge auf der Brücke möglich machen sollte. Die Fußwegbreite bleibt bei 1,80 Meter, hinzu kommen Abstandsbreiten zwischen beiden, zur Fahrbahn und zum Geländer.
„Carbon rostet nicht“
Möglich wird das durch die leichtere Bauweise, die Carbon ermöglicht. Müssen über einer herkömmlichen Stahlbewehrung vier bis fünf Zentimeter Beton aufgetragen werden, um den Stahl vor Korrosion zu schützen, genügen bei Carbon 2,5 bis drei Zentimeter. „Carbon rostet ja nicht“, sagt Koettnitz. Hinzu kommt, dass das Kohlenstoffmaterial an sich deutlich leichter ist als Stahl. Macht insgesamt eine Gewichtsersparnis von 25 bis 30 Prozent.
Dafür ist der Baustoff teurer. Etwa 300 000 Euro mehr kostet deshalb die geplante Brückensanierung, insgesamt 4,2 Millionen Euro. 75 Prozent davon sollten eigentlich als Fördermittel vom Freistaat kommen. „Wir wissen aber seit einigen Tagen, dass das nicht passieren wird“, sagt der Verkehrsbürgermeister. Zumindest nicht mit normalen Straßenbaumitteln. „Vielleicht gibt es ja Gelder für innovative Baumaterialen“, hofft Schmidt-Lamontain. Falls nicht müsse man alles mit eigenem Geld bezahlen. Wie, das wisse man noch nicht. „Die Instandsetzung der Carolabrücke ist dringen“, bekräftigt Schmidt-Lamontain.
Premiere für ein solch großes Bauwerk
Es ist das erste Mal, dass bei einem solch großen Bauwerk mit mehr als 300 Meter Spannweite Carbonbeton zum Einsatz kommt. „Es ist ausgesprochen wichtig, die zahlreichen Vorzüge der nichtmetallischen Bewehrung im Bauwesen zu verdeutlichen und damit auch den Standort Dresden als besonders innovationsstark herauszustellen“, sagt Professor Curbach. Zum Einsatz kommen dabei drei verschiedene Bauweisen, die auf Testfelder an der Brücke verteilt und anschließend wissenschaftlich beobachtet werden. So werden Carbonstäbe und Carbonmatten verbaut. Im dritten Testfeld werden Basaltstangen verwendet – unter großer Hitze zu Stangen geformter Basalt, der leicht, biegbar und reißfest ist.
Der neue Beton macht dabei den eigentlichen Geh- und Radweg aus, während der Unterbau weiter aus Stahlbeton besteht. Wenigstens 25 Jahre soll dieses Konstrukt halten.
Von Uwe Hofmann
DNN