Urlaubsorte, Tiere, Autos oder Kunst

Das reißt nicht ab: „Deutschland ist ein Kalenderland“

Auch in Zeiten der Digitalisierung sind Wandkalender noch immer beliebt.

Auch in Zeiten der Digitalisierung sind Wandkalender noch immer beliebt.

Da gibt es Ansichten von New York im extremen Hochformat. Es gibt Kunstwerke von Claude Monet und Édouard Manet im Querformat, Landschaftsfotografien aus Irland, Island, Indonesien – und Hunderte weiterer Themen, die jeweils auf zwölf Blättern abgebildet sind. Darunter, daneben oder darüber sind alle Tage des jeweiligen Monats gedruckt. Ein Wandkalender soll einen Überblick geben und die Wand schmücken, also zugleich funktionell und dekorativ sein.

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Schon im Sommer kommen die meisten Kalender für das Folgejahr auf den Markt. Jetzt, wenn es auf Weihnachten zugeht, zieht der Verkauf so richtig an. Ebenso wie der Ehrgeiz mancher DIY-Enthusiasten: Um Freunde zu beschenken, werden Blankokalender gekauft und mit Urlaubsbildern bestückt. Und Oma und Opa bekommen zum Fest einen Jahresplaner mit Zeichnungen und Collagen der Enkel.

Wandkalender bestechen durch große Auswahl

Gegen einen professionell gestalteten und hergestellten Kunst- oder Fotokalender kommen solche Exemplare meist nicht an. Zumal deren Bandbreite enorm ist: Neben Klassikern wie populären Kunstwerken, berühmten Gartenanlagen oder pittoresken Landschaften finden sich ungezählte weitere Motive auf den Seiten. So hat der für seine Kunstkalender bekannte Weingarten-Verlag nach Angaben einer Sprecherin für 2023 mehr als 160 unterschiedliche Kalender in verschiedenen Formaten im Programm.

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Seit mindestens den 1970er-Jahren hätten sich in Deutschland hochpreisige Wandkalender etabliert, sagt Christiane Schreiter, Senior Editor von Weingarten. „Deutschland ist darin übrigens ziemlich einzigartig, denn im Ausland haben großformatige Wandkalender einen ganz anderen, längst nicht so hohen Stellenwert – wenn sie überhaupt angeboten werden. Deutschland ist ein Kalenderland.“ Das kann Niels Meyne, Geschäftsführer des Korsch-Verlags, nur bestätigen: Der Markt wachse stetig, sagt er. Rund 600 unterschiedliche Produkte – darunter auch Taschen- und Schülerkalender – produziert allein dieses Unternehmen pro Jahr.

Hühner statt Erdmännchen – Motivvorlieben ändern sich

Zahlreiche Kalender zeigen Sehnsuchtsorte oder -objekte – zum Beispiel Ansichten eines Landes, in das man immer schon mal reisen wollte, oder Sportcoupés, die man sich wohl nie wird leisten können. Mal ganz abgesehen von der Frage, ob in Zeiten von Klima- und Energiekrise der Kauf eines solchen Pkw sonderlich sinnvoll ist. Und ob so manch „erotischer“ Kalender nicht doch schlichtweg sexistisch ist, ist ebenso diskussionswürdig.

Im Prinzip ist es bei Kalendern wie bei Kleidung: Die einen bevorzugen Klassisches, die anderen Modisches. „Es gibt immer Klassiker im Programm, die schon seit Jahrzehnten gut laufen. Hierzu gehören die klassische Kunst, aber auch verschiedene Fotothemen“, sagt Meyne, der Sprecher der Interessengruppe Kalender im Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist. Derzeit sei „das Dschungelthema“ sehr aktuell.

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Auch bei Weingarten macht man verändernde Motivvorlieben aus. „Früher gab es zum Beispiel viel mehr Interesse an Surrealismus in der Kunst, bei den Tieren waren es die Erdmännchen, bei den Landschaften war Australien lange der Hit“, sagt Programmleiterin Kerstin Dönicke. Heute finden sich viele Expressionisten und Impressionisten im Programm – und auch ein Kalender mit Fotos von Hühnern. Das Thema war vor einigen Jahren noch nicht so angesagt.

„Auch das Design der Schriften und die Gestaltung der Seiten ist etwas, das sich mit der Zeit ändert“, sagt Dönicke. Früher habe es sehr viele Kalender mit einem schwarzen Fond gegeben, heute seien es nur noch wenige. Früher seien die Schriften oft dick und rundlich gewesen, heute eher dünn und im Schreibschriftstil.

Digitalisierung schwächt Umsatz bei Kalendern nicht

Manche Kalenderkäufer sind Traditionalisten: So hängt bei vielen Lesebegeisterten der Literatur-Kalender der Edition Momente, der früher unter dem Titel „Arche Literatur Kalender“ erschienen ist, an der Wand. Das Design hat sich seit 1985, als der erste Literatur-Kalender erschien, nicht wesentlich geändert.

Ob die Unverwechselbarkeit der Gestaltung wichtig sei? „Unbedingt!“, sagt Elisabeth Raabe, die gemeinsam mit Regina Vitali die Edition Momente leitet. „Der Gestalter Max Bartholl hat unsere Kalender mit seiner Handschrift geprägt“, erklärt Raabe. Der Kalender habe „ein festes Stammpublikum“. Ein positiver Aspekt dabei sei, dass „der Absatz nicht durch die Digitalisierung tangiert worden ist“.

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Die gleiche Erfahrung hat man bei Weingarten und Korsch gemacht. Dass heute nahezu jeder und jede ein Smartphone mit Kalenderfunktion besitzt, hat auf den Umsatz kaum Einfluss. Ein gedruckter Kalender sei als beliebter Wandschmuck weiterhin gesucht und habe einen „stabilen Marktanteil“, sagt Schreiter. Das bestätigt auch der Bundesverband Druck und Medien.

02.12.2019, Thüringen, Erfurt: "Ich wünsche mir Liebe und Geborgenheit" steht auf einem Stern, der an einem vom Ministerpräsidenten von Thüringen und Schülerinnen und Schülern der Erfurter Otto-Lilienthal-Gemeinschaftsschule geschmückten Weihnachtsbaum hängt. Die 3,50 Meter hohe Nordmanntanne steht im Bürgersaal der Thüringer Staatskanzlei. Neben selbstgebastelten Weihnachtssternen, Kugeln und Tannenbäumen haben die Schüler auch Anhänger mit ihren großen und kleinen Wünschen mitgebracht. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Wie Weihnachten trotz Frust und Stress zum Fest der Liebe werden kann

Eine nicht unbeträchtliche Zahl an Menschen fühlt sich während der Feiertage einsam oder gestresst. Dieser Zustand verleitet mitunter zu vorschnellen und manchmal auch zweifelhaften Entscheidungen. Stichwort: Zurück zum Ex! Unser Kolumnist, der Paartherapeut Christian Hemschemeier, gibt Tipps, wie man ohne Frust und unbeschadet die Feiertage übersteht.

Papierknappheit sorgt für Preisanstieg

Zu leiden hat die Branche allerdings unter der Papierknappheit. „Die Papierpreise sind allein in diesem Jahr um 60 bis 100 Prozent gestiegen“, sagt der Korsch-Geschäftsführer. Das führe dazu, dass man die Preise erhöhen müsse. Vom Kauf dürfte das im „Kalenderland“ Deutschland wohl nur einen kleinen Teil der Kundschaft abhalten.

Zudem greifen die Käufer zu einem wahren Traditionsprodukt, erklärt Meyne. „Kalenderschriften gehören zu den ersten gedruckten deutschsprachigen Texten überhaupt, zum Beispiel der sogenannte Türkenkalender um 1454.“ In dem wurde rabiat vor „den Osmanen“ gewarnt („Eyn manung der cristenheit widder die durken“). Da sind heutige Kalender doch um einiges friedfertiger und kunstvoller.

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