Trotz Pandemie: Wer als Kreativer zu viel dazuverdient, bekommt Schwierigkeiten mit der KSK

Die Künstlersozialkasse hat ihren Hauptsitz in Wilhelmshaven.

Die Künstlersozialkasse hat ihren Hauptsitz in Wilhelmshaven.

Hannover. Die Künstlersozialkasse (KSK) ist eigentlich eine gute Sache für freischaffende Künstler und Publizisten in Deutschland. Sie versorgt Soloselbstständige aus dem Kulturbetrieb mit einem verhältnismäßig günstigen Zugang zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Etwas, das vor ihrer Gründung in den Achtzigern durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl viel schwieriger war.

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Doch in der Corona-Krise stellt gerade die Bindung an die KSK die Künstler, die ihrem normalen Job nicht nachgehen können, vor große Herausforderungen: Sie dürfen zwar dazuverdienen, aber nicht viel. Hintergrund: Es gibt ein ganz klares, strenges Raster für die Kriterien, die einen Künstler oder Publizisten für die Aufnahme qualifizieren. So müssen die Versicherten mindestens 3900 Euro pro Jahr verdienen. Das ist für viele machbar – allerdings muss das Geld dann auch hauptsächlich im künstlerisch-publizistischen Bereich erwirtschaftet werden. In einer Branche, die sich durch finanzielle Unsicherheit für die Beteiligten auszeichnet, ist dies oft schon eine Herausforderung.

Weniger Verdienstmöglichkeiten für Künstler in der Pandemie

Doch seit Beginn der Pandemie und bei dem ruhenden Kulturbetrieb fallen viele Einnahmequellen für Künstler weg: Lesungen werden abgesagt, Konzerte fallen aus, Ausstellungen werden gar nicht erst eröffnet. Für viele ist dann ein zweites Standbein in einem nicht künstlerischen Job der einzige Ausweg aus dem finanziellen Engpass. Von einem solchen Fall berichtet auch die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ). Die erfolgreiche Schriftstellerin Franziska Hauser („Die Gewitterschwimmerin“) musste in ihrer Nebentätigkeit als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache mehr Geld verdienen, da die Lesungen für ihren neuen Roman „Die Glasschwestern“ abgesagt wurden. Die Betonung liegt dabei auf „dazuverdienen“ – denn statt der sonst üblichen 450 Euro monatlich brachte sie nun 600 Euro mit nach Hause. Bei Hauser hatte das laut „HAZ“ sogar weitreichende Folgen: Sie flog aus der KSK und verlor ihren Versichtenstatus komplett. Nur ein Einzelfall?

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Die zusätzlichen Herausforderungen in der Pandemie sieht aber auch die KSK. Auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) teilt ein Unternehmenssprecher mit: „Unter anderem aufgrund der Corona-Krise können die Versicherten jederzeit ihr Arbeitseinkommen und damit ihre Beitragsforderungen anpassen. Außerdem bestehen Stundungs- und Hinzuverdienstmöglichkeiten. Auch ist der Verbleib in der Künstlersozialkasse gesichert, selbst wenn das grundsätzlich erforderliche Jahresmindestarbeitseinkommen von 3900 Euro nicht mehr erreicht wird.“ Auch wer Hartz IV bezieht, werde nicht komplett aus der Versicherung geworfen. Kranken- und Pflegeversicherung übernimmt dann der Staat – die Rente wird weiter über die KSK von den Künstlern bezahlt.

Künstler rechnen mit durchschnittlich 9,3 Prozent weniger Einkommen

Hinzuverdienstmöglichkeiten bedeuten hier nur einen Minijob – also 450 Euro pro Monat. Der Grund: Wer mehr als 450 Euro pro Monat verdient, ist über den Arbeitgeber versichert. Nur die Rentenversicherungsbeiträge sollen über die KSK noch bestehen bleiben. Die Künstler würden dann nicht komplett aus der Versicherung fliegen, sondern für die Dauer der Beschäftigung von den Beträgen befreit werden. Arbeitsminister Hubertus Heil reicht das aber nicht: Er will, dass die Zuverdienstgrenze auf 1300 Euro angehoben wird. Doch wann solch ein Beschluss kommt und ob er dann rückwirkend für die gesamte Zeit der Corona-Pandemie gilt, ist noch unklar. Laut der „HAZ“ wurden 2020 187 Versicherte aus der KSK geworfen – doch könnten da noch mehr hinzukommen. Denn die Höhe des Zuverdiensts stellt sich oft erst nach Abgabe der Steuererklärung heraus.

Um die Höhe der Abgaben zu berechnen, lässt die KSK ihre Versicherten das Einkommen für das kommende Jahr schätzen. Auf Basis dieser Zahlen ist zu erwarten, dass das Einkommen der Künstler 2021 um 9,3 Prozent sinken wird: von durchschnittlich 18.500 auf 16.700 Euro im Jahr. Im Corona-Jahr 2020 konnten die Künstler im Schnitt wohl in der Zeit ohne Lockdown einen Teil ihrer Verluste wieder hereinholen. In diesem Jahr sehen sie ihre Lage aber wohl, vielleicht aufgrund des langanhaltenden Lockdowns, pessimistischer. Am wenigsten verdienen Musiker: Hier liegt der Durchschnittsverdienst bei nur 13.000 Euro pro Jahr.

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Franziska Hauser hatte sich laut „HAZ“ in einem Brief an die KSK gewandt: So seien die 600 Euro Zuverdienst eine einmalige Situation gewesen. Sie darf nun in der Künstlersozialkasse bleiben. Für andere mag das keine Option mehr sein.

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