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"Ich, Judith Schinker"

Ungewisse Zukunft der Dresdner Musikhochschule nach Rücktritt der Rektorin

Judith Schinker

Judith Schinker

Dresden. Eine Überraschung war das nicht: Kurz vor der gestrigen Sitzung des Erweiterten Senats an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden versandte deren Rektorin Judith Schinker eine E-Mail mit dem Inhalt, dass sie Rektorin nicht länger sei.

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Bewerbung Schinkers in Trier scheitert

"Ich, Judith Schinker, habe heute meinen Rücktritt (…) erklärt und zugleich mit sofortiger Wirkung die Amtsgeschäfte niedergelegt." Angesichts der Tatsache, dass sie, Judith Schinker, ihr Amt erst zum Studienjahr 2015/16 angetreten hat, dürfte der Rücktritt nur für jene überraschend wirken, die vergessen haben, dass bereits ihre Wahl im Mai 2015 eine Überraschung gewesen ist. Eine umstrittene zumal. Auf Betreiben des Erweiterten Senats wurde die Kurzzeit-Rektorin gegen den damaligen Hochschulrat durchgesetzt, der eine Wiederwahl ihres ebenso ambitionierten wie erfolgreichen Vorgängers Ekkehard Klemm favorisiert hatte.

Pikanterweise hatte der sie erst zu seiner Stellvertreterin als Prorektorin gemacht, nachdem sie zuvor für die Koordinierung des Hochschulsinfonieorchesters und der Kammermusik verantwortlich war. Seinerzeit ist in diesem Zusammenhang wiederholt das Wort von der „Königsmörderin“ gefallen. Der Hochschulrat war nach dieser Entscheidung geschlossen zurückgetreten.

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Judith Schinker ist von Haus aus Juristin und Kulturmanagerin. Sie hatte sich bereits vor einem Jahr als Dezernentin für die Bereiche Kultur, Tourismus, Stadtmarketing, Sicherheit und Ordnung nach Trier beworben, der dortige Stadtrat hatte sich aber mehrheitlich gegen sie entschieden. Im Nachhinein kommentierte die Rektorin diese Niederlage so: Es sei eine Ehre gewesen, sich für die Position als Beigeordnete in Trier vorstellen zu dürfen. Die dabei gemachten Eindrücke und Erfahrungen wollte sie für die Dresdner Hochschule nutzbar machen.

Rebekka Frömling übernimmt

Andere Stimmen, darunter namhafte wie die des Ehrensenators Wilfried Krätzschmar, sahen bereits durch diesen Eklat das Rektorenamt und damit die gesamte Hochschule beschädigt. Entsprechend schwierig dürfte sich eine Nachfolge gestalten. Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange kommentierte den Rücktritt gestern in aller Knappheit: „Wir wurden von Frau Schinker über ihren Rücktritt als Rektorin der Hochschule für Musik informiert. Dieser Schritt ist sicherlich wohlüberlegt und ist zu respektieren. Ich gehe davon aus, dass der Hochschulbetrieb auch im Interesse der Studierenden reibungslos fortgesetzt werden kann.“

Von Seiten der Hochschule hieß es dazu, es werde schnellstmöglich eine Ausschreibung zur Neubesetzung des Rektorenamtes erfolgen. Bis zum Abschluss eines solchen Verfahrens solle die Bildungseinrichtung von Rebekka Frömling, der stellvertretenden Rektorin und Prorektorin für Lehre und Studium, vertreten werden.

Schinkers eigene Beurteilung ihrer nun rund zweieinhalb Jahre als Rektorin der Musikhochschule, gestern per Pressemitteilung versendet, fällt ausnehmend positiv aus: „Vieles wurde unter meiner Leitung erfolgreich auf den Weg gebracht“, schließlich sei sie „als Rektorin angetreten, um die Hochschule durch strukturelle Erneuerung für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen.“ Für die eigene Erfolgsbilanz führt sie „die Einrichtung neuer Professuren und Mittelbaustellen“ sowie „berufspraktischer Studienangebote, wie der gemeinsame Masterstudiengang Orchesterpraxis in Kooperation mit der Dresdner Philharmonie“ und darüber hinaus „die Sicherung der künstlerischen Exzellenz durch Öffnung und Verjüngung des Lehrkörpers“ an.

Schinker kommt Abwahl zuvor

Hochschulinterne Kritiker hingegen attestieren ihr mangelnde Sensibilität im Umgang mit künstlerischen Vorgängen. Bereits durch das Wahlverfahren seien erste Risse zwischen den Fakultäten deutlich geworden, die sich durch stetig gewachsenes Misstrauen längst zu breiten Gräben entwickelt hätten. Mit ihrem Rücktritt sei Judith Schinker folglich nur einer anstehenden Abwahl zuvorgekommen.
Ihre Nachfolge sieht die zurückgetretene Rektorin "vor die schwierige und auch schmerzvolle Aufgabe gestellt (…), die Weichen für die Gestaltung der Zukunft so zu stellen, dass die Interessen künstlerischer, pädagogischer und wissenschaftlicher Studiengänge ausgewogen berücksichtigt sind." Dies bedürfe "der vertrauensvollen Zusammenarbeit aller" – man hätte es vorher wissen können.
www.hfmdd.de

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Michael Ernst & Kerstin Leiße

DNN

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