Susanne Altmann über die Sommerakademie
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Susanne Altmann
© Quelle: Stephan Kambor-Wiesenberg
Dresden. Die Internationale Dresdner Sommerakademie für Bildende Kunst feiert in diesem Jahr ihr 20. Jubiläum. Sie bietet ein- bis zweiwöchige Kurse an: für Malerei, Zeichnung, Holzschnitt, Video, Fotografie, Skulptur und Installation. Die Teilnehmer kommen aus ganz Deutschland, viele schon seit etlichen Jahren. Die Kunsthistorikerin und Kuratorin Susanne Altmann kennt die Akademie von Beginn an, seit acht Jahren trägt sie für die künstlerische Leitung die Verantwortung. Ihr ist es auch zu verdanken, dass Jahr für Jahr viele etablierte Künstler in der Sommerakademie, die im riesa efau über die Bühne geht, unterrichten. Adina Rieckmann fragte nach dem Erfolgsrezept der Dresdnerin und auch, was sie an dieser Verantwortung reizt.
Frage: Seit acht Jahren leiten Sie die Internationale Dresdner Sommerakademie für Bildende Kunst. Wie ist es dazu gekommen?
Susanne Altmann: Seit Herbst 1989 war ich mit dem riesa efau eng verbunden, habe das Haus mitbesetzt und den Verein mitbegründet. Die Sommerakademie begann 1997, mit viel guter Laune, Improvisationstalent und noch mit lokaler Prägung. Trotz drangvoller Enge war die Stimmung immer großartig. 2003 kam dann zum Glück die Motorenhalle als Ausstellungsfläche dazu. Von Anfang an war ich dort im künstlerischen Beirat. Insofern bin ich vor acht Jahren sofort eingesprungen, als ganz kurzfristig eine Leitung für die Sommerakademie gesucht wurde. Diese schöne Einrichtung war in einer Notlage, ganz klar, da habe ich keine Minute gezögert.
Wie haben Sie sich dieser neuen Herausforderung gestellt?
Ich hatte unter der Bedingung zugesagt, dass ich nur die künstlerische und nicht, wie bis dahin üblich, auch die organisatorische Betreuung übernehme. Diese geteilte Struktur kannte ich durch häufige Besuche der erfolgreichen Salzburger Akademie und empfand sie als alternativlos. Ich konnte mir nie vorstellen, wie man sich um Räume, Ausstattungen, Reisen, Unterbringungen, Finanzen und Förderungen kümmern kann und gleichzeitig das fachliche Niveau voranbringen: Künstlergespräche führen, Ausstellungen kuratieren, Vorträge halten, die Kursinhalte im Auge behalten und immer ein offenes Ohr für künstlerische Anliegen haben.
Ich wollte, dass der Anspruch einer Akademie eingelöst wird. Die Teilnehmer kommen doch nicht hierher, um sich ein Wellnessgefühl abzuholen, sondern weil sie wirklich Kenntnisse vertiefen und Neues erfahren wollen. Sie sollen nach zwei Wochen mit dem Gefühl nach Hause gehen, ihre eigene Qualifikation praktisch wie auch theoretisch geschärft zu haben. Diese Aufgabe personell auszufüllen, das hat mich gereizt.
Wie haben Sie diese Schärfung der Qualifikation durchgesetzt?
Bei der Auswahl der Dozenten muss man behutsam herausfinden, ob die Künstler der Lehraufgabe gewachsen, kommunikativ und sozial sind und ob sie etwas mitzuteilen haben. Zum Glück kenne ich durch meinen Beruf als kuratierende, schreibende und lehrende Kunsthistorikerin sehr viele Künstler. Und die kennen auch wieder welche. Das Dreieck Leipzig-Berlin-Dresden ist in puncto Qualität unerschöpflich, auch was die Internationalität anbelangt. Dazu kamen Gäste aus unseren Partnerstädten Salzburg und Rotterdam, aus Polen, Tschechien, Italien, Japan; aktuell aus Chile, Israel und Peru.
Warum wurde vor sechs Jahren ein Stipendiatenprogramm etabliert?
Dadurch können etwa acht junge europäische Kunstschaffende die Sommerakademie besuchen. Die Stipendiaten bringen auch jedes Mal frischen Wind mit, sie stellen andere Fragen und wollen interdisziplinär arbeiten. Dieser lebendige Austausch hat sich in den letzten zwei Jahren noch verstärkt. Denn mit dem neuen Gebäude, dessen Werkstätten und Ateliers ist geradezu ein Campus entstanden. Bis dahin fand der Unterricht überall dort statt, wo es in Dresden gerade spannend ist: in der Geh8, auf dem Drewag-Gelände, im Schlachthof, selbst im Japanischen Palais.
Die Logistik dafür hat Energie gekostet, die wir neuerdings anders einsetzen. Für den Wissensgewinn nämlich. Einerseits besuchen viele Dozenten mit ihren Teilnehmern gezielt die Kunstsammlungen: Alte oder Neue Meister, den Studiensaal des Kupferstich-Kabinetts, sogar das Damaskuszimmer dieses Jahr. Darüber hinaus habe ich mir stets exklusive Exkursionen ausgedacht, ins Sammlungsdepot des Kunstfonds etwa, in die Dresdner Heide zu Olaf Holzapfels Skulptur, zu den öffentlichen Kunstwerken im Stadtzentrum oder durch die Gartenstadt Hellerau.
Wie wichtig ist die Abschlussausstellung der Teilnehmer?
Ausstellungspraxis ist als Lehrinhalt genauso wichtig wie Kunstproduktion. Unter Regie der Kursleiter und meiner Person wird diese Präsentation in der Motorenhalle gemeinsam eingerichtet. Das ist für viele Teilnehmer eine neue und beglückende Erfahrung. Dann ist auch mein Format informeller Künstlergespräche, zwei Mal die Woche zur Mittagsstunde, ein Renner geworden. Weil sich dabei Kursleiter verschiedenen Medien vorstellen, kann man erfahren, was so im Nachbaratelier vor sich geht. Meistens reichen die Stühle in der Motorenhalle kaum, weil, statt Mittagsruhe zu halten, über die Hälfte aller unserer Teilnehmer kommt!
Ihre Liste der Künstler, die hier unterrichtet haben, beeindruckt. Wie haben Sie Künstler wie Jochen Plogsties, Martin Mannig, Hans-Christian Schink, Gundula Schulze Eldowy, Miriam Vlaming, Pavel Mrkus, Laura Bruce, Jan Brokof, Slawomir Elsner oder Belle Shafir für die Sommerakademie begeistern können? Doch garantiert nicht mit Geld?
Mit Geld!? Nein, ganz bestimmt nicht. Ein Honorar von tausend Euro für zweimal fünf Tage Unterricht plus Ausstellungsaufbau – da muss man schon wirklich dabeisein wollen. Meine Lockmittel waren eher immateriell: Hier kann man intensive Lehrerfahrungen sammeln, sein eigenes Wissen strukturiert weitergeben. Das kann sehr wohltuend sein. Oder wann hat man schon Gelegenheit, sich mit zwölf anderen, ganz tollen Künstlerkollegen fachlich auszutauschen – an der Elbe, in der Mittagspause, im gemeinsamen Ferienapartment? Die meisten Künstler, die ich kenne, arbeiten allein in ihrem Atelier. Ganz davon abgesehen: Vierzehn Tage im Sommer in einer Stadt wie Dresden zu verbringen, ist nicht das Schlechteste. Ein großer Anreiz ist aber auch die Kursleiterausstellung, die ich mit Hingabe betreue: Man ist in guter Gesellschaft und wird auch überregional beachtet.
Sie leiten die Internationale Sommerakademie seit Herbst 2009. Die diesjährige, die 20., wird auch ihr Abschiedsgeschenk sein. Warum beenden Sie diese Arbeit? Wenn man Sie reden hört, kann man sich das gar nicht vorstellen.
Ich könnte sagen: Acht Jahre sind eine lange Zeit, die Sommerferien haben immer ohne mich stattgefunden. Das ändert sich zum Glück ab 2018. Tatsächlich aber stellt das riesa efau-Kulturforum als Träger der Sommerakademie diese neu auf. Nach acht Jahren möchte man die künstlerische und die organisatorische Leitung wieder in eine Hand geben. Aus finanziellen Gründen. Dieses Modell aus der Vergangenheit wäre natürlich mit mir nicht machbar gewesen. Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich mich vor Routine ein bisschen fürchte und deshalb über diese Wendung gar nicht traurig bin.
Auf jeden Fall wird das Jubiläum alles andere als eine Routineveranstaltung werden. Ich freue mich schon sehr, denn wir haben diesmal ausschließlich Wunschkandidaten als Kursleiter eingeladen – Künstler, die bereits einmal bei uns unterrichtet haben und die die Teilnehmer und auch ich unbedingt wiedersehen wollten. Im besten Falle erwartet uns eine Art Super-Klassentreffen. Jeder schätzt jeden, jeder ist am Anderen interessiert und alle teilen alles. Ehrlich gesagt, einen großartigeren Abschied kann ich mir nicht vorstellen.
Kursangebot
Eröffnung mit Kursleiterausstellung am Sonntag, 23.7. um 18 Uhr in der Motorenhalle (Wachsbleichstr.)
Kursprogramm vom 24.7. bis 4.8., Aufbau und Eröffnung der Teilnehmerausstellung am Samstag, 5.8. um 18 Uhr in der Motorenhalle
Sommerfest auf dem Hof am 29.7. – Gäste sind willkommen!
Dozenten und Kurse 2017:
Jochen Plogsties (Leipzig) Malerei I: Malen als Basisarbeit – Komposition, Kopie und Kreation
Kerstin Schaefer (Stuttgart) Malerei II: Malerei als Raum denken – Experimente mit Licht und Form
Sándor Dóró (Dresden) Zeichnung: Künstleranatomie – Kontinent Körper
Henrik Schrat (Berlin) Zeichnung: Bildschrift – Narratives Zeichnen
Jan Brokof (Berlin) Zeichnung: Die Kraft der Wiederholung – Holzschnitt als Form und Reihe
Gundula Schulze Eldowy (Lima/ Berlin) Fotografie: Wahrnehmung – Das Kaleidoskop der Seele
Steffen Junghans (Leipzig) Fotografie: Absicht und Abbild – von der Bedeutung der Bilder
David Buob (Dresden/Berlin) Video: Animation – Wie die Bilder laufen lernen
Maria Rucker (München) Skulptur Stein: Der Stein. Der Raum. Die Zeit. Ich selbst
Martin Puppe (Santiago de Chile) Skulptur Holz: Let’s Play
Belle Shafir (Tel Aviv) Plastik/ Installation: Sedimente des Lebens
Für Kurzentschlossene sind noch einige Plätze frei
Info und Anmeldung unter: www.sommerakademie-dresden.de
oder Tel. 0351 86602 11
Von Adina Rieckmann
DNN