„Leidenschaftlich und echt“
Der deutschstämmige Medizin-Nobelpreisträger Günter Blobel ist tot. Der 81-jährige US-Forscher starb am Sonntag nach langer Krebskrankheit in New York. Ein sehr persönlicher Nachruf auf einen großen Mann. Von Heidrun Hannusch.
Dresden. „Mach Die keine Sorgen, es ist noch nicht der Punkt“. Das sagte mir Günter Blobel bei unserem letzten Telefonat vor zwei Wochen. Er war ein Mensch, der schwierige Dinge ungern direkt ansprach. Und mit „Punkt“ war der Tod gemeint. Also sprachen wir über den nächsten Dresden-Preis und dass er doch unbedingt wenigstens zum 10. im Jahr 2019 dabei sein sollte. Ja, das möchte er gern, sagte er. Er hatte noch Hoffnung. Aber seine Stimme war schwach geworden, gebrochen. Diese Stimme, die sonst so dröhnend war, so stark. Und er sprach von seinem Haus am Neumarkt. Sein langer Traum, den er gern selbst noch verwirklicht sehen wollte.
Es fällt mir unglaublich schwer, diesen Text zu schreiben nach einer durchweinten Nacht. Wir waren lange befreundet, und über zehn Jahre war Günter Blobel einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Ich wusste schon einige Stunden zuvor, dass er sterben wird. Ich wollte ihn nach der Verleihung des Dresden-Preises an Tommie Smith am Sonntag anrufen. Er war so glücklich über die Wahl des Preisträgers, wollte Smith unbedingt selbst einmal treffen oder wenigstens mit ihm telefonieren. Aber ich erreichte nur Blobels Frau, die sagte, dass sich sein Zustand dramatisch verschlechtert habe. Und dass ihr der Arzt gerade gesagt hatte, er hätte höchstens noch zwei Tage zu leben. Drei Stunden nach dem Gespräch starb er.