„Vielleicht Kunst“: Wie die gedruckte DNN vom 24.12. zu ihrer Weihnachtsoptik kam
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Matthias Creutziger
© Quelle: Matthias Creutziger
Dresden. Ihn in Sachen Fotografie als alten Hasen zu bezeichnen, dürfte ihm ein Lächeln entlocken – gleich gefolgt von einer Bemerkung, das bitte nicht gleichzusetzen damit, dass er immer denselben Stiefel mache. Nichts läge dem Autor ferner. Dafür hat Matthias Creutziger viel zu oft schon Überraschendes geliefert. Nicht zuletzt als DNN-Fotograf in Sachen Kultur. Wer sich allein an sein Foto erinnert, das den Tenorsaxofonisten Florian Walter der Kölner Band Malstrom beim November-Konzert im Dresdner Jazzclub Tonne zeigt: Creutziger lässt darin bildkünstlerisch die ganze Energie des Jazz zutage treten.
In diesem Sinn – und doch klar darüber hinaus – ist auch die diesjährige DNN-Weihnachtsoptik gehalten. Sie zeigt ein Foto, das Creutziger 2013 beim Jazzfest Berlin von dem Saxophonisten Pharoah Sanders gemacht hat, der damals zusammen mit dem Pianisten Joachim Kühn aufgetreten war.
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Die Weihnachtsausgabe der gedruckten DNN 2022
© Quelle: DNN
Creutziger erinnert sich: „Da das Live-Konzert aufgenommen wurde, hatte man aus tontechnischen Gründen vor einen Teil des Flügels eine Plexiglaswand gestellt. Ich hatte einen Platz auf der ersten Reihe in der Mitte und der Saxophonist Pharoah Sanders stand direkt vor mir. Links jedoch spiegelte sich sein Profil im Plexiglas. Dahinter war ein Teil des Flügels zu erkennen. Ich sah es und wusste sofort, dass es mehr über diese Musik und den Musiker erzählen würde, als ein ’direktes’ Porträt.“
Sanders, der fast nur schemenhaft zu erkennen ist, starb im September im Alter von 81 Jahren. Sein Werk ist nachzuhören, es soll hier nicht referiert werden. Was aber wichtig ist und bleibt: Sanders war ein zutiefst spiritueller und gläubiger Mensch. Er galt nach dem Tod von John Coltrane (der gerade mal 40 Jahre alt geworden war) als einer der herausragendsten Musiker des sogenannten Spiritual Jazz.
„Mir bedeutet dieses Motiv viel“
„Für mich atmen Teile seiner Konzerte oft den Geist von Gospelgottesdiensten“, sagt Creutziger über Sanders. Dessen Glauben habe weit mehr als nur das Christentum umfasst, Budhismus und afrikanische Religionen seien ihm ebenso wichtig gewesen.
„Mir bedeutet dieses Motiv viel“, sagt Creutziger schlicht. „Es ist Leben, Musik, Hoffnung, Spiritualität, Glaube und vor allem Liebe.“ Somit hat dieses Bild dann doch sehr viel mit Weihnachten zu tun, auf einer metaphorischen und zugleich innigen Ebene.
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Matthias Creutziger im August 2020.
© Quelle: Robert Michael/dpa
Vor einigen Tagen erst ist Creutziger 71 Jahre alt geworden. Im Frühjahr 2020 hatte ihn der Corona-Virus ganz schwer erwischt. Ein halbes Jahr später erzählte er, wie er sich zurück ins Leben gekämpft hatte. Seine Arbeit als Fotograf hat er wieder aufgenommen, wo er unter anderem regelmäßig mit grandiosen Kalender-Vorhaben aufhorchen lässt und internationale Preise abräumt.
Zur Musik hatte es Creutziger schon in jungen Jahren gezogen. Eine entsprechende Karriere schlug er zwar nicht ein, die Verbundenheit über seine Bilder aber bleibt. Ob nun im Dresdner Jazzclub Tonne oder bei den Schostakowitsch-Tagen in Gohrisch – Creutziger lichtet nicht nur ab, er leuchtet vielmehr weiter hinein, oder besser: hin zu denen, die auf der Bühne stehen.
Das war beim Foto von Pharoah Sanders nicht anders. Creutziger hat es bereits einige Male ausgestellt – und deutet eher bescheiden an, dass es „vielleicht Kunst“ ist. Nun, es ist ganz sicher ein Bild mit reichlich Transzendenz. Eine ganz eigene Weihnachtsbotschaft.
In diesem Sinne: Frohes Fest.