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Mehr als 100.000 Events verschoben: Wie sich Veranstalter auf die Zeit nach der Pandemie vorbereiten

In Neuseeland finden sie wieder statt: die stadionfüllenden Konzerte.

In Neuseeland finden sie wieder statt: die stadionfüllenden Konzerte.

In Neuseeland und den USA sind sie wieder zu sehen: stadionfüllende Konzerte mit Zehntausenden Menschen, die dicht an dicht stehen und völlig beseelt vom Liverausch ihre Handylichter in die Höhe halten. Doch in Deutschland scheint so ein Konzertlichtermeer zur Zeit trotz voranschreitender Impfungen noch weit entfernt zu sein. Viele haben noch das eine oder andere Ticket in der Schublade liegen, das auf den Einsatz in unbestimmter Zukunft wartet.

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Und dann? Wenn ein Großteil der Bevölkerung in Deutschland geimpft ist, wenn sich durch Test- und Impfnachweis wieder Massenveranstaltungen durchführen lassen? Livekonzerte mit Zehntausenden Menschen, lautem Mitsingen, rührseligem Jubel, ausgelassenem Tanzen und wildem Pogen? Erst wenn die Politik grünes Licht gibt, können wieder Livekonzerte im Regelbetrieb stattfinden. Doch die Konzertveranstalter bereiten sich im Hintergrund schon auf die großen Events vor. Wir haben uns umgehört.

Laut Eventim über 100.000 verschobene Veranstaltungen

„Weit über 100.000 Veranstaltungen sind nach 2021 und 2022 verschoben worden“, sagt Eventim-Chef Klaus-Peter Schulenberg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) – Eventim hat neben seiner Ticketplattform auch Mehrheitsanteile an Konzertveranstaltern. Dann wird es fast das umgekehrte Problem geben: Während der Dauer der Corona-Krise gab es zu wenige Konzerte – und danach schon fast zu viele. „Zusammen mit zahlreichen neuen Veranstaltungen kommt es deshalb zu einer erheblichen Auslastung der Spielstätten“, so Schulenberg weiter.

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Ben Mitha, Geschäftsführer des deutschen Veranstalters Karsten Jahnke bestätigt diesen Eindruck gegenüber dem RND: „Die deutschen Veranstaltenden schieben nunmehr zwei Jahre an Programm vor sich her, das sie aufgrund der Pandemie immer wieder verschieben mussten.“ Es werde definitiv ein Konzertstau erwartet.

2022 und 2023 kommt „ein nie dagewesenes Volumen an Konzerten“

Wenn Livekonzerte wieder stattfinden können, müsse zunächst einmal das verschobene Programm abgespielt werden. „Gleichzeitig hatten auch alle Künstlerinnen und Künstler, die vor dem März 2020 noch keine Tournee im Verkauf hatten, die letzten 1,5 Jahre keine Liveeinnahmen und brennen darauf, dass sie in 2022 wieder live spielen können. Diese Faktoren werden unweigerlich zu einem noch nie dagewesenen Volumen an Konzerten in 2022/2023 führen“, stellt Mitha in Aussicht.

Ähnliches erwartet Eventim-Chef Schulenberg: „Eine ganze Reihe deutscher und internationaler Topkünstler peilt wegen des monatelangen Planungsvorlaufs deshalb Konzerte für das nächste Jahr an; auch für Konzerte im übernächsten Jahr gibt es schon erfreuliche Vorverkäufe.“

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Befürchtung: Tickets können dann trotzdem den Bedarf nicht decken

Wie groß die Konzerte dann sein können, ist nicht abzusehen – auch hier müssen die Veranstalter auf die Vorgaben der Regierungen warten. Doch lässt Schulenberg wissen: „Es liegt gleichzeitig auf der Hand, dass Konzerte und Veranstaltungen erst ab einer bestimmten Besucherzahl wirtschaftlich Sinn machen, zumal mit zusätzlichen Kosten als Folge von Hygienemaßnahmen während der Veranstaltungen zu rechnen ist.“

Ben Mitha vom Veranstalter Karsten Jahnke befürchtet, dass die Ticketkontingente dennoch nicht ausreichen werden, um die Nachfrage zu decken: „Es wird ein nie dagewesenes Volumen an Konzerttickets auf dem Markt sein. Gleichzeitig wird dies unseres Erachtens trotzdem nicht den Bedarf und die immense Welle des Nachholens decken können.“

Nach Corona gibt es erst einmal Künstler aus Deutschland zu sehen

Einen Eindruck, wie schwierig die Lage für Konzertveranstalter und Ticketverkäufer ist, liefern die Quartalszahlen von Eventim. Im ersten Quartal ging der Konzernumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (184,6 Millionen Euro) um 89,4 Prozent auf 19,6 Millionen Euro zurück. Besonders betroffen ist das Segment Live Entertainment, also die Sparte von Eventim, die für die Konzertveranstaltung und nicht den Ticketverkauf zuständig ist. Hier verringerte sich der Umsatz im ersten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 93,7 Prozent auf 6,8 Millionen Euro. Doch weiterhin verfüge Eventim über eine solide Finanzbasis mit liquiden Mitteln von 666,8 Millionen Euro.

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Wenn es weitergeht, werden Besucherinnen und Besucher nach Einschätzung von Mitha eher Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland zu sehen bekommen: „Aktuell sind sicherlich mehr nationale Künstlerinnen und Künstler mit ihren Shows im Verkauf, da viele internationale Künstlerinnen und Künstler Welttourneen geplant hatten, die sie aufgrund des globalen pandemischen Geschehens zunächst ausgesetzt haben.“

Internationale Acts sind zögerlich mit Welttourneen

Mit der derzeitigen noch andauernden globalen Pandemielage würden die Künstlerinnen und Künstler keine Welttourneen planen: „Gleichzeitig ist eine Welttournee logistisch und administrativ auch ein derart filigranes Werk, dass man hier erst in die konkrete Umsetzung beziehungsweise den Vorverkauf geht, wenn auch gesichert ist, dass man im geplanten Tourzeitraum auch wieder sicher touren kann.“

Das sei auch der Grund, warum internationale Acts beim Vorverkauf noch verhaltener seien. „Sobald aber eine konkrete Aussicht auf den Normalbetrieb besteht, werden eine Vielzahl an Konzerten in den Verkauf gehen, denn im Hintergrund wurde die letzten 1,5 Jahre schon viel vorbereitet und geplant“, erklärt Mitha.

Eventim-Chef: „Nötig ist ein klarer Fahrplan“

Nun müssen die Veranstalter auf das Startzeichen durch die Politik warten – diese Unsicherheit beschäftigt Schulenberg. „Entscheidend sind hier die Vorgaben der Behörden. Die Veranstaltungsbranche erwartet von der Politik angesichts des inzwischen hohen Impftempos dringend, dass sie die Rahmenbedingungen für einen Neustart der Livekultur festlegt. Nötig ist ein klarer Fahrplan wie etwa in Großbritannien, der für die Veranstalter und Besucher Planungssicherheit bringt“, so der Eventim-Chef.

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Während sich Eventim noch bedeckt hält, wann ein Normalbetrieb bei Konzerten wieder möglich ist, legt sich der Veranstalter Karsten Jahnke auf ein Datum fest: Zum ersten Quartal 2022 rechne das Unternehmen mit normal stattfindenden Konzerten. Nach dieser Rechnung wäre es also fast nur noch ein halbes Jahr, bis wieder getanzt, gesungen, gejubelt und gepogt werden kann – und das gemeinsam, live und vor Ort.

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