Lebenszeichen vom europäischen Kino

Die Schauspielerin Paula Beer.

Die Schauspielerin Paula Beer.

Der dänische Regisseur Thomas Vinterberg hat eine überraschende Erfahrung gemacht: Als sein Film „Der Rausch“ mitten in der Pandemie in die heimischen Kinos kommen sollte, klang das für ihn zunächst wenig inspirierend. Und dann das: „Die Dänen sind geradezu in die Kinos gestürmt“, hat Vinterberg gesagt.

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Die Tragikomödie über eine Schar frustrierter Lehrer, die gezielt im Alkohol ihr Seelenheil sucht, habe die persönlichen Bestmarken seiner früheren Filme geknackt. Und das soll etwas heißen, denn dazu gehören viel gerühmte Werke wie der Dogma-Film „Das Fest“ (1998) oder „Die Kommune“ (2016). Auch Vinterbergs Idee für „Der Rausch“ ist originell: Die Lehrer berufen sich auf einen Philosophen, der behauptet, der Mensch habe konstant zu wenig Alkohol im Blut. Also peilen sie künftig 0,5 Promille als Betriebstemperatur an.

„Der Rausch“ mit vier Trophäen ausgezeichnet

Umso schöner, dass „Der Rausch“ am Samstagabend beim Europäischen Filmpreis mit gleich vier Trophäen gewürdigt wurde und nun hoffentlich auch der Rest des Kontinents bald ähnlich begeistert reagieren kann. Neben der Auszeichnung für den besten Film gab es für „Der Rausch“ auch Preise für Drehbuch, Regie und Hauptdarsteller Mads Mikkelsen (den viele als Bond-Gegenspieler in „Casino Royale“ von 2006 kennen).

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In dem – logischerweise – streckenweise ausgesprochen launigen Werk steckt mehr als ein Trinkerspaß: Es geht auch um eine Gesellschaft, für die es gängige Praxis ist, sich spätestens nach Feierabend auf einem höheren Promille-Level zu bewegen. In diesem Fall gehen die Lehrkräfte umgekehrt vor: Sie trinken schon vor der Schule – und vermelden anfangs erstaunliche Unterrichtserfolge, wenn sie beschwingt ihren Schülern gegenübertreten. Bis es kommt, wie es kommen muss: Die Sache läuft aus dem Ruder.

Für Vinterberg ist der Film mit einem Schicksalsschlag verbunden: Seine Tochter sei gestorben, während er daran gearbeitet habe, sagte der 51-Jährige bei der Preisverleihung. Gedreht worden sei an ihrer Schule. Nach ihrem Tod sei das einzig Sinnvolle gewesen, den Film zu Ende zu bringen und ihn für sie zu machen.

Auch das deutsche Kino machte beim Europäischen Filmpreis auf sich aufmerksam: Die mehr als 3800 Mitglieder der Filmakademie kürten Paula Beer für ihre Rolle im Liebesdrama „Undine“ zur besten Darstellerin. Christian Petzold erzählt in „Undine“ vom Fluch der Wassergeistfrau, wie nur er es kann: Seine Geschichte ist angesiedelt mitten im heutigen Berlin und doch der Wirklichkeit seltsam entrückt. Schon bei der Berlinale 2019 zählte das Märchen zu den Festivallieblingen – also beim letzten großen Kinoereignis, bevor Corona über die Welt hereinbrach. Die 25-jährige Beer bekam für die Rolle als Nixe, die als Mensch nur leben darf, wenn sie von jemandem geliebt wird, den Silbernen Bären.

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Notgedrungen war die Verleihung des Europäischen Filmpreises komplett ins Internet verlegt worden. Ursprünglich hätte sie im isländischen Reykjavík stattfinden sollen – die europäische Kinokultur ist vielerorts auf dem Kontinent lebendig, was man in Netflix-Zeiten glatt vergessen könnte. So saß Beer am Samstag mit Regisseur Petzold und anderen auf dem Sofa: Sie alle hätten sich auf das Coronavirus testen lassen, um niemanden anzustecken, ließ sie wissen. Trotzdem sei das eine surreale Erfahrung gewesen, so die Preisträgerin.

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Vinterberg hat bei einer online organisierten Diskussion am Rande des Europäischen Filmpreises auch gesagt, wie wichtig es sei, dass Filmfestivals wie auch immer stattfinden – Corona hin oder her. So würden die Leute daran erinnert, dass es das Kino noch gibt. Sein Film „Der Rausch“ soll nach jetzigem Stand Ende Januar in Deutschland starten. Wir werden sehen.

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