Kinoverband zu Söders Öffnungsplänen: „Eine Lösung aus der Krise ist das nicht“
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In Bayern können Kinos ab Montag wieder öffnen – zumindest theoretisch.
© Quelle: Antonio Calanni/AP/dpa
Groß hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ab kommenden Montag Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen angekündigt: Kultur, Freizeit, Sport. Das soll dann alles wieder möglich sein. Auch Kinos können dann bei einer Inzidenz unter 100 wieder öffnen, zumindest bis 22 Uhr. Eigentlich eine gute Nachricht für die Kinobranche. Oder?
Doch die Öffnungspläne der Politik scheinen selten zur vollsten Zufriedenheit in den Kulturbetrieben zu führen. Schon als Anfang März der Stufenplan in der Bund-Länder-Konferenz verabschiedet wurde, kritisierten viele Einrichtungen und Verbände die Orientierung am Inzidenzwert. Auch Söders neueste Idee sorgt nur für verhaltende Zurückhaltung beim Verband des Verbands AG Kino – Gilde e. V. „So sehr wir uns freuen, dass wir endlich wieder über die Öffnung der Kulturorte sprechen: Die Ankündigung, ab 10. Mai die Kinos in Bayern wieder zu öffnen, mag einzelnen Häusern eine Option für eine Probebetrieb geben. Eine Lösung aus der Krise oder auch nur eine echte Perspektive daraus ergibt sich daraus trotzdem nicht“, sagt der Vorstandsvorsitzende Christian Bräuer auf Nachfrage des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Hin und Her könnte für kleinere Betriebe existenzbedrohend sein
Einer der Gründe: Da die Inzidenzzahlen immer wieder schwanken, können Kinos ähnlich wie Theater oder andere Kulturbetriebe nicht langfristig planen. „Wir vermissen einen echten Dialog über verlässliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen“, so Bräuer. „Eine Wiedereröffnung ist mit hohem finanziellen Aufwand verbunden. Die Filmbranche kann daher nicht überleben, wenn entlang der 100er-Inzidenz wiederholt geöffnet und geschlossen wird.“ Dieses Hin und Her könne gerade für kleinere Kinos existenzbedrohend sein: „Erneute Lockdowns könnten das endgültige Aus für viele kleine und mittleren Betriebe bedeuten.“
Dazu kommt: Kinos sind in ihren Programmplanungen abhängig vom Filmverleih. Filmstarts sind in der Regel deutschlandweit einheitlich. „Als bundesweit funktionierender Markt benötigen Verleiher noch stärker als Kinos einen mehrwöchigen Vorlauf, um Filmstarts zu bewerben und die organisatorischen Vorbereitungen zu treffen. Vor allem sind Kinos auf Auflagen mit Augenmaß angewiesen“, gibt Bräuer zu bedenken.
Hygieneverordnungen werden als realitätsfern empfunden
Auch sollten die Hygieneverordnungen überarbeitet werden. „Das Wie ist genau so entscheidend wie das Wann“, sagt Bräuer. „Wir vermissen einen echten Dialog über verlässliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Dass Kinos sichere Orte sind, haben die sorgfältigen Hygienekonzepte aus dem vergangenen Jahr ebenso bewiesen wie zahlreiche Studien.“ Die Ministerien würden im Eiltempo Hygieneverordnungen stricken, die mit der Realität des Kulturalltags unverträglich seien. „Hinsichtlich der Filmtheater sehen wir, dass nun vieles doppelt- und dreifachgemoppelt ist. Wenn der Mindestabstand eingehalten wird, tragen zusätzlich Maskenpflicht und Impfnachweis nicht zur Pandemiebekämpfung bei“, glaubt Bräuer.
Der Verbandsvorsitzende setzt seine Hoffnung in den Sommer - und in Freiluftkinos: „Wir appellieren daher an die Politik die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Freiluftkinos überall dort, wo die Inzidenz an einem Ort stabil unter 100 liegt, mit den geprüften und in der Praxis bewährten Auflagen des vergangenen Sommers wieder öffnen können.“ Auch fordert er eine Abkehr von der Inzidenzorientierung: „Zugleich sollte gemeinsam mit der Expertise und Erfahrung der Branche ein konkreter Wiedereröffnungsplanauf Basis evidenzbasierten Kriterien entwickelt werden.“ Eine ähnliche Forderung hat auch schon die Initiative #AlarmstufeRot, ein Aktionsbündnis der Eventbranche, formuliert.
EU-Ausland setzt auf andere Öffnungsstrategien
Christian Bräuer vom Verband AG Kino führt als Vorbild Beispiele aus dem EU-Ausland auf: So habe die Regierung in Großbritannien den Filmtheatern ein konkretes Öffnungsdatum zwei Monate im Voraus gegeben. Die Kinos in Österreich und den Niederlanden sollen hätten etwa einen Monat Zeit für die Planungen. Solche Vorlaufzeiten würden den Filmtheatern eine konkrete Perspektive bieten, glaubt der Vorsitzende: „Dies schafft nicht nur Planbarkeit für die Umsetzung von Konzepten, es ermöglicht auch landesweite Filmstarts und besondere Marketingkampagnen, um dem Publikum wieder sicher und mit exzellenten Programmen zu begrüßen.“