Wie kommunizieren Depressive? Uni Leipzig startet Pilotprojekt mit Jugendlichen
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Verrät die Art, wie wir mit anderen kommunizieren, etwas über unsere seelische Gesundheit?
© Quelle: Daria Nepriakhina/Unsplash
Leipzig. Für Menschen, die unter Depressionen leiden, ist vieles anders: Die Intensität, mit der sie Gefühle wahrnehmen, die Schlafqualität und sogar ihre Art der Kommunikation. Den Aspekt der WhatsApp-Kommunikation untersucht aktuell eine Expertengruppe der Universität Leipzig.
In einem Forschungsprojekt wollen die Psychologen herausfinden, ob sich aus den WhatsApp-Nachrichten Jugendlicher Rückschlüsse auf eine entstehende Depression ziehen lassen. Aktuell suchen die Forscher noch nach Probanden für ihre Studie. Geeignet sind junge Menschen zwischen 13 und 17 Jahren, die an Depressionen leiden. Für die Kontrollgruppe werden auch psychisch gesunde Probanden im Teenageralter gesucht.
Jugendliche kommunizieren negative Gefühle über WhatsApp
Gemeinsam mit seinen Kollegen will der Kinder- und Jugendpsychologe Prof. Dr. Julian Schmitz von der Universität Leipzig Daten von Probanden in psychiatrischer Behandlung auf negative Inhalte untersuchen: "Wir wollen zunächst herausbekommen, ob die WhatsApp-Kommunikation überhaupt ein Marker ist, um eine depressive Erkrankung zu erkennen.“
Für die Forscher sei es auch ein wichtiges Indiz, wie viel Zeit die Jugendlichen am Handy verbringen und wie oft sie es aus- und einschalten. Denn Depressionen beeinflussen auch die Art der Kommunikation. „Die einen verschließen sich vor ihrer Umwelt, haben weniger Interaktion in den sozialen Medien, andere sind ständig online und kommunizieren verstärkte negative Gedanken und Gefühle. Im realen Leben ist es definitiv so, dass sich die Betroffenen eher zurückziehen“, erklärt Schmitz in einer Mitteilung seiner Universität.
Kommunikationsverhalten als Frühwarnsystem
Aber nicht nur die Häufigkeit der Kommunikation, sondern auch deren Art wird durch eine Depression verändert. Über einen Algorithmus, der per App auf den Smartphones der Jugendlichen installiert wird, wollen die Forscher nach auffälligen Häufungen von Wörtern oder Emojis mit negativen Bedeutungen suchen. Ebenfalls symptomatisch für die Erkrankung ist die verstärkte Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen und Problemen. Deshalb können häufige "Ich"-Formulierungen ebenfalls einen Hinweis auf den für Depressionen typischen Egozentrismus liefern.
Die Erkenntnisse dieser Forschung dienen allerdings nicht nur einem rein wissenschaftlichen Zweck. Vielmehr wollen die ebenfalls an der Studie beteiligten Psychologen der Universität Tübingen eine App entwickeln, die als Frühwarnsystem für Depressionen funktionieren soll. Aus den gesammelten Daten soll laut Experten ein Algorithmus entstehen, der bei Menschen, die schon einmal eine Depression hatten, vorhersagt, wann ein Rückfall droht.
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Pilotstudie sucht aktuell noch Teilnehmer
Die Daten für dieses Projekt sollen noch bis zum Sommer des nächsten Jahres gesammelt werden. Dafür sucht die Forschungsgruppe aktuell noch nach Probanden. Schmitz betont dabei, dass die Daten der Studienteilnehmer absolut vertraulich behandelt werden. Die Nachrichtenverläufe würden verschlüsselt übertragen und anonym ausgewertet.
„Es ist das erste Mal, dass die WhatsApp-Kommunikation in diesem Zusammenhang untersucht wird“, betont der Studienleiter. Wenn auf diesem Weg psychische Erkrankungen erkannt werden könnten, sei das ein große Hilfestellung für die Versorgung von depressiven Patienten. Die Experten stellen sich vor, dass die Betroffenen in einer akuten Situation direkt über das Handy kontaktiert werden könnten. Auch der behandelnde Therapeut könne so informiert werden.