Umwandlung von Natur in Nutzflächen erhöht Risiko für Krankheiten aus dem Tierreich

Zu Zoonosen tragen unter anderem der Klimawandel und der Kontakt zu wilden Tiere durch Ausdehnung des Ackerlands bei.

Zu Zoonosen tragen unter anderem der Klimawandel und der Kontakt zu wilden Tiere durch Ausdehnung des Ackerlands bei.

Viren, Bakterien, Parasiten: Die Umwandlung von Natur in Agrar- oder Wohngebiete steigert einer Studie zufolge das Risiko für Krankheiten aus dem Tierreich. Von solchen Eingriffen profitieren demnach häufig Tierarten, die Krankheitserreger beherbergen, welche den Menschen befallen können. Das gelte etwa für Nagetiere (Rodentia), Fledertiere (Chiroptera) und Sperlingsvögel (Passeriformes), schreibt das Team um David Redding und Kate Jones vom University College London (UCL) nach einer umfassenden Analyse im Fachblatt “Nature”.

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Wirkung von Umwandlung natürlicher Flächen auf Tiere

Vom Menschen vorgenommene Umweltveränderungen könnten die Gesundheit auf vielen Ebenen beeinflussen, schreibt das Team. Dazu zählten auch Krankheiten aus dem Tierreich. Zu solchen Zoonosen trügen etwa der Klimawandel und der Umstand bei, dass Menschen etwa durch Ausdehnung von Ackerland und Städten verstärkt mit Tieren in Kontakt kommen, etwa bei der Jagd.

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Einen gänzlich anderen Zusammenhang untersuchte die aktuelle Studie: wie sich die Umwandlung von natürlichen Flächen etwa in Agrarland oder Wohngebiete auf Tiere auswirkt, die für den Menschen gefährliche Krankheitserreger tragen. In der nach eigenen Angaben ersten umfassenden Analyse dazu werteten die Forscher 184 Studien zu gut 6800 Arealen auf sechs Kontinenten aus. Dazu prüften sie insbesondere die Auswirkungen auf jene 376 der insgesamt fast 7000 Arten, die als Träger von Erregern menschlicher Krankheiten bekannt sind.

Zahl der Spezies ohne Krankheitserreger schwindet durch die Umwandlung in Nutzflächen

Resultat: Diese Wirtsarten profitierten von der Umwandlung in Nutzflächen – sowohl in ihrem Anteil an der Artenvielfalt als auch bezüglich der Zahl ihrer Individuen. Parallel dazu schwand die Zahl jener Spezies, die keine solchen Krankheitserreger beherbergen.

Auch die Intensität der Nutzung spielte eine wichtige Rolle: Auf Agrarflächen stieg der Anteil der Wirtsarten an der Artenvielfalt im Mittel um etwa 20 Prozent und die Zahl ihrer Individuen um knapp 25 Prozent, auf städtischen Flächen nahm der Anteil der Arten an der Vielfalt im Mittel um fast 70 Prozent zu, die Zahl der Individuen stieg um 140 Prozent.

Dieser Effekt zeigte sich sogar innerhalb bestimmter Tiergruppen: Auf vom Menschen genutztem Land stieg die Zahl der Wirtsarten unter Sperlingsvögeln, Fledertieren und Nagetieren, während in den gleichen Gruppen die Nichtwirtsarten zurückgingen. “Obwohl so eine Tendenz für manche Krankheiten beschrieben wurde, deuten unsere Resultate darauf hin, dass dies ein allgemeineres Phänomen ist, das möglicherweise zu den vielen dokumentierten Verbindungen zwischen anthropogenen Ökosystemen und auftauchenden Fledertier-, Nagetier- und Vogel-bezogenen Infektionen beiträgt”, schreibt das Team. Als Beispiele werden Corona-, Henipa-, Arena- und Flaviviren sowie bakterielle Erreger wie Borrelien und Leptospira genannt.

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Besonders Arten mit vielen Krankheitserregern profitieren von Naturzerstörung

Allerdings profitierten von Naturzerstörung allgemein Arten, die viele Krankheitserreger trugen – unabhängig davon, ob diese Menschen befallen oder nicht. Den Grund für diese Zusammenhänge kennen die Forscher nicht. Möglicherweise gebe es bei diesen Arten Eigenschaften, die sie sowohl geeigneter als Wirte machen als auch toleranter gegen menschliche Einflüsse. Auffällig sei, dass viele Wirtsarten klein seien und eine kurze Lebensspanne hätten – dazu zählen etwa Mäuse und Ratten.

Das Team, das die Studie lange vor der Corona-Pandemie abschloss, mahnt: “Die globale Ausdehnung von Agrar- und Stadtland, die für die kommenden Jahrzehnte vorhergesagt wird – und von der viel auf Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen entfällt, die für natürliche Gefahren anfällig sind –, hat das Potenzial, zunehmend gefährliche Schnittstellen für den Kontakt mit zoonotischen Erregern zu schaffen.” Die Forscher raten, Tiere und Menschen in landwirtschaftlichen und städtischen Ökosystemen besser auf Zoonosen zu untersuchen.

Nicht die wilde Natur die größte Quelle von Zoonosen

In einem “Nature”-Kommentar schreiben Richard Ostfeld und Felicia Keesing vom Cary Institute of Ecosystem Studies und vom Bard College in New York, der Mensch habe inzwischen mehr als die Hälfte der bewohnbaren Flächen der Erde verändert. Dies habe vielen spezialisierten Arten wie Nashörnern oder Straußen geschadet, während Generalisten wie Ratten und Stare profitiert hätten.

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Die in der neuen Studie gezeigten Zusammenhänge seien beeindruckend, betonen die Kommentatoren. Bisher hätten viele Menschen den Eindruck gehabt, dass die wilde Natur die größte Quelle von Zoonosen sei. Die Studie biete nun “eine wichtige Berichtigung”, betonen sie. “Die größten zoonotischen Bedrohungen entstehen, wenn natürliche Areale in Ackerland, Weiden und städtische Flächen umgewandelt werden.”

RND/dpa

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