Studie: Organe auch bei milden Corona-Symptomen langfristig beeinträchtigt
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So sieht die Lunge eines Covid19-Patienten aus. Bei den meisten Menschen verläuft eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 glimpflich. Organe könnten aber noch Monate nach einer Infektion beeinträchtigt sein, zeigen noch zu begutachtende Studiendaten.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Vorläufige Daten einer auf dem Preprintserver „medrxiv“ veröffentlichten Studie aus Großbritannien lassen vermuten, dass auch Sars-CoV-2-positive Menschen mit milderem Krankheitsverlauf mit langfristigen Folgen rechnen müssen.
Ein Screening von bislang 201 Studienteilnehmern deutet darauf hin, dass auch jüngere und sonst gesunde Menschen eine Beeinträchtigung eines oder mehrerer Organe aufweisen können. Das wurde bei 70 Prozent der Studienteilnehmer festgestellt. Diese berichteten zudem über länger anhaltende Symptome wie Müdigkeit und Kopfschmerzen.
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Im Detail: Die untersuchten Patienten hatten den Autoren zufolge ein Durchschnittsalter von 44 Jahren – weitgehend keine Risikofaktoren, vorbestehende Krankheit oder waren zur Behandlung von Covid-19 im Krankenhaus. Vier Monate nach akuter Infektion stellten die Autoren milde Beeinträchtigungen der Organe fest: in Herz (32 Prozent), Lunge (33 Prozent), Niere (12 Prozent), Leber (11 Prozent), Bauchspeicheldrüse (17 Prozent) und Milz (6 Prozent). Auch Symptome blieben über die Monate erhalten: Die Patienten berichteten von Müdigkeit (98 Prozent), Muskelschmerzen (88 Prozent), Atemnot (87 Prozent) und Kopfschmerzen (83 Prozent).
Die gute Nachricht sei, dass die Beeinträchtigung der Organe gering ausfalle, erklärte Amitava Banerjee, Kardiologe und Professor für klinische Datenwissenschaft am University College London gegenüber „The Guardian“. Bei 25 Prozent der Studienteilnehmer seien allerdings zwei oder mehr Organe betroffen. „Das ist von Interesse, weil wir wissen müssen, ob die Beeinträchtigungen anhalten oder sich verbessern – oder ob es eine Untergruppe von Menschen gibt, bei denen sich das verschlimmern könnte.“ Eine noch offene Frage bleibe bislang auch, inwieweit die Beeinträchtigung der Organe mit den Symptomen wie Kopfschmerzen und Müdigkeit zusammenhängen.
Milder Corona-Verlauf: Auch Organe und Blut untersuchen?
Die Langzeitstudie läuft über das staatliche Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland (NHS), die ersten Ergebnisse müssen noch im Peerreview begutachtet werden. Die Untersuchungen mit den Studienteilnehmern werden weitergeführt. Zum Vergleich scannen die Forscher auch Personen, die noch kein Covid-19 hatten oder bei denen andere Virusinfektionen wie Grippe aufgetreten sind.
Die Wissenschaftler resümieren auf Grundlage ihrer Ergebnisse, dass auch Personen mit geringerem Risiko für einen akut schweren Covid-19-Verlauf mittel- und langfristig untersucht werden sollten. Neben Symptomen sei auch ein Blick auf die Funktion der Organe und Blutuntersuchungen erforderlich. Die Ergebnisse könnten auch Auswirkungen auf die Beurteilung von Risikofaktoren und die Beurteilung von Maßnahmen durch die Gesundheitsbehörden haben.
Langzeitfolge Müdigkeit: Kein Einzelfall
Derzeit laufen mehrere Studien zu möglichen Langzeitfolgen nach einer akuten Infektion mit Sars-CoV-2. Besonders oft stellt Müdigkeit ein Problem dar. Jüngstes Beispiel: In einer Studie mit knapp 130 Teilnehmern klagte mehr als die Hälfte der ehemaligen Patienten noch Wochen später über Müdigkeitssymptome. Das berichten irische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Plos One“. Ob jemand schwer erkrankt mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden musste oder nicht, spielt den Forschern zufolge keine wesentliche Rolle für die nachfolgende Müdigkeit. Knapp 56 Prozent der Studienteilnehmer waren mit Covid-19 stationär behandelt worden.
Gut 52 Prozent der 128 Teilnehmer, die zum Zeitpunkt der Untersuchung alle die akute Krankheitsphase überstanden hatten, zeigte mindestens sechs Wochen nach der Infektion noch Müdigkeitssymptome, bei vielen war dies sogar noch nach zehn Wochen oder mehr der Fall. Gut 42 Prozent gaben nach dieser Zeit an, sich wieder vollständig gesund zu fühlen.
„Die Studie betont die Belastungen durch Post-Covid-Müdigkeit. Sie zeigt auch, dass Post-Covid-Müdigkeit nicht in Verbindung zur Schwere der Erkrankung steht“, sagte Liam Townsend vom Trinity College Dublin, der die Untersuchung mit mehreren Kollegen durchgeführt hat. „Daher ist es nicht leicht, Verläufe vorherzusagen.“
mit dpa