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Das RSV-Risiko minimieren

Studie: Antikörperprophylaxe soll RSV-Infekte bei Säuglingen verhindern

RSV-Infekte können schwere Atemwegserkrankungen auslösen.

RSV-Infekte können schwere Atemwegserkrankungen auslösen.

Fast alle Kleinkinder stecken sich in den ersten beiden Lebensjahren mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) an. Ein neuer Wirkstoff soll Säuglinge vor schweren Folgen der Atemwegsinfektion schützen. In einer internationalen Studie senkte der Antikörper Nirsevimab bei Säuglingen das Risiko für eine ärztlich behandelte Infektion mit dem Erreger um rund 75 Prozent. Das Risiko für eine Aufnahme ins Krankenhaus sank um 62 Prozent. Im Gegensatz zu dem seit mehr als 20 Jahren zugelassenen Wirkstoff Palivizumab – Handelsname: Synagis – müsste das noch nicht zugelassene Nirsevimab nicht monatlich verabreicht werden, sondern einmal vor Beginn der kalten Jahreszeit.

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RSV verursacht bei Kindern wie Erwachsenen Infektionen der Atemwege. Gerade bei Säuglingen kann der Erreger Bronchitis und Lungenentzündungen verursachen. Gefährdet sind insbesondere Frühgeborene und Kinder mit Vorerkrankungen etwa an Lunge oder Herz. Nur für solche Risikogruppen ist der monoklonale Antikörper Palivizumab seit mehr als zwei Jahrzehnten zugelassen. Er senkt das Risiko für eine Einweisung ins Krankenhaus um etwa die Hälfte.

Schutz vor einem Krankenhausaufenthalt bei 62 Prozent

Auch das nun getestete Nirsevimab ist ein solcher Antikörper, allerdings mit erhöhter Verweildauer im Körper. Er bindet an ein Protein des Virus und soll so dessen Eindringen in Körperzellen verhindern. Die Wirksamkeit dieser Immunisierung wurde nun an 1500 gesunden Kindern im Alter bis zwölf Monate geprüft, die keine Risikofaktoren aufwiesen. Ursprünglich waren mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer geplant, jedoch überschnitt sich die Studie mit der beginnenden Corona-Pandemie.

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Knapp 1000 Kinder bekamen den Antikörper injiziert, etwa 500 ein Scheinpräparat. In der mit dem Wirkstoff behandelten Gruppe entwickelten 1,2 Prozent der Kinder eine RSV-Infektion, die medizinisch behandelt wurde, bei den ungeimpften waren es 5,0 Prozent. Das entspreche einer Wirksamkeit von 74,5 Prozent, schreibt das Team um Tonya Villafana vom Pharmakonzern Astrazeneca im „New England Journal of Medicine“.

Der Schutz vor einer Hospitalisierung lag bei 62 Prozent. Ins Krankenhaus mussten 0,6 Prozent der mit dem Wirkstoff behandelten und 1,6 Prozent der unbehandelten Kinder. Pro 1000 Kinder, die den Wirkstoff erhielten, würden knapp 15 Einweisungen ins Krankenhaus vermieden, berechnet das Team.

Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen ähnlich häufig. Zwar starben in der mit dem Wirkstoff behandelten Gruppe drei Kinder, einen Zusammenhang mit der Prophylaxe schließen die Forscherinnen und Forscher jedoch aus.

Einige wichtige Daten werden in der Studie nicht berücksichtigt

„Die Studie adressiert ein wichtiges Thema, 90 Prozent aller Kinder machen in den ersten beiden Lebensjahren eine RSV-Infektion durch", sagt der Virologe Klaus Überla vom Uniklinikum Erlangen. „RSV-Infektionen sind die häufigsten Atemwegsinfekte, die bei Kleinkindern zu Krankenhausaufnahmen führen."

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Dass der Wirkstoff das Risiko für eine Aufnahme im Krankenhaus um über 60 Prozent senke, sei ein „beeindruckendes Ergebnis“, sagt der Virologe. „Wir müssen uns aber bewusst sein, dass wir mit dieser Antikörpertherapie die Infektion nur nach hinten verschieben.“ Die meisten Kinder würden sich dann in höherem Alter infizieren. Allerdings verliefen Erstinfektionen bei älteren Kindern weniger schwer – vermutlich weil gerade Säuglinge besonders empfindlich auf Entzündungen ihrer noch sehr feinen Lungenkanäle reagieren.

Allerdings fehlten in der Studie wichtige Daten, sagt Überla. So gebe es kaum Informationen zur Schwere des Krankheitsverlaufs bei Kindern, die trotz Antikörpergabe hospitalisiert wurden. Auch deren absolute Zahl – sechs in der Prophylaxe- und acht in der Placebogruppe – sei zu gering. „Zu diesen Fragen braucht man weitere Studien.“

Bezüglich der Wirksamkeit sei die Studie überzeugend, sagt der Epidemiologe Rafael Mikolajczyk von der Uniklinik Halle. Die gezeigte Verringerung des Risikos für einen Krankenhausaufenthalt könne sich in Kliniken durchaus bemerkbar machen. Allerdings sei Wirksamkeit nicht das einzige Kriterium. Eine Entscheidung über einen regulären Einsatz des Wirkstoffs bedürfe einer umfassenderen Betrachtung.

RND/dpa

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