Schwangerschaft und Corona-Impfung? Wieso Österreich und Großbritannien das neuerdings empfehlen

Bisher können sich Schwangere in Deutschland nur in Ausnahmefällen gegen Covid-19 impfen lassen.

Bisher können sich Schwangere in Deutschland nur in Ausnahmefällen gegen Covid-19 impfen lassen.

Österreichs Behörde für Impfempfehlungen, das Nationale Impfgremium, empfiehlt neuerdings eine Impfung gegen Covid-19 für Schwangere. Zur Begründung hieß es in der aktualisierten Empfehlung, es lägen zwar nur begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Covid-19-Impfstoffen bei Schwangeren vor. Diese ließen aber ausnahmslos keine Auffälligkeiten erkennen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Bei der Impfung von Schwangeren seien nun die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna zu bevorzugen. Schwangere fallen in Österreich mit der neuen Empfehlung auch in eine zu priorisierende Gruppe, weil sie ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Covid-19-Verlauf tragen. Wien hat bereits für Mitte Mai angekündigt, Schwangere ab der 13. Schwangerschaftswoche mit Corona-Impfungen zu versorgen.

Auch in Großbritannien können sich Schwangere gegen Covid-19 impfen lassen. Auch dort sollen sie zunächst nur die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna erhalten, so empfiehlt es das Joint Committee on Vaccination and Immunisation (JCVI), also die britische Impfkommission. Auch dort wird als Grund angegeben: Zu den mRNA-Vakzinen seien bislang mehr Daten aus der Praxis vorhanden als zu Vektorimpfstoffen wie dem von Astrazeneca.

Der Corona Newsletter "Die Pandemie und wir" vom RND.

Die Pandemie und wir

Der neue Alltag mit Corona: In unserem Newsletter ordnen wir die Nachrichten der Woche, erklären die Wissenschaft und geben Tipps für das Leben in der Krise – jeden Donnerstag.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Das JCIV verweist dabei auf Daten aus den USA. Dort sind nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) bisher mehr als 94.000 Schwangere gegen Covid-19 geimpft worden (Stand: 19. April), hauptsächlich mit den mRNA-Impfstoffen. „Es gab keine spezifischen Sicherheitsbedenken von Covid-19-Impfstoffen einer Marke in Bezug auf die Schwangerschaft“, sagte Prof. Wei Shen Lim, Vorsitzender des JCVI. „Wir ermutigen schwangere Frauen, die Risiken und Vorteile mit ihrem Arzt zu besprechen.“

Stiko lehnt Corona-Impfung in der Schwangerschaft derzeit ab

In Deutschland können sich werdende Mütter hingegen noch nicht gegen Covid-19 impfen lassen. So hat es die Ständige Impfkommission (Stiko) entschieden. Eine Ausnahme stellen Schwangere mit Vorerkrankungen, einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 oder hohem Expositionsrisiko für eine Sars-CoV-2-Infektion dar. Ihnen können Mediziner in Einzelfällen nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung anbieten.

Auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts (RKI) heißt es diesbezüglich: „Zur Anwendung der Covid-19-Impfstoffe (mRNA-Impfstoffe oder Vektor-basierter Impfstoff) in der Schwangerschaft liegen aktuell keine Daten vor, daher empfiehlt die Ständige Impfkommission die generelle Impfung in der Schwangerschaft derzeit nicht.“ Die geringe Datenlage resultiert daraus, dass Schwangere an den klinischen Impfstoffstudien aus ethischen und rechtlichen Gründen nicht teilnehmen konnten beziehungsweise durften.

Schwangere zeigen ähnliche Impfreaktionen wie nicht schwangere Frauen

Die Corona-Impfungen in den USA legen jetzt jedoch nahe, dass die mRNA-Vakzine keine schwerwiegenden Risiken für Schwangere bergen. Im Fachmagazin „The New England Journal of Medicine“ ist Mitte April eine Studie erschienen, die vorläufige Ergebnisse der ersten elf Wochen der US-Impfkampagne darlegt. Es ist die bisher größte Untersuchung zur Sicherheit der Corona-Impfstoffe bei Schwangeren. Sie basiert auf Daten von mehr als 35.000 werdenden Müttern im Alter von 16 bis 54 Jahren, die während oder kurz vor ihrer Schwangerschaft geimpft wurden.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Frauen, die im „v-safe Covid-19 Vaccine Pregnancy Registry“ gelistet sind, nutzten eine Smartphone-App, um regelmäßig Fragen zu ihrem Gesundheitszustand und zu möglichen Nebenwirkungen nach ihrer Covid-19-Impfung zu beantworten. Sie berichteten dabei über die gleichen Impfreaktionen wie Nichtschwangere: Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen. Im Vergleich mit Frauen, die nicht schwanger waren, klagten werdende Mütter etwas häufiger über Schmerzen an der Einstichstelle, aber seltener über die anderen Impfreaktionen.

Bis Ende Februar hatten 827 Frauen aus dem „v-safe Covid-19 Vaccine Pregnancy Registry“ ihre Schwangerschaft beendet. Bei 712 von ihnen kam es zu einer Lebendgeburt (86,1 Prozent), bei 115 (13,9 %) zu einem Schwangerschaftsverlust. Zudem berichteten die Forscher über 221 schwangerschaftsbezogene unerwünschte Ereignisse. Am häufigsten traten Fehlgeburten (46 Fälle) auf. Die Rate von Frühgeburten bezifferten die Studienautoren mit 9,4 Prozent, die von niedrigem Geburtsgewicht mit 3,2 Prozent. Neonatale Todesfälle – also Todesfälle, die in den ersten vier Lebenswochen erfolgen – wurden nicht beobachtet.

Daten aus Frühschwangerschaft fehlen

Aus diesen Ergebnissen schlussfolgerte Stephanie Gaw: „Ich denke, wir können mit großer Zuversicht den Impfstoff in der Schwangerschaft empfehlen, vor allem bei Schwangeren, die ein Risiko für Covid-19 haben.“ Gaw ist Spezialistin für mütterlich-fötale Medizin an der University of California in San Francisco. Im Gespräch mit der „New York Times“ wies sie ferner darauf hin, dass es mehr Daten zur Sicherheit der Corona-Impfstoffe in der Frühschwangerschaft brauche.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Nichtsdestotrotz sprachen sich die CDC für eine Corona-Impfung für Schwangere aus. „Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass die durch die Covid-19-Impfung gebildeten Antikörper Probleme bei der Schwangerschaft verursachen“, teilte die Behörde mit, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass die Daten zur Impfstoffsicherheit begrenzt seien.

Muss die Impfempfehlung der Stiko geändert werden?

„Die Studie belegt anhand einer großen Anzahl an geimpften Schwangeren (und Geimpften, die schwanger geworden sind), dass die Impfung – wie bisher andere Impfungen mit Totimpfstoffen auch – für Schwangere kein zusätzliches Risiko darstellt“, sagte Prof. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Ausgehend von diesen Daten würde ich erwarten, dass die Ständige Impfkommission ihre Empfehlung bezüglich der Impfung von Schwangeren überarbeitet und die Impfung auch für diese Personengruppe empfiehlt.“

„Es ist sehr erfreulich, dass zunehmend wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse der wachsenden Zahl geimpfter Schwangerer veröffentlicht werden – wir verfolgen diese aufmerksam“, teilte ebenfalls die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe auf Anfrage des RND mit. „Unter Berücksichtigung des aktuellen Wissenstandes würden wir uns auch für Deutschland eine Impfempfehlung für Schwangere wie beispielsweise in Israel, UK und Luxemburg durch die Stiko wünschen.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Biontech und Pfizer wollen Impfstoff an Schwangeren testen

Dann könnten auch Schwangere vor Infektionen mit dem Coronavirus geschützt werden. Das RKI schreibt in seinem Steckbrief zu Sars-CoV-2, dass die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf mit intensivmedizinischer Behandlung bei werdenden Müttern zwar gering sei, jedoch höher als bei nicht schwangeren Frauen. Todesfälle seien ebenfalls selten. Über die Auswirkungen einer Corona-Infektion für das ungeborene Kind könnten hingegen bislang keine abschließenden Aussagen gemacht werden, teilt die Behörde mit.

Die Impfstoffhersteller Biontech und Pfizer haben Mitte Februar mit einer Studie zum Einsatz ihres Corona-Impfstoffs bei Schwangeren begonnen. Das mRNA-Vakzin soll bei rund 4000 gesunden schwangeren Frauen ab 18 Jahren erprobt werden, die sich in der 24. bis 34. Schwangerschaftswoche befinden. Noch ist unklar, wann mit ersten Ergebnissen zu rechnen ist.

Mehr aus Gesundheit

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken