Psychotherapie: Was Therapeuten und Patienten für eine erfolgreiche Behandlung tun können

Für eine gelungene und erfolgreiche Therapie sollten Therapeuten und Patienten zusammenarbeiten.

Für eine gelungene und erfolgreiche Therapie sollten Therapeuten und Patienten zusammenarbeiten.

Jeder dritte Patient hadert mit seiner Psychotherapie. Das verkündete die Barmer Ersatzkasse in einer Pressemitteilung zu ihrem Arztreport 2020. Der Report hatte sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Psychotherapie beschäftigt. “Jeder Dritte war demnach teilweise oder gänzlich unzufrieden mit den Resultaten”, heißt es. Angesichts dieser Zahlen drängt sich die Frage auf, was Therapeuten, aber auch Patienten zu einer gelungenen und erfolgreichen Psychotherapie beitragen können.

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Therapeuten sollten am Anfang eine Diagnose stellen – und realistische Erwartungen vermitteln

Auch wenn in der Corona-Krise viele Therapien wegen des Infektionsrisikos pausieren oder Sitzungen als Videokonferenz oder am Telefon stattfinden müssen, grundsätzlich gilt: Wichtige Weichen werden gleich zu Beginn gestellt. Der Therapeut sollte am Anfang der Behandlung eine professionelle Diagnose stellen und diese mit dem Patienten offen besprechen. Um ihn vor Frustrationen zu bewahren, sollte er ihm gleich zu Beginn realistische Erwartungen vermitteln.

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“Es spielt eine große Rolle, mit welchen Erwartungen ein Patient eine Therapie beginnt”, sagt die Psychotherapeutin und Psychotherapieforscherin Eva-Lotta Brakemeier von der Universität Greifswald. “Manche Patienten kommen mit der falschen Annahme, eine Therapie wäre wie eine medizinische Behandlung, bei der man eine Pille bekommt und sich die Wirkung von alleine einstellt.” Die Psychotherapie ist aber vielmehr eine Hilfe zur Selbsthilfe. Es handelt sich um eine Behandlung, die nur wirken kann, wenn der Patient auch jenseits der Therapiesitzung an sich arbeitet. “Leider klären immer noch nicht alle Psychotherapeuten die Patienten genügend darüber auf, was mit der Therapie auf sie zukommt”, so Brakemeier.

Therapieziele und Plan vereinbaren: Klare Kommunikation wichtig

Aus der Forschung weiß man, dass zwar rund 70 bis 80 Prozent der Patienten von der Psychotherapie profitieren. Das heißt aber auch: Sie hilft beileibe nicht jedem. “Das sollte man als Therapeut vielleicht zu Beginn noch klarer kommunizieren”, sagt der Psychotherapieforscher Wolfgang Lutz von der Universität Trier. Manchmal geht es den Therapeuten zudem in schweren Fällen weniger darum, das Befinden des Patienten zu verbessern, als vielmehr ihn zu stabilisieren, damit es ihm nicht noch schlechter geht. Auch das sollte der Psychologe deutlich machen.

Und noch etwas kann der Therapeut tun, um den Patienten vor überzogenen Erwartungen zu bewahren: Er sollte gemeinsam mit ihm klare Therapieziele und einen Therapieplan vereinbaren. Das hat zudem den Vorteil: Wenn der Patient Ziele und Plan im Blick hat, kann er selbst im Verlauf der Behandlung sehen, ob sich sein Zustand verbessert oder nicht. Wenn der Therapeut dann noch den Therapiefortschritt dokumentiert, kann der Patient noch klarer erkennen, wo er steht und wo er hin möchte.

Fortschritte am Anfang der Behandlung steigern Chance für guten Therapieverlauf

“Gerade wenn der Patient am Anfang Fortschritte macht, also dem Therapeuten vertraut und positive Veränderungen an sich bemerkt, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass die Therapie auch im weiteren Verlauf gut läuft”, erklärt Wolfgang Lutz. “Entscheidend ist auch, ob der Patient sich nicht nur in der Sitzung, sondern auch im Alltag besser fühlt”, ergänzt der Psychologe Tim Kaiser, Leiter der Forschungsambulanz der Universität Greifswald. Die Verbesserungen sollten im täglichen Leben spürbar sein, etwa darin zum Ausdruck kommen, dass die zwischenmenschlichen Probleme des Hilfesuchenden weniger werden. “Wenn die Inhalte und Erfahrungen aus der Therapie im Leben des Patienten keine Rolle spielen, sind auch weniger Erfolge zu erwarten”, sagt Kaiser.

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Das heißt allerdings nicht, dass die Therapie nichts bringen wird, nur weil sich vielleicht nicht gleich am Anfang Fortschritte einstellen. Es gibt in jeder Behandlung Höhen und Tiefen. Und gerade am Anfang, wenn der Patient sich mit seinen psychischen Problemen intensiver auseinandersetzt, kann es mit seinem Befinden erst einmal abwärts gehen. “Da darf man sich nicht gleich entmutigen lassen”, sagt Wolfgang Lutz. “Therapie ist nicht etwas, das von selbst wirkt wie eine Spritze oder ein Medikament.” Das bedeutet für den Patienten sich auf die Therapie einzulassen und auch zwischen den Sitzungen mit den Therapieinhalten zu beschäftigen. Motivation ist also wichtig, etwa wenn er sich mit eigenen Problemen aktiv auseinandersetzt oder Hausaufgaben vom Therapeuten bekommt.

Ein positives Zeichen ist für den Patienten auch, wenn er mit dem Therapeuten an den wirklich relevanten Problemen arbeitet. “Die Therapie darf schließlich kein belangloser Plausch sein”, sagt Eva-Lotta Brakemeier.

Patienten sollen Skepsis bei schlechtem Therapieverlauf offen ansprechen

Läuft die Therapie nicht wie erhofft, sollte man als Patient die eigene Skepsis und Irritation offen gegenüber dem Therapeuten ansprechen. Und dann schauen, ob dieser die Bedenken berücksichtigt und handelt. Das Befinden von Patienten verläuft in Wellen. Und wenn es Krisen gibt, sollte der Betroffene das zur Sprache bringen. “Wenn ein Patient seine Irritation oder Kritik ausspricht und der Therapeut dies aufgreift, wirkt sich das in den meisten Fällen sehr positiv aus”, meint Eva-Lotta Brakemeier. “Eine Krise in der therapeutischen Beziehung beispielsweise kann wertvoll genutzt werden.”

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Und zwar insofern sich darin oft allgemeine zwischenmenschliche Probleme des Patienten widerspiegeln, an denen man dann ansetzen könne. Schließlich zeigen Menschen mit psychischen Störungen vielfach zwischenmenschliche Probleme. “Reagiert der Therapeut allerdings nicht auf die Kritik des Patienten – was aus meiner Sicht ein Kunstfehler des Therapeuten wäre –, kann dieser natürlich auch die Therapie beenden.”

Merkt der Therapeut, dass die Sitzungen in die falsche Bahn laufen, hat er eine Reihe von Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Lässt zum Beispiel die Motivation des Patienten nach, problematisches Verhalten wie Trinkgewohnheiten zu verändern, kann der Therapeut ein Gespräch über Vor- und Nachteile anregen. Wobei er auch die Ziele und Werte des Hilfesuchenden einbeziehen sollte, sagt Eva-Lotta Brakemeier. “Wenn der Patient dann erkennt, dass sein Problemverhalten ihn davon abhält, enge Beziehungen einzugehen, kann er sich autonom für das Ziel der Abstinenz entscheiden.” Wenn die Therapie aber partout nicht anschlagen will, kann der Therapeut andere Methoden anwenden. Oder zum Schluss kommen, das therapeutische Verfahren zu wechseln und den Patienten an einen Kollegen zu überweisen. Beide – Therapeut und Patient – sind also gefragt, um eine gelungene Therapie zu verwirklichen.

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