Professorin rät stark Übergewichtigen: Bei Corona nicht zögern, zum Arzt zu gehen

Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor für schwere Verläufe von Covid-19.

Adipositas ist ein wichtiger Risikofaktor für schwere Verläufe von Covid-19.

Wer an Adipositas leidet, ist durch eine Covid-19-Erkrankung deutlich stärker gefährdet. Rund die Hälfte der Corona-Patienten auf deutschen Intensivstationen sind adipös. Die Präsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG), Prof. Martina de Zwaan, erklärt im Interview mit dem RND, worauf Betroffene in der Pandemie achten sollten und was sie von der Politik fordert.

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Starkes Übergewicht gehört zu den Risikofaktoren für den schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung. Wie gefährdet sind adipöse Menschen?

Es gab schon früh Hinweise auf eine besondere Gefährdung adipöser Menschen, inzwischen wird diese durch immer mehr Studienergebnisse bestätigt. Die Datenlage ist da glasklar: Menschen mit Adipositas haben ein 2,4-fach erhöhtes Risiko, wegen einer Covid-19-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, ein 2,3-fach höheres Risiko, auf der Intensivstation zu landen und ein 2,6-fach erhöhtes Risiko, eine künstliche Beatmung zu benötigen. Ihr Risiko, an einer Infektion zu sterben, ist um das 1,5-Fache erhöht. Dass es bei Adipositas öfter zu schweren Verläufen kommt, überrascht uns als DAG übrigens nicht: Man kennt das auch bereits von anderen Viruserkrankungen wie der Influenza.

Was ist der Grund dafür, dass Covid-19 bei Adipösen oft einen schweren Verlauf nimmt?

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Dafür gibt es mehrere mögliche Erklärungen. Zum einen ist die Atmung bei Adipositas ohnehin schon beeinträchtigt, und die Lunge wird schlechter belüftet. Außerdem geht Adipositas mit einer chronischen Entzündungsreaktion im ganzen Körper einher. Das macht den Organismus anfälliger, seine Immunantwort auf viele Erkrankungen fällt schwächer aus. Noch dazu geht Adipositas oft mit Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Diabetes einher, was weitere Risikofaktoren für einen schweren Verlauf sind.

Prof. Martina de Zwaan, Präsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG).

Prof. Martina de Zwaan, Präsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG).

Was empfehlen Sie Menschen mit Adipositas in der Pandemie?

Sie sollten nicht nur besonders auf die Hygiene- und Abstandsregeln achten. Wichtig ist es auch, sich beim Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion frühzeitig testen zu lassen und rechtzeitig zum Arzt zu gehen. Leider wissen wir, dass viele Menschen mit Adipositas den Arztbesuch häufig scheuen. Sie schämen sich oft und bekommen meist doch nur zu hören, dass sie abnehmen sollen. Wer sich mit dem Virus infiziert hat, sollte aber nicht damit zögern, zum Arzt zu gehen – eben wegen des Risikos für schwere Verläufe.

Amerikanischen Experten zufolge kann man seinen allgemeinen Gesundheitszustand durch eine bessere Ernährung schon innerhalb weniger Wochen verbessern und so weniger anfällig für Krankheiten werden – selbst ohne Gewichtsverlust.

Also ganz ohne Gewichtsreduktion geht es meiner Meinung nach nicht. Aber: Schon eine Reduzierung des Körpergewichts um 5 bis 10 Prozent – also zum Beispiel von 100 kg auf 95 oder 90 kg – kann einen Unterschied für die Gesundheit machen.

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Das ist leichter gesagt als getan – fördern Homeoffice und Lockdown nicht derzeit eher eine ungesündere Lebensweise?

Natürlich ist es nicht förderlich, wenn der Weg zur Arbeit wegfällt und man sich nur noch vom Bett an den Schreibtisch bewegt. Bei Kindern wurde auch bereits festgestellt, dass sie im Lockdown mehr fernsehen, mehr schlafen, mehr Chips essen und zuckerhaltige Getränke zu sich nehmen.

In einer Stellungnahme der Deutschen Adipositas-Gesellschaft heißt es, die Pandemie sei ein „Brennglas für Versäumnisse“. Was genau meinen Sie damit?

Wir haben nicht nur eine Corona-Pandemie, sondern seit Jahren auch eine weltweite Adipositas-Pandemie. Auch in Deutschland sind ein Fünftel bis ein Viertel der Menschen adipös. Sie haben dadurch nicht nur ein höheres Risiko für schwere Covid-19-Verläufe, sondern für viele weitere Erkrankungen wie Diabetes Typ 2. Es werden ständig Medikamente gegen solche Folgekrankheiten entwickelt, aber es fehlt eine verlässliche Therapie für Adipositas. Die Behandlung ist nicht einmal automatisch Kassenleistung.

Was fordert die DAG?

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Wenn man erst einmal adipös ist, ist es richtig schwierig, dauerhaft Gewicht zu reduzieren. Dafür muss man dauerhaft seinen Lebensstil ändern, umstellen: Das durchzuhalten ist aber wahnsinnig schwer. Wichtig ist daher die Prävention. Wir von der DAG fordern unter anderem einen verpflichtenden Nutri-Score, also eine verständliche Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln in Bezug auf den Nährwertgehalt. Gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse müssen billiger werden, ungesunde hingegen stärker besteuert. Und es sollte keine an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel mehr geben.

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