Omikron versus Delta: Wie sich die Corona-Varianten unterscheiden
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Omikron oder Delta? In Deutschland zirkulieren im Moment vor allem diese beiden Varianten des Coronavirus.
© Quelle: Julian Stratenschulte/dpa
Die Omikron-Variante macht sich breit – auch in Deutschland. Seit November hat das Robert Koch-Institut (RKI) mehr als 51.000 Fälle mit der Mutante erfasst – Tendenz steigend. Nach Einschätzung der Bundesregierung dürfte es nur noch wenige Tage dauern, bis Omikron die bisher vorherrschende Variante Delta verdrängt hat. In einigen Bundesländern, darunter etwa Hamburg und Niedersachsen, dominiert die Mutante bereits das Infektionsgeschehen. Aber wie schafft es Omikron, neben Delta das Infektionsgeschehen nach oben zu treiben? Ansteckung, Symptome, Immunschutz: sechs wichtige Punkte im Überblick:
1) Wie schnell verbreiten sich Delta und Omikron?
Die Varianten breiten sich beide sehr schnell aus, allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Delta-Variante wurde erstmals im Oktober 2020 in Indien nachgewiesen und verbreitete sich weltweit rasant. In vielen Ländern dominiert die Variante auch heute noch das Infektionsgeschehen. Ende November wurden plötzlich erste Fälle mit der Omikron-Variante nachgewiesen – in Südafrika. Auch diese Variante verbreitete sich weltweit rasant.
In Europa zirkulieren derzeit beide Varianten – mancherorts schon mehr als anderswo, in einigen Ländern werden auch mehr Genomanalysen durchgeführt als in anderen. Laut einem Bericht der Europäischen Seuchenschutzbehörde von Anfang Januar machen in Dänemark schon 92 Prozent der Fälle Omikron aus, in Irland 96 Prozent, in Frankreich 80 Prozent und in den Niederlanden 76 Prozent.
Auch in Deutschland wird das aktuelle Geschehen bereits zunehmend von Omikron bestimmt. Im Moment ist laut dem aktuellen Wochenbericht des RKI deutschlandweit mit rund 20 Prozent Probenanteil zu rechnen. Der Anteil der Delta-Variante werde dabei „kontinuierlich geringer“. In den kommenden Wochen wird erwartet, dass der sehr hohe Wachstumsvorteil von Omikron europaweit und auch hierzulande zu noch höheren Melderaten von Fällen führen wird.
2) Wie ansteckend sind Omikron und Delta?
Egal, welche der Varianten gerade zirkuliert: Sars-CoV-2 ist sehr leicht von Mensch zu Mensch übertragbar, insbesondere über Tröpfcheninfektion und Aerosole. Das galt für Alpha, verstärkt für Delta – und nun noch mehr für Omikron. Besonders trickreich bei der neuen Variante: „Omikron zeichnet sich durch eine stark gesteigerte Übertragbarkeit und ein Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus“, heißt es in einer Stellungnahme des Corona-Expertenrats der Bundesregierung von Mitte Dezember. Das heißt also: Anders als bei der Delta-Variante sind bei Omikron auch Geimpfte ohne Booster und Genesene stark in das Infektionsgeschehen involviert.
Die Ansteckungsdynamik in Ländern wie Südafrika und Großbritannien spricht dafür, dass Omikron noch übertragbarer ist als Delta. Die britische Health Security Agency kommt in einer Analyse von Anfang Dezember zu dem Ergebnis, dass Omikron einen Reproduktionswert (R-Wert) von 3,7 aufweist. Das bedeutet, jemand, der sich mit der Virusvariante infiziert hat, steckt im Durchschnitt fast vier andere Menschen an.
In Deutschland ist dem Expertenrat zufolge damit zu rechnen, dass sich die Infektionen mit der Omikron-Variante etwa alle zwei bis vier Tage verdoppeln. Bei Delta ging das nicht so schnell. Ein Grund dafür könnten verschiedene auf molekularbiologischer Ebene bereits entdeckte Mutationen sein, welche die Übertragbarkeit des Virus erhöhen. Bei Omikron könnte laut RKI die hohe Zahl von Aminosäureänderungen an wichtigen Stellen im Spikeprotein verantwortlich sein. Diese sind für eine erhöhte Transmission, Immunevasion und Übertragbarkeit bekannt. Bei einigen Mutationen ist aber noch nicht klar, was sie biologisch bedeuten.
3) Wie lange dauert es, bis man Symptome bemerkt?
Die Inkubationszeit bezeichnet den Zeitraum zwischen der Ansteckung mit einem Krankheitserreger und dem Beginn der Erkrankung. Beim Ursprungsvirus ging das RKI von einer mittleren Inkubationszeit von rund fünf Tagen aus. Das heißt: Es dauert fünf Tage, bis sich bei Infizierten coronatypische Symptome wie Husten, Fieber oder Schnupfen zeigen.
Bei Delta fällt die Inkubationszeit kürzer aus. Es haben sich also schneller Symptome bemerkbar gemacht als beim Ursprungsvirus und Alpha. Das RKI geht bei dieser Variante von einem um etwa 1,5 bis zwei Tage verkürzten Zeitraum aus. Auch bei Omikron ist die Zeit zwischen Ansteckung und Erkrankung anders als bei der Ursprungsvariante: „Was wir sehen, ist, dass die Inkubationszeit bei Omikron verkürzt ist“, sagte Hendrick Streeck, Virologe von der Universität Bonn, Anfang Januar im Gespräch mit dem Fernsehsender RTL. Wie kurz sie genau ist, darüber gibt es noch keine Einigkeit in der Wissenschaft.
4) Welche Symptome gibt es bei Omikron und Delta?
Beim Ursprungsvirus waren Symptome wie Husten, Fieber und Schnupfen sowie Störungen des Geruchs- oder Geschmackssinns mögliche erste Signale für eine Corona-Infektion. Klassische Erkältungssymptome sind auch bei Delta und Omikron verbreitet – allerdings unterschiedlich häufig. Besonders häufig wurden bei Delta neben Fieber beispielsweise Kopfschmerzen, eine laufende Nase und eine raue Kehle gemeldet. Auch bei Omikron sind das mögliche Symptome. Aber: „Geruchs- und Geschmacksstörungen treten bei einer Omikron-Infektion gar nicht mehr auf, aber dies wissen viele Infizierte nicht“, sagte Susanne Johna, die Vorsitzende des deutschen Ärzteverbands Marburger Bund dem RND.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet hingegen auch bei Omikron Geschmacks- und Geruchsverlust, sowie auch Fieber, Husten und Müdigkeit. Seltener können auch eine Halsentzündung, Kopfschmerzen, Durchfall, Hautausschlag, eine Verfärbung der Finger oder Zehen oder rote bis gereizte Augen einen Hinweis auf eine Corona-Infektion geben.
Was sollte man im Fall der Fälle tun? Laut RKI ist es „unbedingt erforderlich“, bei Symptomen einer neu auftretenden Atemwegserkrankung wie etwa Schnupfen, Halsschmerzen oder Husten zu Hause zu bleiben, die Hausarztpraxis zu kontaktieren und einen PCR-Test durchführen zu lassen. Der funktioniert bei Delta wie auch bei Omikron und liefert verlässliche Ergebnisse. Die Empfehlung gilt auch für Geimpfte und Genesene.
5) Wie krank machen Omikron und Delta?
Wer sich infiziert hat, kann milde bis moderate Erkältungssymptome bemerken, in der Folge aber auch ernsthaft an Covid-19 erkranken. Das ist bei Delta sowie auch Omikron der Fall. Im Moment sieht es allerdings so aus, dass Omikron statistisch gesehen weniger häufig ein schweres klinisches Erscheinungsbild hervorruft als Delta. Kürzlich veröffentlichte, aber noch nicht begutachtete Daten aus der Provinz Gauteng in Südafrika zeigen beispielsweise, dass die Rate der Krankenhauseinweisungen trotz mehr Corona-Fällen während der Omikron-Welle niedriger war als in den vorherigen Wellen.
Die britische Health Security Agency schätzt nach der Auswertung von Daten, dass mit Omikron Infizierte ein um 50 Prozent geringeres Risiko haben, ein Krankenhaus aufzusuchen oder ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, als Personen mit einer Infektion aufgrund der Delta-Variante. Sie fanden auch ein um 65 Prozent geringeres Risiko für eine Klinikeinweisung bei mit Omikron Infizierten, die zweifach geimpft waren. Ein rund 81 Prozent geringeres Risiko bestand bei Geboosterten – im Vergleich zu Ungeimpften.
6) Wie wirksam ist die Impfung?
Laut dem RKI ist die Schutzwirkung durch die Impfung bei der Delta-Variante hoch. Zwar können sich auch manche Geimpfte anstecken, das Ansteckungs- und Erkrankungsrisiko ist nicht null – aber die Schutzwirkung gegen schweres Covid-19 bleibt sehr hoch. Bei Omikron sieht das anders aus: Auch wenn man zweimal geimpft ist, hat man nur noch einen geringen Schutz vor Infektion und Erkrankung. Bei beiden Varianten lässt der Impfschutz zudem mit der Zeit nach. Spätestens nach einem halben Jahr sinken relevante Antikörpertiter im Blut, wie Forschende in mehreren Studien feststellten.
Aber sowohl für das Problem mit den schwindenden Antikörpern als auch dem geringeren Schutz bei Omikron gibt es eine Lösung. „Wenn man geboostert ist, hat man nach bisherigen Einschätzungen immerhin einen 75-prozentigen Schutz vor symptomatischer Erkrankung“, erklärte die Modelliererin Anita Schöbel, die das Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik der Fraunhofer-Gesellschaft leitet, dem RND. „Wenn wir also hundert Menschen boostern, vermeiden wir 75 Fälle, die krank werden.“
Das sei zwar nicht mehr so gut wie bei Delta, denn auch ein Teil der Geboosterten kann erkranken und das Virus weitergeben. „Aber es ist immer noch besser als nichts“, betont die Corona-Expertin. Je mehr Menschen also mit den Vakzinen von Biontech und Moderna geboostert sind, umso weniger erkranken schwer, kommen ins Krankenhaus oder stecken andere an.