Neue Forschungen: Rückenschmerzen im Büro lassen sich ganz einfach vermeiden
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Wer im Job viel sitzt, sollte regelmäßig kleine Bewegungspausen einbauen. Das beugt Rückenschmerzen vor.
© Quelle: Inga Kjer/dpa-tmn
Hannover. Hand aufs Herz: Wie oft nutzen Sie die Möglichkeit zu sitzen? Wenn die Antwort „oft“ lautet, sind Sie nicht allein. Der typische Alltag der Deutschen ist mit ziemlich vielen Tätigkeiten im Sitzen verbunden: Morgens geht es ins Auto oder in die Bahn – schon die Haltestellen locken mit Sitzmöglichkeiten – und von da ins Büro auf den Schreibtischstuhl. Zum Mittag in der Kantine wird sich wieder hingesetzt, und kommt man abends nach Hause, wird auf dem Sofa entspannt. Zahlen aus der Wissenschaft gibt es auch: Forscher fanden in der Studie „Bewegungsmangel bei der Arbeit: Wie viel sitzen wir wirklich?“ 2012 heraus, dass ein durchschnittlicher Büroangestellter zwischen sechs und zehn Stunden am Tag sitzt.
Sitzen ist für den Rücken kaum entspannend
Doch stundenlanges Sitzen ist nicht gerade förderlich: „Alles andere als entspannt kann das viele Sitzen für den Rücken sein“, weiß Dr. Freddy Sichting von der Professur Bewegungswissenschaft der Technischen Universität Chemnitz. Er ist Co-Autor einer Studie der TU Chemnitz, die die negativen Auswirkungen des zu langen Sitzens untersucht hat. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Applied Ergonomics“ veröffentlicht. Verspannungen oder Steifheit der Muskulatur, die in Rückenschmerzen und teilweise Krämpfen münden, sowie eine überbelastete Bandscheibe sind nur einige der Folgen, heißt es in der Studie.
So wundert es den Bewegungswissenschaftler nicht, dass immer mehr Menschen über Schmerzen klagen würden. Was ihn aber erstaunt: Dass die Folgen bislang weitestgehend unbekannt sind. „Umso erstaunlicher, dass es bislang weder einen Nachweis dafür gibt, dass sich der Rücken durch langes Sitzen verspannt, noch, wie Betroffene ohne großen Aufwand selbst etwas dagegen tun können.“
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Zu langes Sitzen führt zu Verkrampfungen an diesen Punkten des Rückens.
© Quelle: TU Chemnitz/Julia Gabriel
Man braucht acht Minuten Zeit und eine Schaumstoffrolle
Ergebnisse der TU Chemnitz hätten gezeigt, dass es eine kurze, aber effektive Methode gäbe, die Rückenschmerzen lindert und diesen sogar vorbeugen kann: eine achtminütige Selbstmassage mit einer handelsüblichen Schaumstoffrolle. „Der Bewegungsablauf besteht darin, sich gegen die Rolle gelehnt mit dem Rücken an die Wand zu stellen und sich durch langsame Auf- und Abwärtsbewegungen selbst den Rücken zu massieren“, erklärt Sichting. Die Methode reiche aus, nach viereinhalb Stunden permanentem Sitzen die dadurch steif gewordene Rückenmuskulatur wieder zu lockern.
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So funktioniert die Selbstmassage: Mit dem Rücken an die Wand lehnen und mithilfe der Schaumstoffrolle langsam auf- und abbewegen.
© Quelle: TU Chemnitz/Julia Gabriel
Messungen bestätigen die Wirkung
Für die Studie wurden 59 Teilnehmer in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe wandte nach viereinhalb Stunden Sitzen die acht Minuten lange Selbstmassage an. Die andere Gruppe saß ebenfalls viereinhalb Stunden und verbrachte danach eine acht Minuten lange Pause im Stehen, allerdings ohne Massage. Bei den Teilnehmern wurden drei Messungen vorgenommen, um die Steifheit der Rückenmuskulatur zu untersuchen: vor dem Sitzen, nach dem Sitzen und nach der jeweiligen Pause im Stehen mit oder ohne Selbstmassage.
Laut Sichting ergaben die Messungen zwei Ergebnisse: Zum einen wurde nachgewiesen, dass langes Sitzen Rückenverspannungen hervorrufen kann. Auch zeigten die Ergebnisse, dass die Selbstmassage die steif gewordene Rückenmuskulatur wieder lockerte.
Forscher sehen großen Nutzen in Selbstmassagen
Das Forscherteam um Sichting ist zufrieden mit dem Ergebnis: „Für uns war es eine große Motivation, Menschen, die lange am Arbeitsplatz sitzen müssen, mit unserer Forschung helfen zu können.“ Den Rückenschmerzen kann man mit der Massage nicht nur entgegenwirken, sondern auch die Voraussetzungen dafür schaffen, sie zu vermeiden. Besonders Berufstätige, die lange Sitzen müssen, wie Lkw- und Busfahrer oder Büroangestellte, würden von der Massage profitieren.
Da die Methode flexibel einsetzbar und simpel in der Anwendung ist, sei die Motivation groß, die Massage regelmäßig anzuwenden: „Bei anderen Therapiemaßnahmen und Trainingsinhalten setzt der gewünschte Effekt oftmals erst später ein, wodurch die Betroffenen schnell die Lust daran verlieren“, so Sichting.
Als präventive Maßnahme rät er allerdings, eher alle 30 bis 60 Minuten kurz aufzustehen und beispielsweise spazieren zu gehen. Das sei vorteilhafter, als über Stunden am Stück zu sitzen – um den Folgen dann mit der Massage entgegenwirken zu können.
RND/Alice Mecke