Medizinhistoriker: Nur 5 Prozent sind vehemente Impfgegner
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Der Medizinhistoriker Philipp Osten schätzt den Anteil der extremen Impfgegner in Deutschland auf 5 Prozent.
© Quelle: Christophe Gateau/dpa
Hamburg. Dass es Menschen gibt, die sich trotz eindeutiger wissenschaftlicher Vorteile nicht impfen lassen wollen, ist kein neues Phänomen. Auch die Argumente der Impfskeptiker gegen eine Corona-Schutzimpfung gibt es nicht erst seit dieser Pandemie, sagt der Medizinhistoriker Philipp Osten. Er befasst sich mit der Geschichte und den Ursachen der Impfskepsis.
Osten: Für hohe Impfquoten braucht es Anstrengung
Hohe Impfquoten von bis zu 90 Prozent könne man auch beim Coronavirus in Deutschland erreichen, sagte Osten im Gespräch mit der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“. Es sei richtig, sich ambitionierte Ziele zu setzen. Allerdings müsse man die Menschen auch erreichen und richtig ansprechen. Dafür sei einige Anstrengung nötig, so Osten.
Der Medizinhistoriker schätzt den Anteil der nicht zu überzeugenden Impfgegner in Deutschland auf etwa 5 Prozent. Diese würden sich aus Gründen der Weltanschauung nicht impfen lassen. Die Argumente der Impfskeptiker seien oft die gleichen wie bei vielen Krankheiten zuvor. „Der Hauptpunkt ist, dass die Impfung eine Vergiftung oder Verunreinigung darstellen würde“, sagte Osten der „MAZ“. Impfungen gebe es schon seit 1721, zu Beginn seien diese wirklich sehr gefährlich gewesen. In relevanter Anzahl aufgekommen seien Impfgegnerschriften aber erst um 1850.
Das hänge auch damit zusammen, dass ab diesem Zeitpunkt nicht mehr philosophische oder theologische Überlegungen zum Impfen, sondern medizinische Erkenntnisse im Vordergrund gestanden hätten. Die Verbindung von Politik und Naturwissenschaften habe die Skepsis offenbar hervorgerufen, so Osten. Hinzu komme, dass die Ablehnung in der Geschichte immer zunehme, je stärker das Impfen gesetzlich vorgeschrieben wird.
Über Gefahren der Corona-Erkrankung aufklären
Um Impfskeptiker zu überzeugen, müsse man vor allen Dingen mit den Menschen sprechen, betont der Mediziner. Dabei müsse man vor allem erklären, wie gefährlich die Covid-Erkrankung tatsächlich sei. Denn viele beschäftigten sich kaum mit der Krankheit, seien aber von den Maßnahmen genervt. Wenn man die Menschen aber gezielt über die Gefahren aufkläre, dauere es oft nicht lange, sie zu überzeugen, meint Osten.
Die Impfkampagne sei vermutlich deshalb ins Stocken geraten, weil sie sich in einem Übergang befinde: Da die Kampagnen in den Betrieben zu Ende gingen und die meisten Älteren geimpft seien, müsse man nun die Jüngeren zur Impfung bewegen. Diese gingen generell wenig zum Arzt und hätten zudem ein geringes Risikobewusstsein. „Gerade junge Menschen, die keinen Kontakt zu Risikopatienten haben, denken oft, sie seien unverwundbar“, so Osten. Hinzu komme die geringe ärztliche Versorgungsdichte in den ländlichen Gebieten. Gruppen wie junge Menschen oder Landwirte, die weite Wege zurücklegen müssen, müsse man mit Anreizen von der Impfung überzeugen.
RND/kau