Teure Behandlungen

Blutwäsche und Überdruckkammer: Helfen diese Therapien gegen Long Covid?

Bei der Blutwäsche wird das Blut von schädlichen Stoffen befreit.

Bei der Blutwäsche wird das Blut von schädlichen Stoffen befreit.

Essen. Spätfolgen einer Corona-Infektion zu behandeln, ist für Ärztinnen und Ärzte eine Herausforderung. Nicht selten müssen sie feststellen, dass es für die langanhaltenden Beschwerden wie Müdigkeit, Kurzatmigkeit oder Muskelschwäche keine organischen Ursachen gibt. Long Covid – der Oberbegriff für die Corona-Spätfolgen – wird daher häufig als rein psychische Erkrankung abgetan. Doch nicht immer ist die Psyche ursächlich für die Symptome.

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Was die Diagnose „Long Covid“ für Betroffene bedeutet, versucht Eckart von Hirschhausen in seiner neuen Dokumentation zu beleuchten. „Hirschhausen und Long Covid – Die Pandemie der Unbehandelten“ heißt sie. Darin setzt sich der Mediziner und Journalist auch mit Behandlungsmöglichkeiten auseinander – so etwa mit der Blutwäsche. Er wagt den Selbstversuch, lässt vor laufender Kamera sein Blut filtern. Doch für die Wirksamkeit der als vielversprechend gehandelten Therapie gibt es keine Belege.

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Wie die Blutwäsche funktioniert

„Der Film macht mir wirklich Bauchweh“, sagte Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Berliner Charité, gegenüber der „Tagesschau“. Sie erforscht das chronische Erschöpfungssyndrom ME/CFS, ebenfalls eine mögliche Spätfolge einer Corona-Erkrankung. „Ich habe Sorge, dass der Film dazu führen wird, dass viele Patienten in ihrer Verzweiflung Geld in die Hand nehmen und sich eine HELP-Apherese (Blutwäsche, Anm. d. Red.) machen lassen.“

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Bei der Blutwäsche geht es darum – wie der Name schon vermuten lässt –, das Blut zu waschen. Dafür wird den Patientinnen und Patienten in beide Unterarme je eine Kanüle gesteckt. Auf einer Seite wird das Blut abgesaugt, in einer Maschine gefiltert und dann in den anderen Arm zurückgeleitet. Dieses Verfahren kommt zum Beispiel bei Patientinnen und Patienten, die unter Multiple Sklerose leiden, zum Einsatz.

Die Blutwäsche ist alles andere als günstig. Sie kann mehrere Tausend Euro kosten. Die medizinische Fachzeitschrift „The BMJ“ berichtete im Juli, dass Long-Covid-Betroffene sogar zum Teil ins Ausland reisen, um sich in Privatkliniken dieser Behandlung zu unterziehen. Eine Frau aus den Niederlanden hatte dafür zum Beispiel mehr als 15.000 Euro gezahlt.

Nephrologenverband warnt vor Blutwäsche bei Long Covid

Dabei ist die Blutwäsche für Long Covid überhaupt nicht empfohlen. Sie ist auch nicht Teil der von mehreren Fachgesellschaften zusammengestellten „S1-Leitlinie Long/ Post-Covid“.

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Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) warnte Mitte August in einer Stellungnahme sogar: „Ohne fundierte wissenschaftliche Daten kann keine Empfehlung für die Durchführung diese Therapieverfahren ausgesprochen werden, auch da es bei ihrer unsachgemäßen Anwendung zu schweren Komplikationen kommen kann.“ Zum Beispiel zu Störungen der Kreislaufregulation, Blutungen, selten auch zu Herzinfarkten und Schlaganfällen. Die DGfN forderte, weitere wissenschaftliche Studien durchzuführen, um den medizinischen Nutzen der Blutwäsche für Long-Covid-Betroffene zu untersuchen.

Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert Maskenpflicht in Innenräumen

Die Corona-Zahlen steigen wieder rasant. Das bringt unter anderem die Klinken in Not, auch wenn es weniger schwere Verläufe als früher gibt.

Hirschhausen selbst weist auf Anfrage der „Tagesschau“ die Kritik an seiner Werbung für das Therapieverfahren zurück. Er habe immer wieder auf die mangelnde Studienlage hingewiesen. „Ziel des Filmes war und ist es, zu zeigen, wie miserabel die Diagnosekriterien, die Versorgung und der Wissensstand ist“, wird er zitiert.

Überdruckkammer hat ebenfalls keinen Nutzen

Ebenfalls beliebt, aber genauso wirkungslos wie die Blutwäsche ist eine hyperbare Sauerstofftherapie bei Long Covid. Bei diesem Verfahren erhalten Patientinnen und Patienten unter Überdruck Sauerstoff. Das ist zum Beispiel bei einer Kohlenmonoxidvergiftung sinnvoll, wenn das giftige Gas gegen Sauerstoff ausgetauscht werden soll.

Bei Long Covid sei ein Nutzen jedoch „völlig unbewiesen“, stellte Christoph Kleinschnitz, Leiter der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen, Anfang Mai gegenüber dem „Spiegel“ klar. Behandlungen in Überdruckkammern seien gleichermaßen teuer und risikobehaftet. Das Trommelfell könne reißen oder epileptische Anfälle auftreten.

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14.10.2022, Berlin: Margarete Stokowski, Journalistin und Autorin, spricht über ihre Erkrankung bei einer Pressekonferenz zur aktuellen Corona-Lage und zur neuen Kampagne des Gesundheitsministeriums gegen Corona. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Autorin Stokowski über Long Covid: „Es gibt immer noch sehr viele Tage, an denen ich nur im Bett liegen kann“

Erschöpfung, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten: Seit Anfang des Jahres leidet die Autorin Margarete Stokowski unter Long Covid. Schnelle Hilfe finden Betroffene in Deutschland nicht, kritisiert sie.

Das Problem bei Long Covid ist, dass es keine speziellen Medikamente gibt. Ärztinnen und Ärzte können nur versuchen, die von den Patientinnen und Patienten geschilderten Symptome zu lindern. Bei Muskelschwäche und Abgeschlagenheit kann zum Beispiel Physiotherapie helfen; Atemtechniken können hingegen Atemnot und Kurzatmigkeit entgegenwirken.

Grundsätzlich empfehlen Medizinerinnen und Mediziner bei Long Covid, sich selbst zwar zu fordern, aber nicht zu überfordern – gerade wenn es um Symptome wie Fatigue geht, eine starke körperliche und psychische Erschöpfung. Wer zu viel macht, riskiert, dass sich die Beschwerden noch verschlimmern.

Weitere Empfehlungen zur selbstständigen Rehabilitation nach einer Corona-Erkrankung hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hier zusammengestellt.

Geimpft und auch vor Long Covid geschützt?

Um sich präventiv vor Long Covid zu schützen, kann es sinnvoll sein, sich impfen zu lassen. Mehrere internationale Studien deuten darauf hin, dass die Impfungen das Risiko für Spätfolgen reduzieren können. Wie gut die Vakzine vor langanhaltenden Beschwerden genau schützen, ist unklar – und vermutlich von den individuellen Immunantworten abhängig.

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„Mit der Impfung vermeidet man in den meisten Fällen den Ausbruch der Erkrankung“, sagte Rembert Koczulla, Chefarzt am Fachzentrum für Pneumologie an der Schön Klinik in Berchtesgaden und Long-Covid-Experte, Anfang des Jahres dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Deshalb ist es logisch, dass auch Folgeerscheinungen von Covid-19 ausbleiben.“

Wir haben diesen Artikel am 18. Oktober 2022 aktualisiert.

RND/lb

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