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Immunität nach Corona-Impfung: Was über den Langzeitschutz bekannt ist – und was noch nicht

Wie lange wird die Impfung gegen Covid-19 schützen?

Wie lange wird die Impfung gegen Covid-19 schützen?

Wie lange bleiben Geimpfte immun gegen das Coronavirus? Wenn es darum geht, wie die Pandemie in Zukunft unter Kontrolle bleibt; wie stark sich der Erreger weiterhin unter den Menschen verbreitet; wie hoch das persönliche Ansteckungs- und Erkrankungsrisiko im Alltag ist; ja, sogar wenn es darum geht, wie lange der nun eingeführte digitale Impfpass eigentlich gültig sein soll, führen alle Antworten zu dieser einen Frage.

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Das Problem dabei ist allerdings: Wir wissen es noch nicht. Wie lange der Immunschutz anhalten wird, und in welcher Qualität, das ist unklar. Dafür gibt es mehrere Gründe – naheliegende wie knifflige.

1. Neue Virusvarianten tauchen auf - und beeinflussen die Immunantwort

Da wären die neuen Virusvarianten, die sich überall auf der Welt bilden und teilweise auch ausbreiten. Besitzen sie bestimmte Mutationen, kann der Immunschutz womöglich durch einen sogenannten „immun escape“ herabgesetzt werden. In Europa macht da aktuell beispielsweise die Ausbreitung der Delta-Variante Sorge, bei der Impfstoffe wie die von Biontech und Astrazeneca zwar vorläufigen Erkenntnissen aus Großbritannien zufolge weiterhin sehr gut vor schweren Covid-19-Verläufen schützen, aber insgesamt weniger gut vor Infektionen und bei milden Verläufen. Sie schwächen also die Schutzwirkung von Antikörpern ab.

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Und das ist wohl auch erst der Anfang. Expertinnen und Experten, darunter auch der Charité-Virologe Christian Drosten, gehen davon aus, dass sich in den kommenden Monaten noch weitere solcher Varianten entwickeln werden. Es bleibt ein nicht kalkulierbarer Unsicherheitsfaktor, inwiefern Mutationen den eigentlich durch die Zulassungsstudien erwartbaren Immunschutz durch veränderte Eigenschaften beeinträchtigen.

An Lösungen für dieses Problem wird bereits auf Hochtouren gearbeitet. Impfstoffhersteller wie Biontech und Moderna gehen inzwischen davon aus, dass nach der vollständigen Impfung noch einmal ein Booster, also eine Auffrischung, nötig werden könnte. Erste solche Präparate könnten nach Angaben des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) im Erfolgsfall noch in diesem Jahr zugelassen werden. Laut RKI fehlen aktuell aber noch Daten, ob überhaupt – und wenn ja, in welchem Zeitabstand, eine Auffrischimpfung notwendig sein wird.

2. Daten zur dauerhaften Immunantwort fehlen noch

Um herauszufinden, wie lange der Immunschutz bei Geimpften anhält, braucht es große Datenmengen von vor Monaten bis Jahren Geimpften. Die Impfstoffe, die inzwischen zwar mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland verabreicht bekommen haben, sind aber noch nicht allzu lange in der Welt. Denn Sars-CoV-2 zirkuliert erst seit anderthalb Jahren auf dem Globus.

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Die Rezeptur der Impfstoffe könnte sich noch einmal verändern – wegen neuen Virusvarianten.

Die Rezeptur der Impfstoffe könnte sich noch einmal verändern – wegen neuen Virusvarianten.

Biontech etwa, einer der ersten Impfstoffhersteller mit einer Zulassung Ende Dezember 2020, hatte Mitte November seine Phase-III-Studie mit einer größeren Zahl Geimpfter abgeschlossen. Die Probanden werden nun durch den Hersteller in weiter laufenden Studien beobachtet, ebenso etwa bei Johnson & Johnson. Dabei wird auch auf die Dauer des Impfschutzes getestet. Die vorläufig gute Nachricht: Nach ersten Ergebnissen wirken die Impfstoffe nach einem halben Jahr noch einwandfrei. Es bleibt abzuwarten, wie die Daten in den kommenden Monaten bis Jahren ausfallen werden.

3. Das Immungedächtnis ist noch nicht entschlüsselt

Aber wann genau ist der Immunschutz überhaupt ausreichend und welche Daten zeigen das? Was im Gedächtnis unseres Immunsystems dafür relevant ist, darüber sind sich Fachleute weltweit noch nicht einig. Es gibt nicht den einen Wert, der das anzeigt. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist nach wie vor unklar, zu welchem Grad die Titer neutralisierender Antikörper mit einem Schutz vor einer Reinfektion oder einer schweren Covid-19-Erkrankung korrelieren. Zum anderen ist ungewiss, inwiefern eine Reihe weiterer Mechanismen, die für eine gezielte Abwehr sorgen können, nach der Impfung aktiviert werden. Die Rede ist etwa von B-Gedächtniszellen oder auch den T-Killer-Zellen.

Die gute Nachricht: Erste Studienergebnisse lassen hoffen, dass für den Immunschutz relevante Antikörper für mehrere Monate oder noch länger bleiben. Forschende blicken dabei, solange die Impfungen auf lange Sicht noch nicht ausreichend Daten liefern können, auf die Immunantwort Genesener. Deren Immunschutz beruht im Gegensatz zu Geimpften auf einer direkten Begegnung mit dem Virus Sars-CoV-2. Das heißt aber auch: Die Ergebnisse zum Immunschutz bei ihnen sind nur eingeschränkt übertragbar auf den langfristigen Schutz nach einer Impfung.

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Verschiedene für den Immunschutz relevante Antikörper ließen sich bei Genesenen ab etwa zwei Wochen nach der Akutinfektion im Blut nachweisen. Mindestens sechs Monate nach Symptombeginn war in mehreren Studien noch eine hohe Anzahl an Antikörpern vorhanden, in einer neueren sogar elf Monate danach. Jedoch ließ sich bei einigen Untersuchungen auch zeigen, dass mit der Zeit wohl weniger Antikörper vorhanden sind – insbesondere bei Personen mit milder oder asymptomatischer Infektion.

Das RKI resümiert dazu in seinem Steckbrief zum Coronavirus: „Auch wenn diese Ergebnisse keine protektive Immunität beweisen, legt der Nachweis potenter neutralisierender Antikörper einen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen mit erhöhter Überlebenswahrscheinlichkeit nahe.“ Der Beweis fehlt also noch.

Aber auch wenn bestimmte Antikörper nicht mehr nachgewiesen werden können, bedeutet das nicht unbedingt, dass der Immunschutz im Langzeitgedächtnis nicht mehr ausreichend existiert. Denn Antikörper sind nur ein Teil des komplex aufgebauten Verteidigungsarsenals des Immunsystems. Relevant könnte auch eine sogenannte kreuzreaktive Immunantwort auf anderen Ebenen des Gedächtnisses sein – also der B- und T-Zell-Ebene.

Auch zu den Mechanismen in der Gedächtnisphase suchen Fachleute im Moment noch nach ausreichend Beweisen. Positiv stimmen da neuere und noch zu begutachtende Ergebnisse der Washington School of Medicine, die nach der Analyse von Gedächtniszellen zum Schluss kommt, dass einmal mit Sars-CoV-2 Infizierte wahrscheinlich den größten Teil ihres Lebens Antikörper gegen das Virus bilden könnten. Die Forschenden konnten langlebige antikörperproduzierende Zellen im Knochenmark von an Covid-19 Erkrankten identifizieren. Die Ergebnisse implizierten zudem, „dass Impfstoffe die gleiche dauerhafte Wirkung haben“, wird Menno van Zelm, Immunologe an der Monash University im australischen Melbourne in einem Artikel der Fachzeitschrift „Nature“ zitiert.

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