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Corona-Proteste

Gewaltsame Zusammenstöße: Neuseeländische Polizei räumt Lager von Impfgegnern

Demonstrierende zünden Zelte, Matratzen und Stühle bei einer Demonstration gegen die Impfpflicht gegen das Coronavirus in Wellington an.

Demonstrierende zünden Zelte, Matratzen und Stühle bei einer Demonstration gegen die Impfpflicht gegen das Coronavirus in Wellington an.

Wellington. Vor dem Parlament in Neuseeland haben sich am Mittwoch Szenen abgespielt, die das Land so noch nicht gesehen hat. Als die Polizei eine Demonstration von Impfgegnerinnen und Impfgegnern auflösen wollte, kam es zu chaotischen und gewaltsamen Szenen. Laut der neuseeländischen Polizei griffen die Demonstrantinnen und Demonstranten sie mit Feuerlöschern, mit Farbe gefüllten Geschossen, selbstgemachten Sperrholzschilden und Mistgabeln an.

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Über drei Wochen hatten die neuseeländischen Behörden einen Protest von Impfgegnerinnen und Impfgegnern vor dem Parlament in Wellington geduldet, obwohl sich selbst Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern mehrmals vor den Demonstrierenden in Sicherheit bringen musste.

Szenen einer Revolte

Lange Zeit erinnerte die Besetzung des Parlamentsgeländes auf den ersten Blick an ein etwas chaotisches, aber friedliches Musikfestival. Demonstrantinnen und Demonstranten hatten Zelte aufgestellt und spielten Musik. Doch unter der Oberfläche schimmerte immer wieder die Gewaltbereitschaft einiger Protestierender durch. So tauchten neben Botschaften des Friedens und der Liebe auch Forderungen auf, Politikerinnen und Politkern, Journalistinnen und Journalisten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Prozess zu machen oder gar sie „aufzuhängen“.

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Als die Polizei am Mittwoch begann, den Platz vor dem Parlament zu räumen, kam es dann auch zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Demonstrantinnen und Demonstranten. Es wurden Feuer gelegt, unter anderem am Spielplatz, der sich auf dem Parlamentsgelände befindet. Die Polizei brachte Pfefferspray und Wasserwerfer zum Einsatz und am späten Mittwochnachmittag glichen die Szenen mehr einem Aufstand als einer Demonstration. Drei Polizisten wurden verletzt – bis zum frühen Abend kam es zu 65 Festnahmen.

Regierungschefin „zutiefst traurig“

Premierministerin Jacinda Ardern sagte angesichts der für Neuseeland extremen Szenen, dass es in ihrem Land stets einen Ort für einen friedlichen Protest gebe, aber dass die jüngsten Aktivitäten sich „fremd“ anfühlten und nicht zum neuseeländischen Volk passten. „Friedlicher Protest ist der Weg, eine Botschaft zu senden, doch so landet man vor Gericht“, sagte sie. Die Regierungschefin betonte zudem, dass sie „zutiefst traurig“ über das sei, was sie heute erlebt habe.

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Die Auflösung der Proteste geht mit einem Tiefpunkt im Corona-Management des Landes einher. Lange Zeit galt Neuseeland als Vorbild im Kampf gegen die Pandemie. In dem Fünf-Millionen-Staat sind bisher 56 Menschen an Covid-19 gestorben. Geschlossene Grenzen, ein strenges Quarantäneprogramm und Blitzlockdowns nach Covid-Ausbrüchen hatten die Pandemie lange Zeit von dem Inselstaat ferngehalten. Diese No-Covid-Strategie der Regierung wurde zudem von der Bevölkerung begrüßt: Der Zusammenhalt im Land war bemerkenswert. Auch heute ist die Unterstützung für die Pandemiemaßnahmen in Neuseeland nach wie vor hoch, doch die kleine Gruppe wütender Bürgerinnen und Bürger sowie Impfgegnerinnen und Impfgegner, die seit Wochen vor dem Parlament demonstriert, schaffte es, eine lautstarke Minderheit zu werden. Forschende warnten bereits vor dem Potenzial einer Radikalisierung.

Eine der höchsten Covid-Übertragungsraten der Welt

Inzwischen ist aber nicht nur die gesellschaftliche Harmonie durch die gewaltsamen Szenen aus Wellington aus den Fugen geraten, auch die Covid-19-Zahlen explodieren seit einigen Wochen. Am Mittwoch meldete das Land 22.152 Neuinfektionen, eine für Neuseeland bisher unvorstellbare Zahl. Damit hat das Land derzeit eine der höchsten Covid-Übertragungsraten der Welt.

Diese Wende geht mit den ersten vorsichtigen Schritten der Öffnung einher. So müssen sich geimpfte neuseeländische Reisende, die aus Australien nach Neuseeland reisen, inzwischen nicht mehr selbst isolieren. Stattdessen müssen sie sich bei der Ankunft und am fünften oder sechsten Tag danach einem Covid-19-Test unterziehen. Zuvor mussten Rückkehrende eine staatlich organisierte Quarantänezeit absitzen und Plätze in den Zentren waren schwer zu erhalten. Neben den Erleichterungen für die eigenen Bürgerinnen und Bürger hat das Land auch einen Plan für internationale Reisende festgelegt. Diese sollen ab Oktober wieder nach Neuseeland reisen dürfen – mit einigen Auflagen wie einer vollständigen Covid-Impfung.

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