„Fragwürdig und irreführend“: Deutsche Forscher kritisieren Studie zu E-Zigaretten

Eine E-Zigaretten auf einem Tisch

Die Studie, die am 16. Dezember im Fachmagazin „American Journal of Preventive Medicine“ veröffentlicht wurde, sorgt für Schlagzeilen. Der Konsum von E-Zigaretten alleine, so heißt es in der Studie, erhöhe das Risiko für schwerwiegende Lungenerkrankungen wie chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), chronischer Bronchitis oder Asthma um ein Drittel. Das schreiben US-Forscher, nachdem sie Tausende Menschen – darunter Dampfer, Tabakraucher, Ex-Raucher und Nichtraucher – über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren befragt hatten.

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Deutsche Wissenschaftler sehen in der Studie und ihrer Methodik allerdings gravierende Mängel. „Das Problem dabei: Chronische Lungenerkrankungen entwickeln sich über viele Jahre und zum Teil über Jahrzehnte. Darüber hinaus ist der Diagnosezeitpunkt in der Regel nicht übereinstimmend mit dem tatsächlichen Krankheitsbeginn, da bisweilen Jahre vergehen, bis eine bestehende Erkrankung auch tatsächlich diagnostiziert wird", schreibt Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, in einer Stellungnahme.

Krankheiten wohl schon vor Studienbeginn bestanden

Es sei daher höchst wahrscheinlich, dass Erkrankungen, die im Laufe des Beobachtungszeitraums diagnostiziert wurden, bereits vor Studienbeginn bestanden haben, möglicherweise gar bevor E-Zigaretten überhaupt auf den Markt kamen. „Die zeitliche Zuordnung der im Beobachtungszeitraum neu diagnostizierten Lungenerkrankungen zum E-Zigaretten-Konsum bei Studienbeginn ist dadurch höchst fragwürdig“, so die Expertin.

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Probleme kommen vermutlich vom Tabakkonsum

Die Studie lege zudem nahe, dass Personen, die schon aufgrund langjährigen Konsums schädlicher Tabakzigaretten Lungenprobleme haben, eher auf E-Zigaretten umsteigen – möglicherweise gar auf ärztliche Empfehlung, meint Mons. „Tatsächlich lässt sich der gefundene Zusammenhang zwischen E-Zigaretten und Lungenerkrankungen auch dadurch erklären, dass E-Zigaretten-Konsum die Folge bereits bestehender Lungenprobleme ist, die wiederum durch das vorherige Rauchverhalten verursacht wurden.“ Dies habe die Studie aber nur sehr unvollständig betrachtet.

Studie schadet der Glaubwürdigkeit

Aufgrund der „gravierenden methodischen Schwachpunkte der Studie“, so Mons, sei davon auszugehen, dass der darin gemessene Effekt der E-Zigaretten-Nutzung auf Lungenerkrankungen tatsächlich überschätzt sei. Vielmehr sei er in Teilen, wenn nicht gar vollständig, auf das frühere Rauchverhalten der E-Zigaretten-Nutzer zurückzuführen.

Überhaupt sei bei der Studie nicht der nötige wissenschaftliche Standard eingehalten worden, moniert die Krebsexpertin. Es handele sich schließlich um ein sensibles Thema, das erheblichen Einfluss auf die Gesundheit von Millionen Rauchern und E-Zigaretten-Nutzern habe. Das schade der Glaubwürdigkeit der Gesundheitswissenschaften.

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„E-Zigaretten wesentlich weniger schädlich“

So sieht das auch Daniel Kotz, Professor für Suchtforschung und klinische Epidemiologie am Institut für Allgemeinmedizin des Uniklinikums Düsseldorf. „Die Studie hat gravierende methodische Mängel, und die Schlussfolgerung, dass der Konsum von E-Zigaretten Lungenerkrankungen wie COPD, chronische Bronchitis und Emphysem verursacht, ist falsch.“

Auch er verweist auf eine zu kurze Studiendauer und auf die Tatsache, dass viele Probanden ehemalige oder aktuelle Tabakraucher seien. „Das Rauchen von Tabak ist der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von COPD, chronischer Bronchitis und Emphysem. Die Ergebnisse der Studie lassen sich demnach so erklären, dass langjährige Raucher aufgrund ihrer Lungenprobleme die E-Zigarette nutzen, um das Tabakrauchen zu reduzieren oder ganz damit aufzuhören. Es besteht also ein umgekehrt kausaler Zusammenhang.“

Der Suchtexperte rät: „Tabakraucher sollten sich durch die irreführenden Ergebnisse dieser Studie und die unreflektierte Berichterstattung nicht verunsichern lassen: E-Zigaretten sind nach wie vor wesentlich weniger schädlich als Tabak und helfen bei der Tabakentwöhnung.“

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