Fehlende Testkapazitäten: Wie aussagekräftig ist die Inzidenz noch?

Eine biologisch-technische Assistentin zeigt aufbereitete PCR-Tests auf das Coronavirus von Patienten im PCR-Labor vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA). Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Eine biologisch-technische Assistentin zeigt aufbereitete PCR-Tests auf das Coronavirus von Patienten im PCR-Labor vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA). Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Die Corona-Testkapazitäten in Deutschland werden knapp. Der Vorsitzender des Verbandes Akkreditierte Labore in der Medizin, Michael Müller, sagte vor wenigen Tagen, dass die Labore bereits „an den Kapazitätsgrenzen und darüber hinaus“ sind. Für die Bewertung der Pandemielage könnte sich das als problematisch erweisen. Denn wenn zwangsläufig nicht alle Verdachtsfälle auf Corona getestet werden, können folglich auch weniger Infektionen festgestellt werden. Somit stellt sich die Frage, ob die Sieben-Tage-Inzidenz in der Omikron-Welle überhaupt noch aussagekräftig ist.

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Modellierer Schuppert: Maximalinzidenz bald erreicht

Modellierer schätzen, dass Deutschland wegen der fehlenden Testkapazitäten eine Maximalinzidenz erreichen wird. Sprich: Die Inzidenz kann nur bis zu einem bestimmten Wert bemessen werden, weil bundesweit die PCR-Tests ausgehen. Der Modellierer Andreas Schuppert von der RWTH Aachen warnt vor einer Maximalinzidenz, die Deutschland in einen Blindflug schicken würde. Wenn die Labor- und damit die Testkapazitäten in Deutschland ausgeschöpft sein würden, sei eine gedeckelte Höchstinzidenz „leider zu erwarten“, sagte er am Freitag im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die steigende Positivrate bei den Tests deute darauf hin, dass man in Deutschland eine zunehmende Dunkelziffer habe.

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Die Restkapazitäten bei den Testungen liegen laut Schuppert bei rund 15 Prozent. Somit erwarte er, dass eine Maximalinzidenz schon bald erreicht sein werde. Gäbe es keine Grenze, läge der Messwert für die Pandemie im Höchststand Mitte Februar womöglich bei rund 1500. „Allerdings glaube ich, dass die Gesamtinzidenz für Deutschland am Ende tendenziell unter 1500 liegen könnte, wenn wir Glück haben und wenn wir dann diese für Deutschland spezifische Obergrenze überhaupt messen können“, sagte er.

Infektionsmodellierer: Bald ist „deutschlandweit Schluss mit aussagekräftigen Zahlen“

Der Infektionsmodellierer Thorsten Lehr von der Universität des Saarlandes geht ebenfalls von einer Maximalinzidenz wegen mangelnder PCR-Tests in Deutschland aus. Bei einer Inzidenz von 1000 bis 1300 schätzt Lehr, dass „deutschlandweit Schluss sein dürfte mit aussagekräftigen Zahlen“, sagte er in der „WDR“-Sendung „Aktuelle Stunde“. In diesem Falle könne die Situation eventuell mit Schnelltestergebnissen besser eingeschätzt werden, wenn sie in die Inzidenz einbezogen werden. „Richtig gut wird das aber nicht sein“, sagte Lehr.

RKI: Höhepunkt der Omikron-Welle nicht exakt zu bemessen

Die Verlässlichkeit der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz dürfte den Modellierern zufolge aufgrund der womöglich schon bald erreichten Testkapazitäten also deutlich abnehmen. Dann könnte Deutschland nicht mehr so genau nachvollziehen, wie viele Infektionen stattfinden. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) erwartet, dass die Meldedaten auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle in Deutschland kein vollständiges Bild der Corona-Lage ergeben, weil es an Test- und Personalkapazitäten fehlt.

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Jedoch zeigte sich das RKI hinsichtlich der künftigen Einschätzung der Pandemielage optimistischer: „Die Größenordnung und die entscheidenden Trends in der epidemiologischen Entwicklung werden jedoch zuverlässig angezeigt“, schrieb das RKI im Corona-Wochenbericht vom Donnerstagabend. Für die Beurteilung der Corona-Situation würden demnach Meldedaten wie die Inzidenz künftig im Zusammenhang mit weiteren Erkenntnissen zu betrachten sein. Somit werde etwa die Krankheitsschwere bedeutsamer für die Einschätzung der Lage sein.

RND/bk/fw

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