Erste Freiheiten? Wie ansteckend Corona-Geimpfte noch sein können

Bund und Länder beraten über mehr Freiheiten für Geimpfte.

Bund und Länder beraten über mehr Freiheiten für Geimpfte.

Deutschland befindet sich beim Impfen in einer Übergangsphase: Zum einen wird es in den kommenden Wochen zwar immer mehr Geimpfte im Land geben – gleichzeitig aber noch sehr viele Ungeimpfte. 7,2 Prozent sind bereits vollständig geimpft, 23,4 Prozent haben eine erste Dosis erhalten (Stand 26. April).

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Beim Impfgipfel von Bund und Ländern stand am Montag trotzdem eine erste längere Debatte zu möglichen Rechten von vollständig Geimpften auf der Agenda. Entschieden ist noch nichts, aber die Bundesregierung plant dazu eine Verordnung. Es geht dabei um ethische Fragen, wie etwa: Ist es vertretbar, Geimpfte wie Menschen mit einem negativen Corona-Testergebnis zu behandeln? Es gibt aber auch rechtliche Fragen, wie die, ob der Staat Geimpften überhaupt noch Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen auferlegen darf.

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Grundlage, um über diese Fragen zu entscheiden, sind wissenschaftliche Erkenntnisse. Vor allem zur Infektiösität von Geimpften. Was Geimpfte und Nichtgeimpfte zur Übertragbarkeit von Sars-CoV-2, zum Erkrankungsschutz vor Covid-19 und zur Dauer des Impfschutzes wissen sollten.

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Können Geimpfte das Coronavirus weiter übertragen?

Durch Zulassungs- und Beobachtungsstudien für die in Deutschland zugelassenen und angewandten Covid-19-Impfstoffe von Biontech, Moderna und Astrazeneca ist inzwischen belegt, dass die Impfung Sars-CoV-2-Infektionen verhindert, und zwar „in einem erheblichen Maße“, wie das Robert Koch-Institut (RKI) seit einigen Wochen vermerkt. Heißt in Zahlen: Nach der ersten Dosis von Astrazeneca reduzieren sich die Infektionen beispielsweise statistisch um rund 65 Prozent, bei Biontech nach der zweiten Dosis um rund 90 Prozent. Die Daten zeigen auch, dass die Viruslast bei Menschen, die trotz Impfung mit Sars-CoV-2 infiziert werden, stark reduziert ist und sich die Zeitspanne der Virusausscheidung verkürzt. „In der Summe ist daher das Risiko einer Virusübertragung stark vermindert“, resümiert das RKI für alle in Deutschland zur Anwendung kommenden Impfstoffe.

Ein weiterer Punkt ist entscheidend, wenn es um die Einschätzung zu möglichen Freiheiten für Geimpfte geht. „Aus Public-Health-Sicht erscheint das Risiko einer Virusübertragung durch Impfung in dem Maß reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung keine wesentliche Rolle mehr spielen“, heißt es laut RKI. Sprich: Geimpfte sind in den allermeisten Fällen nicht mehr relevant dafür, wie sich die Infektionsdynamik in den Krankenhäusern und der Bevölkerung entwickelt. Denn selbst wenn es zu einer Infektion mit dem Erreger kommt, bricht die Krankheit nicht mehr so schnell aus oder verläuft nur mild.

Das persönliche Erkrankungsrisiko sinkt bei Geimpften also rapide. Es sei davon auszugehen, dass eine Behandlung im Krankenhaus bei allen Impfungen mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 95 Prozent verhindert wird, sagt das RKI. In absoluten Zahlen: Normalerweise würden 20 von 1000 ungeimpften Personen in der Klinik behandelt werden müssen, mit einer Impfung von Biontech oder Moderna sind es rund 1 von 1000 geimpften Personen, bei Astrazeneca etwa 4 von 1000 Geimpften.

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Wann ist ein vollständiger Impfschutz erreicht?

Die Voraussetzung für den hohen Schutz vor Ansteckung und Erkrankung ist, auch nach dem ersten Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu möglichen ersten Freiheiten für Geimpfte, ein „vollständiger Impfschutz“. Erst wenn der erreicht ist, schätzt das RKI das Übertragungsrisiko durch vollständig Geimpfte geringer ein als das von symptomlosen Nichtgeimpften mit negativem Antigen-Schnelltest. Der Zeitpunkt dafür variiert je nach Impfstoff und richtet sich nicht nach dem Zeitpunkt der Injektion, sondern nach der Überprüfung des Impfschutzes in den Zulassungsstudien:

  • Bei Astrazeneca ist das 15 Tage nach Verabreichung der zweiten Dosis der Fall.
  • Bei Biontech ist 7 Tage nach Verabreichung der zweiten Dosis von einem vollständigen Impfschutz die Rede.
  • Bei Moderna kann 14 Tage nach der zweiten Impfdosis ein ausreichender Impfschutz garantiert werden.

Restrisiko bleibt: Also weiter Maske tragen und Abstand halten

Die AHA+L-Regeln bleiben bislang auch für Geimpfte bestehen. Die vorläufigen Daten zum verringerten Transmissions- und Erkrankungsrisiko sind ermutigend, zeigen aber: Es gibt auch nach der Impfung keinen 100-prozentigen Schutz für andere wie auch für sich selbst. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz vollständiger Impfung PCR-positiv wird, ist bereits niedrig, aber nicht null“, heißt es im RKI-Steckbrief. Es kann also – gerade bei einer hohen Gesamtinzidenz in der Bevölkerung – in Einzelfällen trotzdem zu einer Infektion oder auch Erkrankung kommen. Auch infektiöse Virenpartikel können vereinzelt noch ausgeschieden werden. Und diese können beim Kontakt zu einer großen Gruppe Nichtgeimpfter, wie derzeit in Deutschland noch der Fall, gefährlich werden.

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Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) auch Geimpften in dieser Phase der Pandemie: Bitte weiterhin Maske tragen, Abstand halten, lüften. Auch der deutsche Ethikrat hat sich in einer im Februar veröffentlichten Stellungnahme dafür ausgesprochen, dass die Verpflichtungen zum Tragen einer Maske und zum Einhalten von Abständen wegen „relativ geringen Belastungen noch länger aufrechterhalten werden“. Die Regeln sollten für alle Personen zum selben Zeitpunkt aufgehoben werden, „wegen der Gefahr, dass die praktische Durchsetzbarkeit und Akzeptanz dieser Regeln durch Ausnahmen für geimpfte Personen leiden würde“.

Wie lange bleibt der Impfschutz erhalten?

Einmal vollständig geimpft heißt aber nicht unbedingt Impfschutz auf Lebenszeit. Zum einen ist noch unklar, wie lange der zuerst erreichte Immunschutz besteht. Impfstoffexperten gehen davon aus, dass er mindestens sechs Monate anhält. Danach könnte eine Auffrischung notwendig werden – und damit auch der erneute Gang zum Impfarzt.

Es ist noch nicht klar, wie gut die Impfungen bei neuen Virusvarianten wirken. Bei der in Europa stark vertretenen Linie B.1.1.7 schätzt das RKI die Auswirkungen als „gering bis mäßig“ ein. Mehr Sorge machen die südafrikanische, brasilianische und indische Variante, zumal Forscher bei steigendem Impfdruck auf das Virus mit weiteren Mutationen rechnen. Die Vakzine werden also sehr wahrscheinlich regelmäßig angepasst und erneut verimpft werden müssen – wie auch beim Grippeimpfstoff. Wann und wie genau das passiert, ist noch offen.

Was gilt für Corona-Genesene?

Auch Sars-CoV-2-Genesene bilden durch die Infektion schützende Antikörper. Auch für sie sind nach einem Entwurf der Bundesregierung erste gesonderte Regeln vorgesehen. Die Voraussetzung: Sie sollen eine nicht länger als sechs Monate zurückliegende Corona-Infektion durchgemacht haben. Danach können auch sie sich impfen lassen – nach Ansicht der Stiko aber eben frühestens ein halbes Jahr nach der akuten Infektion. Als Nachweis für den Zeitpunkt der Infektion soll der positive PCR-Nachweis dienen. In der Beschlussvorlage bezieht sich die Regierung auf eine Einschätzung des RKI, wonach auch bei Genesenen davon auszugehen sei, dass sie ein geringeres Risiko haben, andere Menschen anzustecken als durch einen Antigen-Schnelltest negativ Getestete.

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Wichtig ist dabei aber auch zu wissen: Anders als bei der Impfung ist laut RKI noch unklar, inwieweit die nachgewiesenen Antikörper bei Genesenen mit einem Schutz vor einer Reinfektion oder schweren Erkrankung korrelieren. Untersuchungen bei Reinfizierten haben zudem gezeigt, dass diese hohe Virusmengen im Nasen-Rachen-Bereich aufwiesen – und das Virus somit trotz bereits erfolgter Ansteckung potenziell übertragen könnten.

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