Durchbruch gegen Long Covid? Erlanger Ärzte berichten von erfolgreicher Therapie mit Herzmedikament
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Nach seiner überstandenen Corona-Infektion berichtete der Patient von Geschmacksverlust, starken Konzentrationsstörungen und Abgeschlagenheit, die ihn massiv einschränkten.
© Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-tmn
Hannover. Nach einer überstandenen Corona-Infektion leiden viele Patienten an Long Covid. Zur Diagnose, den Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten wird viel geforscht – einen ersten Erfolg bei der Behandlung teilt nun die Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen mit.
Einem Team sei der, nach eigenen Aussagen, weltweit erste erfolgreiche Heilversuch eines Long-Covid-Patienten gelungen. Ärztinnen und Ärzte der Augenklinik hätten einen 59-Jährigen mit Long Covid individuell mit einem Herzmedikament behandelt. Der Patient sei danach beschwerdefrei gewesen. Ob der Wirkstoff auch anderen Betroffenen helfen könnte, soll nun in einer klinischen Studie überprüft werden, so die Universität.
„Momentan können wir leider nicht mehr Menschen mit dem Medikament behandeln, da es noch nicht alle Zulassungsstudien durchlaufen hat“, sagt Christian Mardin, leitender Oberarzt der Augenklinik, in einer Pressemitteilung.
Durchblutung ist noch monatelang eingeschränkt
Zuvor habe das Uniklinikum in der „ReCOVer-Studie“ mit anderen Kliniken bereits herausgefunden, dass die Durchblutung der Augen auch viele Monate nach einer Corona-Erkrankung noch deutlich eingeschränkt sei. Die veränderte Durchblutung sei aber sicherlich nicht auf das Auge begrenzt, sondern stehe dann beispielhaft für den gesamten Körper, so die Forscherinnen und Forscher.
Das bringe teils schwerwiegende Folgen mit sich, erklärt Bettina Hohberger, Fachärztin der Erlanger Augenklinik: „Darunter ist zu verstehen, dass sich die per se gute Immunabwehr gegen den eigenen Körper richtet und Stoffe bildet, die schädlich sein können.“ Einer der Autoantikörper sei bereits von der Glaukom-Erkrankung (grüner Star) bekannt, erklärt die Ärztin weiter.
Patient ging es nach wenigen Stunden besser
Der behandelte Long-Covid-Patient litt an einem solchen Glaukom. Nach seiner überstandenen Corona-Infektion berichtete er zudem von Geschmacksverlust, starken Konzentrationsstörungen und Abgeschlagenheit, die ihn massiv einschränkten. Dem 59-Jährigen „wollte das Team der Augenklinik Hilfe anbieten“. Hohberger habe von einem Präparat erfahren, das schädliche Autoantikörper bindet. Damit sei es möglich, die Autoantikörper unschädlich zu machen und möglicherweise die Durchblutungsstörungen zu beheben.
In einem individuellen Heilversuch wurde also das Berliner Medikament, BC 007, das ursprünglich für Herzpatienten entwickelt worden ist, für drei Tage per Infusion verabreicht. „Bereits innerhalb weniger Stunden zeigte sich eine Besserung. Bei seiner Entlassung fühlte sich unser Patient schon deutlich erholter als vor der Verabreichung und seine Autoantikörperwerte bestätigten diesen Eindruck“, schildert das Ärzteteam den Verlauf.
Auch die Konzentrationsschwierigkeiten seien verschwunden, die Leistungsfähigkeit des 59-Jährigen stieg an und der Geschmackssinn kehrte zurück. „Insgesamt hat sich die Durchblutung der Kapillaren, die wir am Auge messen können, deutlich verbessert.“
„Puzzlestücke“, die zusammenpassten
„Als wir dann die Ergebnisse sahen, die aus Kooperationsprojekten zu Long Covid entstanden sind, waren es wie viele kleine Puzzlestücke, die für uns zusammenpassten. Es war durchaus denkbar, dass sich auch die Long-Covid-Symptomatik dadurch bessern könnte“, erklärt Hohberger. Das Team gehe deshalb davon aus, dass die Long-Covid-Beschwerden des Patienten dank der verbesserten Durchblutung verschwunden sind. Ob der Wirkstoff BC 007 auch anderen Betroffenen helfe, soll bald in einer klinischen Studie überprüft werden.