Diese Labortiere nutzen Forscher zur Suche nach einem Corona-Impfstoff
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Mäuse gelten als Hauptstütze der heutigen Biomedizin und werden auch zur Entwicklung eines Corona-Impfstoffes genutzt. Doch es gibt einen entscheidenden Nachteil.
© Quelle: Friso Gentsch/dpa
Bei der Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus steht die Wissenschaft derzeit vor einer ihrer größten Herausforderungen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn mit jedem weiteren Tag steigt die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen durch die Lungenkrankheit Covid-19.
Die Entwicklung eines Impfstoffes ist allerdings ein langwieriger Prozess. Bevor klinische Studien mit Menschen durchgeführt werden, wird die Dosis in vielen Forschungsprojekten erst einmal an Tieren erprobt. Dabei ist entscheidend, dass die Labortiere anfällig für den jeweiligen Virus oder die Bakterien sind, gegen die ein Medikament oder Impfstoff entwickelt werden soll.
Tierversuche dürfen nur mit Genehmigung durchgeführt werden
Zudem dürfen laut Bundesinstitut für Risikobewertung Tierversuche nur von Personen durchgeführt werden, die über erforderliche Kenntnisse zum Beispiel in Form eines abgeschlossenen Hochschulstudiums der Veterinärmedizin verfügen. Hinzu kommt, dass eine Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegen muss.
Im Fall des Coronavirus haben Forscher bereits mehrere Tiere identifiziert, die sich für die Impfstoff-Entwicklung und Erforschung des Sars-CoV-2-Erregers unter Laborbedingungen eignen:
Syrischer Goldhamster - anfällig für Coronaviren
Oft für Laborversuche genutzt werden syrische Goldhamster. Vor rund 15 Jahren stellten Wissenschaftler fest, dass die Tiere anfällig für Coronaviren sind. An der Universität Hongkong testete Jasper Fuk-Woo Chan, klinischer Assistenzprofessor der Abteilung für Mikrobiologie, inwiefern die Hamster auch auf den Sars-CoV-2-Erreger reagieren. Seine Studie zeigte, dass sich die Tiere ebenfalls leicht mit dem neuartigen Virustypen infizieren können.
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Hamster können sich leicht mit dem Coronavirus infizieren.
© Quelle: picture-alliance/ ZB
Über die Nase wurde acht Goldhamstern Virus-RNA verabreicht. Dies führte dazu, dass die Tiere Gewicht verloren, träge wurden, sich ihr Fell kräuselte und sich ihre Atmung beschleunigte. In der Lunge und im Darm der Hamster konnte Chan später einen hohen Sars-CoV-2-Spiegel nachweisen.
Infizierte Tiere wurden bei dem Experiment zudem in der Nähe von nicht infizierten Hamstern platziert. Dabei zeigte sich eine Übertragung des Coronavirus – vermutlich über eine Tröpfcheninfektion. Allerdings war der Sars-CoV-2-Erreger auch im Kot der Hamster nachweisbar. Da die Tiere zur Koprophagie neigen – das heißt, sie essen ihre eigenen Exkremente – kann Forscher Chan eigenen Angaben zufolge auch eine orale Übertragung nicht ausschließen. Diese Erkenntnisse könnten auch Rückschlüsse auf die Ausbreitung des Coronavirus liefern.
Frettchen - Modelltiere für die Infektion
Frettchen werden in der Wissenschaft gerne als Modelltiere für die Infektion des Menschen zur Erprobung von Impfstoffen oder Medikamenten eingesetzt. Ein Forscherteam um Young Ki Choi von der Chungbuk National University konnte in seiner Studie feststellen, dass die Tiere zwar sehr anfällig für das Coronavirus sind, aber nicht die gleiche Immunabwehr haben wie Menschen.
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Die Immunabwehr des Frettchens ist nicht vergleichbar mit der des Menschen.
© Quelle: Wolfgang Runge/dpa
Bei Sars-CoV-2 infizierten Frettchen stieg die Körpertemperatur an, aber sie entwickelten keine anderen Symptome. Trotzdem war das Virus bis zu acht Tage nach der Verabreichung viraler RNA in Speichel, Urin, Kot und Nasensekret nachweisbar.
Ähnliches hat auch der Virologe Bu Zhigao in seiner Preprint-Studie herausgefunden. Dabei isolierte der Wissenschaftler, zusammen mit weiteren Kollegen, zwei Virusstämme: Zum einen Sars-CoV-2/F13/environment/2020/Wuhan (F13-E) – entnommen auf dem Huanan Fischmarkt in Wuhan – und zum anderen Sars-CoV-2/CTan/human/2020/Wuhan (CTan-H). Dieser Virusstamm wurde bei einem infizierten Corona-Patienten isoliert.
Beide Virustypen wurden den Frettchen injiziert, doch diese zeigten keine übermäßige Reaktion. “Die Ergebnisse zeigen, dass sich Sars-CoV-2 in den oberen Atemwegen von Frettchen für bis zu acht Tage vervielfältigen kann, ohne schwere Krankheiten oder den Tod zu verursachen”, heißt es in der Studie.
Affen - Verwandte des Menschen
Ihre enge genetische Übereinstimmung mit dem Menschen macht Primaten wie Rhesusaffen und Makaken zu geeigneten Labortieren für klinische Studien mit Arzneimitteln und Impfstoffen. In einer niederländischen Preprint-Studie bekamen Cynomolgus-Makaken den Sars-CoV-2-Erreger injiziert. Keiner der Affen entwickelte schwere Symptome, aber bei Autopsien wurden bei zwei von vier Tieren Lungenläsionen festgestellt. Außerdem wiesen ältere Affen im Vergleich zu jüngeren höhere Viruswerte im Nasen- und Rachen-Raum auf.
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Primaten wie die Rhesusaffen könnten bei der Entwicklung eines Impfstoffes von wichtiger Bedeutung sein.
© Quelle: Uwe Anspach/dpa
Am Peking Union Medical College waren zudem zwei Rhesusaffen nach ihrer Infektion mit dem Coronavirus erneut auf den Erreger getestet worden und erwiesen sich noch vier Wochen später als resistent. Diese Erkenntnisse könnten darauf hindeuten, dass nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 zumindest für kurze Zeit eine Immunität Schutz vor dem Virus bietet.
Allerdings: “Affen sind im Allgemeinen ziemlich widerstandsfähige Tiere und sie überstehen Viruserkrankungen ziemlich gut”, sagt Chad Roy, Affenforscher am Tulane National Primate Research Center, der Fachzeitschrift Science. “Jeder will derzeit der erste sein, um ein Tiermodell zu finden, das dem Menschen relativ ähnlich und reproduzierbar ist.”
Mäuse - nur wenig geeignet
Mäuse sind die Hauptstütze der Biomedizin, haben jedoch für die Corona-Forschung einen entscheidenden Nachteil: Der Erreger Sars-CoV-2 kann den Tieren wenig anhaben. Grund sind die Ace2-Rezeptoren, also die zellulären Proteine auf den Zellmembranen, an die das Virus nicht binden kann. Das heißt, Forscher können keinen Vergleich zur menschlichen Reaktion auf das Coronavirus ziehen.
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Mäusen kann das Coronavirus grundsätzlich nichts anhaben.
© Quelle: ---/Abert-Schweitzer-Tierheim Es
Die einzige Möglichkeit, um Mäuse als Labortiere für die Impfstoffsuche nutzen zu können, ist eine genetische Manipulation. Die Ace2-Rezeptoren werden durch humane ACE2-Gene ersetzt, sodass das Virus die Zellen angreifen kann.
Ein Forscherteam um Qin Chuan vom Peking Medical Union College hat für seine Preprint-Studie Mäuse mit Sars-CoV-2 infiziert. Das Ergebnis: Die infizierten Tiere verloren an Gewicht und zeigten Anzeichen einer Lungenentzündung.
US-Studie setzt auf menschliche Probanden
Die Liste mit Labortieren für Corona-Impfstoffstudien könnte bald erweitert werden. In mehreren wissenschaftlichen Studien haben sich Katzen besonders anfällig für den Sars-CoV-2-Erreger gezeigt. Darauf hat auch der Virologe Bu Zhigao in seiner Preprint-Studie hingewiesen.
Hauskatzen, denen der Virustyp Sars-CoV-2/CTan/human/2020/Wuhan (CTan-H) von einem infizierten Corona-Patienten verabreicht wurde, wiesen in den oberen Atemwegen virale Ribonukleinsäuren (RNA) sowie infektiöse Viruspartikel auf.
Allerdings gibt es auch Forschungseinrichtungen, die bewusst auf Versuche mit Tieren verzichten. Etwa in Seattle, wo sich laut BBC 45 Freiwillige bereiterklärt haben, einen möglichen Impfstoff gegen das Coronavirus zu testen. Der Sender beruft sich dabei auf Angaben der US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health. Das Unternehmen Moderna Therapeutics, das den Impfstoff entwickelt, versicherte zuletzt, dass dieser nach einem bewährten Verfahren hergestellt werde, sodass die Sicherheit der Teilnehmer gewährleistet sei.