Corona und die Statistik: Das Desaster mit den Zahlen

Wer genau ist denn nun gegen Corona geimpft? Das RKI gesteht starke Schwankungen bei den Impfzahlen der 18- bis 59-Jährigen zu.

Wer genau ist denn nun gegen Corona geimpft? Das RKI gesteht starke Schwankungen bei den Impfzahlen der 18- bis 59-Jährigen zu.

Für jeden behördlichen Vorgang während der Pandemie gibt es eine akkurates Bezeichnung. Im Falle der Zählung Geimpfter ist dies das „Digitale Impfquotenmonitoring“ (Dim). Nur leider scheinen die Zahlen hinter dem schwungvoll Dim abgekürzten Prozess nicht zu stimmen. Es gebe da, so teilte das RKI mit, eine „gewisse Unsicherheit“. Beim Dim, das die Grundlage für das Impfdashboard ist, seien die Impfquoten wohl unterschätzt worden.

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Dabei geht es nicht um Kleinigkeiten, sondern bei der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen mindestens einmal Geimpften um sage und schreibe 20 Prozent. 59 Prozent wurden bis Mitte Juli in dieser Gruppe als zumindest einmal geimpft verzeichnet – 79 Prozent gaben aber an, genau dies bereits zu sein.

Diese Zahl stammt vom Umfragetool Covimo, das als zusätzliche Zählmethode durch das RKI zur Ermittlung der Impfquote genutzt wird. Beide Angaben beanspruchen für sich, repräsentativ zu sein. Als einen Grund für die massiven Abweichungen nennt das RKI das Vakzin von Johnson & Johnson, bei dem mit einer Dosis der volle Schutz erreicht wird. Ärzte meldeten Johnson & Johnson-Impfungen ausschließlich als zweite Impfgabe, zudem sei keine Zuordnung von Impfstoff und Altersgruppe möglich, so das RKI.

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Verwirrung um Zahlen ist in dieser Pandemie leider keine Seltenheit: Schon im April kritisierte der Chef der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Statistik (Dagstat), Tim Friede, gegenüber dem RND die mangelnde Systematik bei der Datenerhebung im Corona-Kontext: „Mit einer vernünftigen Datenbasis – die alle für verlässlich hielten und die auch allen zugänglich wäre, auf der alle Expertengruppen modellieren könnten – wäre es viel einfacher, einen Konsens bei den politischen Entscheidungen zu finden.“

Der Appell verhallte offenbar ungehört – die Abweichungen im aktuellen Fall sind massiv. In Deutschland gab es 2020 insgesamt 45,32 Millionen Menschen zwischen 18 und 59 Jahren. Bei einer potenziellen Abweichung von 20 Prozent reden wir von Millionen Personen, die womöglich nicht in den Impfstatistiken erfasst wurden. Laut RKI liegt die tatsächliche Impfquote voraussichtlich zwischen den Werten beider Quellen. Das macht wirklich sprachlos.

Dabei ist die Impfquote ein entscheidender Parameter für politische Entscheidungen in dieser Pandemie. Und es ist nicht das erste Mal, dass Entscheidungen auf Grund von unsicheren Daten getroffen werden. Auch bei der Bestimmung beispielsweise von Inzidenzen gab es immer wieder Unstimmigkeiten. Doch wenn man sich nicht auf die Zahlen verlassen kann, wie verlässlich kann dann die darauf gründende Politik sein?

Wenn man sich dann auch noch an das Chaos mit den Tests und Schnelltests erinnert, die erst nicht in ausreichender Zahl bestellt wurden, um dann nicht hinreichend erfasst zu werden oder an die Probleme der Ordnungsämter, Inzidenzen über 50 zu bearbeiten, weil es an der Logistik fehlte – beschleicht einen das ungute Gefühl, dass es um das Krisenmanagement etwa im Form der Digitalisierung von Behörden und Prozessen bei uns dramatisch schlechter bestellt ist, als wir das alle annehmen.

Das ist weder einer Industrienation würdig, noch schafft es kurz vor der Bundestagswahl das nötige Vertrauen in die Politik, das dringend notwendig ist.

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