Wie wird der Corona-Herbst?

Expertenrat benennt drei Szenarien und regt konkrete Schritte für den Herbst an

Besonderer Schutz für die Jüngsten: „Die Sicherung der sozialen Teilhabe durch Schul- und Kita-Besuch sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten muss weiterhin Priorität genießen“, so die Forderung des Corona-Experten- und Expertinnenrats für den Herbst.

Besonderer Schutz für die Jüngsten: „Die Sicherung der sozialen Teilhabe durch Schul- und Kita-Besuch sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten muss weiterhin Priorität genießen“, so die Forderung des Corona-Experten- und Expertinnenrats für den Herbst.

Berlin. Der Corona-Expertenrat der Bundesregierung fordert in einer Stellungnahme Maßnahmen zur Vorbereitung auf den kommenden Herbst und Winter. Die Liste, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, umfasst unter anderem Handlungsempfehlungen zur Datenerfassung, medizinischen Behandlung, Kommunikation, zum Vorgehen an Schulen und zum rechtlichen Umgang mit der Pandemie. Eine generelle Vorbereitung auf verschiedene mögliche Szena­rien, die im Herbst und Winter eintreten können, sei unerlässlich, schreiben die Expertinnen und Experten.

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Corona-Infektionszahlen werden saisonal bedingt steigen

Im Moment bestehe durch Impfungen und durchgemachte Infektionen ein hoher Immu­nisie­rungsgrad in der Bevölkerung. „Auf der anderen Seite haben wir ein Virus, das sich ständig weiterentwickelt“, sagte Leif Erik Sander, Pneumologe und Mitglied des Expertenrats, bei der Vorstellung der Stellungnahme. Durch die verbleibende Impflücke und die abnehmende Immunität im Laufe der Zeit nach der Impfung gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissen­schaftler davon aus, dass die Infektionszahlen im Herbst wieder steigen werden. Neben dem Coronavirus würden auch andere Atemwegserkrankungen wie die Influenza dann wieder vermehrt auftreten. Es sei deshalb wahrscheinlich, „dass das Gesundheitssystem und die kritische Infrastruktur (…) im kommenden Herbst/Winter erneut erheblich belastet werden könnten“.

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Derzeit sei nicht verlässlich vorhersagbar, wie sich Sars-CoV-2 entwickeln wird. Klar sei: „Die Pandemie ist definitiv nicht vorbei“, so der Vorsitzende des Expertenrats, Heyo Kroemer. Das Gremium umreißt daher drei mögliche Szenarien für die kommenden Monate:

  1. Im günstigsten Fall könnte sich demnach eine Virusvariante mit einer noch geringe­ren Krankheitsschwere als bei den Omikron-Stämmen durchsetzen. In diesem Fall würden keine erneuten Infektionsschutzmaßnahmen notwendig, und es könne stattdessen zu höheren Inzidenzen bei anderen Atemwegserkrankungen kommen. Besonders bei Kindern könne ein „Aufholeffekt in der Infektionsimmunisierung“ eintreten.
  2. Im sogenannten Basisszenario wird davon ausgegangen, dass die Krankheitslast ähnlich bleibt wie bei den aktuellen Omikron-Varianten BA.4, BA.5. und BA.2.12.1. Dann sei eine Winterwelle zu erwarten, die sich über mehrere Monate streckt. Das könne zu vermehrten Arbeitsausfällen führen, die erneut flächendeckende Maßnahmen wie Abstandsregeln und Maskenpflicht in Innenräumen nötig machen könnten, so die Expertinnen und Experten. Auch lokale Kontaktbeschränkungen seien denkbar. Die Intensivstationen würden in diesem Szenario aber nur moderat belastet.
  3. In einem ungünstigeren Fall könnte eine neue Virusvariante mit höherer Übertrag­barkeit und schwererer Krankheitslast entstehen. Auch vollständig geimpfte Personen mit Risikofaktoren könnten dann schwer an Corona erkranken, so der Expertenrat. Das Gesundheitssystem würde erneut stark belastet. Dies könne Kontakt­beschränkungen und weitere Impfungen nötig machen, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. „Erst etwa im Frühjahr 2023 könnten allgemeine Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgebot zurückgefahren werden“, so die Expertinnen und Experten.

Deutschland müsse auf alle diese möglichen Szenarien vorbereitet sein und wirksame Strategien erarbeiten, betont der Corona-Expertenrat. Ziele seien der Schutz des Gesund­heitssystems, der kritischen Infrastruktur und der vulnerablen Bevölkerungsgruppen. Sechs Punkte müsse die Vorbereitung auf den Herbst auf jeden Fall erfüllen:

  • Eine solide rechtliche Grundlage für Infektionsmaßnahmen
  • Zentrale Koordination der Maßnahmen zwischen Bund und Ländern
  • Eine bundesweit einheitliche und schnelle Kommunikation aller Regelungen und Empfehlungen
  • Früherer Zugang zu antiviralen Medikamenten für Patientinnen und Patienten
  • Die Fortführung des Kleeblattsystems zur Patientenverlegung
  • Klarer Umgang mit Einreiseregeln bei neuen Virusvarianten
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Corona-Pandemie in Deutschland: Test- und Impfzentren schnell reaktivieren

Die Expertinnen und Experten geben zudem detaillierte Handlungsempfehlungen zu verschiedenen Bereichen des Umgangs mit der Pandemie – etwa zur Datenerhebung. Eine systematische Erfassung der Infektionsdynamik, Krankheitsschwere und Belastung des Gesundheitswesens sei „zwingend notwendig“, so das Gremium. Zudem sollten auch Daten zu anderen Erkrankungen wie Influenza oder RS-Viren genauer erhoben werden. Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis hofft auf ein digitales Echtzeit-Lagebild. „Wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir, glaube ich, noch mehr messen müssen im Gesundheitswesen“, so der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters.

Die Testinfrastruktur müsse im Herbst schnell reaktivierbar und leistungsfähig sein – auch wenn die Expertinnen und Experten bei stabiler Infektionslage empfehlen, nur noch bei Symptomen zu testen. Gleiches gelte auch für die Impfzentren, um die Impf- und Booster­quote zu erhöhen. Der Expertenrat empfiehlt außerdem den Einsatz von Impfteams, Impf­aufklärung und Impfmöglichkeiten an Schulen und proaktive Aufklärungskampagnen zur Influenza- und Pneumokokken-Impfung.

Auch für die Kommunikation mit der Bevölkerung sprechen die Forschenden klare Empfeh­lungen aus. Sie habe „herausragende Bedeutung für die kommenden Monate“. Dazu zähle es, transparent über mögliche Szenarien und Vorbereitungsschritte aufzuklären. Maßnahmen sollten am besten bundesweit einheitlich sein, empfiehlt die Psychologin Cornelia Betsch. Das führe dazu, dass Regeln verstanden und auch befolgt werden. Zudem solle Schutzverhalten so einfach gemacht werden wie möglich – etwa durch Angebote zur persönlichen Kommu­nikation über Chats und Hotlines, um Fragen zu beantworten und Bedenken aufzugreifen. Außerdem brauche es leicht zugängliche Informationen über Corona-Mythen und Desinformation. „Zur Kommunikationsverbesserung gehört auch ein etwas offensiverer Umgang mit Falschinformationen“, so Betsch.

Mehr Förderung für Forschung an Long Covid

Um die Folgen einer Corona-Erkrankung einzudämmen, fordert der Expertenrat einen besseren und früheren Zugang zu antiviralen Medikamenten zum Beginn einer Infektion. „Hier müssen wir sicherlich noch besser werden in Deutschland“, so Karagiannidis. Außerdem brauche es mehr Förderungen für Studien zur Therapieentwicklung von Long Covid. Die nationale Reserve für den Gesundheitsschutz, etwa die Vorräte an Schutzausrüstung und lebenswichtigen Medikamenten, müssten weiter verbessert werden.

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Besonderes Augenmerk richtet das Gremium auch auf die Situation von Kindern und Jugendlichen im weiteren Verlauf der Corona-Pandemie. Sie bedürften besonderen Schutzes. „Die Sicherung der sozialen Teilhabe durch Schul- und Kita-Besuch sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten muss weiterhin Priorität genießen“, so die Expertinnen und Experten.

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Es brauche eine grundsätzliche Strategie zur Planung von Unterricht und Betreuung in Schulen und Kitas unter Pandemiebedingungen. Zudem müsse die Erforschung und Versorgung psychischer Auswirkungen der Pandemie verstärkt werden. Auch die Virologin Isabella Eckerle griff diesen Punkt in einem Twitter-Post auf. Es sei im Moment wichtiger, über sinnvollen Infektionsschutz an Schulen und Kitas für die Zukunft nachzudenken, anstatt über Schulschließungen im Jahr 2020 zu sinnieren, so Eckerle. RKI-Chef und Expertenratsmitglied Lothar Wieler kommentierte dazu: „Darüber sprechen wir seit zwei Jahren – nun ist es Zeit zu handeln!“ Alle Werkzeuge dafür seien bereits bekannt.

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