Bundessprecher der Kinder- und Jugend­ärzte: „Die unter Zwölfjährigen werden sich irgend­wann anstecken“

Ein Großteil der unter Zwölfjährigen wird sich wohl früher oder später mit Covid-19 infizieren. Davon gehen auch Kinder- und Jugendärzte aus.

Ein Großteil der unter Zwölfjährigen wird sich wohl früher oder später mit Covid-19 infizieren. Davon gehen auch Kinder- und Jugendärzte aus.

Herr Maske, gehen Sie davon aus, dass Ungeimpfte sich mit dem Corona­virus im Laufe des Jahres infizieren werden?

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Herr Drosten ist diesbezüglich eine fachliche Stimme, die das immer wieder bestätigt. Aber auch wir denken, dass sich ein Großteil der Ungeimpften infizieren wird, ja.

Das ist ein Umstand, der gerade Eltern jüngerer Kinder sehr sorgenvoll stimmt. Berechtigterweise?

Wir sehen ja sehr wenig schwere Verläufe bei Kindern und Jugendlichen. Insofern sind wir wenig besorgt. Natürlich beschützen wir die Kinder weiterhin durch die ganz normalen Hygiene­regeln. Aber es wird sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen, dass die unter Zwölfjährigen sich irgendwann anstecken. Die Frage ist in welchem Tempo und wie man das dann nennt.

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Es geht um den Begriff „Durchseuchung“?

Eine Seuche ist erst mal verbunden mit schweren Krankheiten und ich finde diesen Begriff daher wirklich schwierig. Man könnte auch einfach von Infekt sprechen. Kinder werden sich infizieren, ja. Aber sie werden in Großteilen nicht erkranken. Das muss man sehr gut unterscheiden. Natürlich gibt es einzelne schwere Verläufe. Die gibt es aber bei jeder anderen Infektions­krankheit auch, etwa der Grippe. Insofern sind wir nicht so aufgeregt, wie manch andere.

Kinder werden sich infizieren – aber in Großteilen nicht erkranken.

Kann man bei Kindern denn Corona und Grippe miteinander vergleichen?

Wir würden es nicht mit Grippe vergleichen, weil es eine ganz neue Erkrankung ist, über die wir nicht hundert­prozentig Bescheid wissen. Daher würden wir auch nicht aktiv sagen: Steckt euch alle an! Aber wir müssen uns trotzdem überlegen: Haben wir überhaupt eine Chance, dass sich die Kinder unter zwölf nicht anstecken? Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass wir eh keine Chance haben, dann muss man auch sagen, dass Schutz­maßnahmen, die diese Zeit der Nichtansteckung nur verlängern, gar nicht sinnvoll sind.

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Jakob Maske, Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte

Jakob Maske, Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte

Man sollte die Maßnahmen an den Schulen also beenden?

Wir müssen gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen in Schule und Kita überhaupt noch sinnvoll sind. Was man ganz klar sagen kann: Wenn man Schulen schließt, werden die Schäden für die Kinder und Jugendlichen erheblich schwerer sein, als wenn sie sich anstecken.

Wenn man Schulen schließt, werden die Schäden für die Kinder und Jugendlichen erheblich schwerer sein, als wenn sie sich anstecken.

Schulschließungen werden ausgeschlossen, Quarantäne­regeln werden neu verhandelt. Sind das die Maßnahmen, über die wir diskutieren sollten?

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Absolut. Bisher hat jedes Bundesland seine eigenen Regeln, da müssen wir gemeinsame Regeln finden. Medizinisch ist es oft nicht sinnvoll, was hier entschieden wird. Wir müssen zu guten Regeln kommen, die dazu führen, dass Kinder einen regel­mäßigen und verlässlichen Schul­alltag haben.

Welche Regeln sind denn noch sinnvoll? Was nützt etwa noch das Testen?

Die neuen Quarantäne­regeln, die nur noch das infizierte Kind in Quarantäne schicken wie etwa in Berlin, gehen ja genau in die richtige Richtung. Und natürlich müssen wir uns irgendwann auch fragen, wie sinnvoll das Testen und Hygiene­regeln in der Schule überhaupt noch sind, wenn wir davon ausgehen, dass Kinder sich ohnehin anstecken werden.

Wann ist dafür der Zeitpunkt gekommen?

Wir sind ein Berufs­verband und keine wissenschaftliche Gesellschaft. Ich denke, dass dazu eine wissenschaftliche Gesellschaft in Einklang mit uns Stellung nehmen muss. Das muss auch sofort passieren. Das darf nicht noch Wochen dauern, damit die Schulen auch eine klare Leitlinie haben. Auch Eltern brauchen die Sicherheit, wie dieses Schuljahr verlaufen wird.

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Wir haben nach drei Lockdowns schwerste psychiatrische Erkrankungen, wir haben Adipositas in einem Ausmaß, das wir so noch nicht erlebt haben. Das darf mit unseren Kindern nicht noch mal passieren.

Fallen die Schutz­maßnahmen an den Schulen weg, könnte das für viele Eltern das Signal sein: Die Kinder sind uns egal.

Nein, eben nicht! Wir wollen, dass die Kinder einen geregelten Schul­ablauf haben, weil wir in den letzten anderthalb Jahren gesehen haben, dass die Kinder nach drei Lockdowns in den Schulen einen erheblichen Schaden davon­getragen haben. Und das darf nicht noch mal passieren! Wir haben schwerste psychiatrische Erkrankungen, wir haben Adipositas in einem Ausmaß, das wir so noch nicht erlebt haben. Wir haben Kinder, die zweistellige Stunden­summen täglich vorm Bildschirm sitzen. Das sind Sachen, die wir so nicht akzeptieren können. Das darf mit unseren Kindern nicht noch mal passieren.

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