Veränderung der Arbeitswelt: Woher kommt die Angst vor künstlicher Intelligenz?

Hand in Hand im Arbeitsalltag – oder geht es doch künftig ganz ohne menschliches Hinzutun?

Hand in Hand im Arbeitsalltag – oder geht es doch künftig ganz ohne menschliches Hinzutun?

Frau Carolus, laut einer aktuellen Umfrage des Cybersicherheitunternehmens Kaspersky fürchten knapp 40 Prozent der Berufstätigen bis 30 Jahre, dass der Vormarsch der künstlichen Intelligenz ihren Job gefährde und zur Arbeitslosigkeit führe. Ist diese Angst berechtigt?

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Ich tue mich als Psychologin natürlich schwer, genaue Voraussagen über die wirtschaftliche Entwicklung zu machen. Ich glaube, was sich hier zeigt, ist zum einen die Angst, die Menschen haben, wenn sie auf Veränderungen angesprochen werden. Zum anderen zeigt sich eine relativ konkrete Sorge. Es wird ja tatsächlich schon beeindruckend gezeigt, dass beispielsweise das schlichte Verarbeiten von Big Data von KI besser übernommen werden kann und Diagnosen schneller getroffen werden können, wenn sie nur auf dem Zusammenfügen von Daten bestehen. Die Skepsis einiger Menschen ist also durchaus nachvollziehbar, wenn sie ihr Berufsfeld dadurch bedroht sehen. Bereits heute können Algorithmen einfache, sich wiederholende Tätigkeiten unterstützen oder übernehmen. In Zukunft wird dies zunehmen und Jobs werden wegfallen.

Andererseits zeigen die unter 31-Jährigen auch viel Optimismus: Knapp die Hälfte glaubt, dass KI mehr Raum für Kreativität und Kommunikation im Arbeitsalltag schaffen könne, weil sie monotone Arbeiten im Job übernehmen könne.

Natürlich findet sich hier ein gewisser Zwiespalt. Er beruht schlichtweg darin, dass wir nicht wirklich wissen, was da eigentlich auf uns zukommt. Auf der einen Seite hören wir natürlich von positiven Aspekten: das einfache Arbeiten, dass ausführende Tätigkeiten einem abgenommen werden können und die eigene Arbeit entlastet wird. Und dann gibt es die andere Seite, wo es bis hin zur Angst geht, dass vielleicht der eigene Job wegfällt. Hier zeigt sich also ein Zwiespalt zwischen den Chancen, die künstliche Intelligenz mit sich bringt, und den Gefahren. Wobei sich zeigt, dass junge Menschen tendenziell eine eher chancenorientierte Perspektive im Vergleich zu älteren Menschen haben.

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Sie sagen also, dass junge Menschen eher die Chancen der KI sehen als ältere?

Wenn man sich vergleichbare Studien anschaut, sind jüngere und ältere Altersgruppen vergleichbar unentschlossen, ob künstliche Intelligenz eher Gefahren oder eher Chancen mit sich bringt. Über die Altersgruppen hinweg werden tendenziell eher Chancen gesehen, wobei ein recht konstanter Teil von 20 Prozent angibt, die Entwicklungen nicht einschätzen zu können.

Stehen junge Menschen Veränderungen nicht eher positiv gegenüber?

Grundsätzlich betrachten junge Menschen Veränderungen im Rahmen der Digitalisierung eher positiv, ältere Menschen sind eher skeptisch gegenüber digitalen Medien. Im Kontext von KI zeigt sich aber, dass hier weniger das Alter, sondern die Kenntnis über KI entscheidend ist: Wer sich mit dem Thema auskennt, sieht eher die Chancen. Menschen, die sich weniger auskennen, sehen deutlich weniger Vorteile. Dieser Effekt zeigt sich über die Altersgruppen hinweg.

Ein Ergebnis der Kaspersky-Studie zeigt in diesem Kontext einen spannenden Aspekt: Die Generation der Millennials (25-30 Jahre alt) sieht die Vorteile von KI im Beruf häufiger als die Generation Z (16-24 Jahre alt). Wie lässt sich das erklären?

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Das ist tatsächlich ein interessanter Befund, über den ich auch nur spekulieren kann. Es könnte sein, dass bei jungen Menschen, die schon etwas mehr Erfahrung in einem Berufsbereich gesammelt haben, eine Art Entwarnungstendenz auftritt. Das bedeutet: Sie sind schon ein bisschen länger im Beruf und erkennen, dass der doch nicht so schnell wegfallen wird. Bei den 16 bis 24-Jährigen dürfte dieser Erfahrungswert noch nicht ganz so hoch sein.

Könnte es auch daran liegen, dass die Generation Z im Vergleich zu den Millennials ein bisschen pessimistisch-realistischer auf die Welt blickt?

Ich bin bei diesen Generationszuordnungen grundsätzlich ein bisschen skeptisch, da gehen die Meinungen auseinander, wie belastbar diese Zuordnungen sind. Was wir aber natürlich merken, ist, dass uns die ganz jungen Akteurinnen und Akteure gerade im Kontext von beispielsweise Fridays for Future durchaus gesellschaftskritisch begegnen. Es ist als Idee also tatsächlich spannend, ob sich hier möglicherweise ein Querverweis zeigt.

Die Arbeitswelt verändert sich durch die Digitalisierung auch an anderen Stellen. Während der Corona-Pandemie wurde Homeoffice und Meetings über Videotelefonie Standard. Was sind die Chancen dieser Entwicklung?

Was wir definitiv in der Corona-Krise erlebt haben und noch weiterhin erleben, ist ja auf ganz vielen Ebenen und für viele Menschen total heftig. Da haben sich Jobprofile in so vielen Bereichen um 180 Grad gedreht. Die Zwänge durch die Corona-Krise haben an ganz vielen Stellen für ungeahnte Möglichkeiten gesorgt. In diversen Firmen und Organisationen, wo Homeoffice vorher undenkbar war und mit Horrorszenarien belegt wurde, geht das plötzlich, weil es gehen musste. Was wir hier alle gelernt haben, ist, was für Chancen die Digitalisierung hat. Ich denke an Homeoffice, denke aber auch an die Flexibilisierung von Anwesenheitszeiten im Büro. Was sich andeutet ist, dass nicht nur die Arbeitnehmer Chancen sehen, sondern auch die Arbeitgeber erkennen, dass es ja trotzdem weiterhin funktioniert.

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Was können wir in Bezug auf die Integrierung von künstlicher Intelligenz daraus lernen?

Ich finde die Analogie zur Digitalisierung allgemein interessant. Denn der Prozess der Digitalisierung läuft ja nicht erst seit gestern, aber gefühlt läuft er doch erst seit gestern. Der Prozess war nicht wirklich präsent in Politikentscheidungen, Deutschland war und ist bei der Digitalisierung immer ein bisschen hinten dran. Aus dieser Entwicklung können wir im Hinblick auf die KI sehr gut lernen. Was hier drinsteckt, ist ein Bildungsauftrag, den wir bei der Digitalisierung vielleicht ein bisschen zu spät erkannt und verschlafen haben. Der Appell ist also klar: Wir müssen lernen, was KI ist und wie sie funktioniert. Wir müssen nicht alle programmieren können, aber die grundsätzlich technischen Aspekte von KI begreifen. Die Gesellschaft sollte versuchen, diese Entwicklung zu gestalten – und zwar besser als es bei der Digitalisierung passiert ist.

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