Sollten wir Apple, Google und Co. in unsere Häuser lassen?
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Sprachassistenten sind ein wichtiger Teil des Smart Homes.
© Quelle: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Hannover. Nicht mehr an jede Kleinigkeit denken müssen – wer wünscht sich das nicht? Nie wieder keine Milch im Kühlschrank. Nie wieder die Wäsche in der Waschmaschine vergessen. Nie wieder nach Hause kommen und denken: Ist das kalt hier. Das Versprechen des Smart Homes ist so einfach wie verlockend: Ich mache dein Zuhause gemütlich, sicherer – und bin sogar noch gut fürs Klima. Das Smart Home will kein weiterer nerviger Mitbewohner sein, sondern ein Butler für alle, die sich keinen leisten können. „Downton Abbey“ für das 21. Jahrhundert.
Komfort, Sicherheit, Energieeffizienz – das sind auch genau die Gründe, aus denen sich Menschen derzeit entscheiden, ein smartes Gerät ins Haus zu holen. Von der Vision des voll vernetzten, selbstständig agierenden Hauses sind die einzelnen smarten Lampen oder Rollläden aber noch weit entfernt. Doch das ist wohl nur eine Frage der Zeit. Denn Apple, Amazon und Google sind da. Die großen Techkonzerne haben die Tür ins Smart Home aufgestoßen und machen es sich am Küchentisch, im Bett und in der Garage gemütlich.
Google und Co. sind bequem – aber zu welchem Preis?
Es ist Phase zwei einer Entwicklung, die die Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff als „Überwachungskapitalismus“ bezeichnet: Nachdem uns die Techkonzerne auf Schritt und Tritt durchs Internet verfolgt haben, wird jetzt das Offline-Leben zur Datenquelle. Google, Amazon und Co. preisen die Vorteile des voll vernetzten Lebens, sie messen unseren Herzschlag und wollen uns in ihren autonomen Autos durch die Städte kutschieren. Und es stimmt ja auch: Die Apple Watch kann inzwischen Leben retten, ein Smart Home Energiekosten senken und Alltagsstress abfangen.
Und doch bleibt ein – bestenfalls – mulmiges Gefühl. Dabei geht es nicht nur um Datensicherheit. Sollten Amazon, Google und Apple, sollte eine Handvoll Techkonzerne uns, unser Leben, unsere Gefühle und Wünsche wirklich bis in den kleinsten Winkel erkunden und erforschen? Denn so viel ist klar: Sie handeln dabei nicht aus Altruismus, sie wollen Geld verdienen. Deshalb interessieren sich Google und Co. für das Smart Home: Hier lauern quasi überall Daten, die sich die Unternehmen nach ihrer eigenen Logik nicht entgehen lassen können.
Alternativen zu Google, Amazon und Apple
Für die Nutzer ist das bequem: Ein System begleitet sie durch den ganzen Tag. Die Smart-Home-Technologie krankte schließlich in der Vergangenheit daran, dass es zu viele verschiedene Systeme, zu viele Insellösungen gab. Dass Google, Amazon und Co. jetzt auf dem Markt sind, muss aber nicht unbedingt heißen, dass es zukünftig kein Vorbei mehr an ihnen gibt. „Alternative Systeme wird es immer geben“, glaubt Bitkom-Experte Sebastian Klöß. Vielleicht sollte man, bevor man Google, Amazon und Co. die Tür ins eigene Zuhause öffnet, darüber nachdenken, auf sie zu setzen. Auch wenn das auf Kosten des Komforts geht.
Noch hat das Smart Home den Massenmarkt nicht erreicht. Doch für die Techkonzerne ist klar: Das smarte, vernetzte Leben ist der unausweichliche Weg in die Zukunft. Beim Smartphone oder etwa den sozialen Netzwerken lagen sie mit ihrer Einschätzung richtig, konnten in diese Zukunft vorpreschen. Vieles, was uns einmal unnötig vorkam, ist heute Alltag. Vielleicht belächeln wir in einigen Jahren Menschen, die keinen sprechenden Alexa-Backofen haben, ähnlich wie wir es heute bei SMS-Tippern mit Nokia-Handys tun. Doch inzwischen ist der Widerstand gegen die Macht der Konzerne größer geworden – zumindest ein bisschen. Vielleicht gelten Menschen, die sich gegen sie in ihrem Zuhause entscheiden, in Zukunft als klug.