Nintendo Switch Sports im Test: Gold für Familien
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Bowling war bei Wii Sports eine der beliebtesten Disziplinen – und auch bei Switch Sports ist sie wieder dabei.
© Quelle: Nintendo
Eigentlich ist Bowling ja ganz einfach. Den Ball halbwegs mittig so werfen, dass er gerade zum Ende der Bahn rollt und dort alle Pins umwirft – fertig ist der Strike. Doch im Halbfinale des Onlinespiels wollen sie nicht mehr gelingen. Die Führung schmilzt. Ist der Controller schuld? Die Zuschauer auf dem Sofa schütteln den Kopf:
„Diesmal hast du dich zu schnell bewegt.“
„Den hast du nach links gezogen, das sieht man doch.“
„Jetzt bist du hektisch geworden.“
Am Ende einer nervenaufreibenden Onlinerunde, die mehrheitlich von Menschen mit „Dad“ oder „Grandma“ im Nutzernamen bestückt wird, steht trotzdem das Erfolgserlebnis. Die Punkte reichen allemal für das nächste Accessoire. Freigeschaltet wird eine Brille mit dickem Rahmen. Endlich sieht der Avatar dem Menschen vor dem Bildschirm etwas ähnlicher.
Das Wort zum Sport
„Nintendo Switch Sports“ ist ein neues Spiel, zu dem es eigentlich nicht viel zu erklären gibt. Hersteller, Plattform und Inhalt ergeben sich aus dem Titel. Wie schon beim Hitspiel „Wii Sports“ geht es darum, in einer Handvoll verschiedener Disziplinen mit- und gegeneinander anzutreten. Gesteuert wird natürlich mit dem Bewegungscontroller, fast ohne Knopfdrücke und Joystick. Alle können mitmachen.
Deutlich mehr Mitspieler stehen bereit, wenn online gespielt wird. Mit dem kostenpflichtigen Nintendo Switch Online ist es möglich, gegen Spielerinnen und Spieler aus aller Welt anzutreten. Bei den ersten Testrunden am Wochenende nach der Veröffentlichung kamen sie auch wirklich von überall – japanische Schriftzeichen, englische Namen und holländische Titel sind uns begegnet. Funktioniert hat alles sehr rund; nicht zuletzt, weil vor allem über einfache Emojis kommuniziert wird.
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Beim Tennis machen Timing und Schnelligkeit einen großen Unterschied.
© Quelle: Nintendo
Dabeisein ist einfach
Nintendo Switch Sports soll offensichtlich ein Spiel für alle sein; zumindest für alle, die ihre Switch am Fernseher anschließen, mehrere Joy-Cons besitzen und sich den Onlineservice leisten. Sind die Voraussetzungen erfüllt, bekommen Wohnzimmersportler alles sehr genau erklärt. Die Tutorials sind ausführlich und kleinschrittig. Wer sich danach noch falsch bewegt, wird in der Regel vom Spiel darauf hingewiesen.
Die laufenden Hinweise auf das Befestigen der Handgelenksschlaufe, auf nötige Abstände, auf regelmäßige Spielpausen werden etwas nervig und machen die Sache umständlicher. Doch spätestens beim Spiel mit Menschen unter sechs Jahren wird deutlich, dass die Hinweise berechtigt sind. Im Eifer des Gefechts kann sonst der Schmetterball schnell zum versehentlichen Boxschlag werden.
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Manche Menschen suchen fast zwanghaft nach den neuesten Negativnachrichten im Internet. Eine Neuropsychologin warnt: Diese Verhalten kann unsere Stimmung dauerhaft negativ beeinflussen und hält uns davon ab, uns auf wichtige Dinge zu konzentrieren.
Moderner Sechskampf
Gespielt wird meist mit einem, gelegentlich auch mit zwei Joy-Cons in den Händen. Zur Steuerung werden die Sportarten pantomimisch mit dem Oberkörper nachgeturnt. Beim Bowling ist das besonders intuitiv und ohne Zeitdruck wirklich für alle Menschen spielbar, die ihren Arm ruhig schwingen können. Tennis erklärt sich ebenfalls fast von selbst – doch hier machen Timing und Schnelligkeit schon einen großen Unterschied.
Volleyball steuert sich mit seinen verschiedenen Techniken überraschend natürlich. Am schwierigsten fällt es, beim Spielen stehenzubleiben und nicht nutzlos im Wohnzimmer hin- und herzurennen. Badminton ist ein sehr schnelles Spiel, bei dem es auf kleine, gezielte Handbewegungen ankommt.
Komplex fühlen sich vor allem Fußball und Chanbara an. Fußball ist mit dem Oberkörper allerdings weniger natürlich. Das virtuelle Torwandschießen mit Beingurt funktioniert OK, wirkt aber mit dem sonst nicht benötigten Stück Stoff wie ein Gimmick. Vor allem online macht die normale Partie mit Riesenball und Feldspielern Spaß – doch Schießen per Wink und Rennen mit Joystick haben nichts mehr mit dem abgebildeten Sport zu tun. Chanbara ist Schwertkampf: Wie in einer Gameshow stehen die Kontrahenten auf einer Plattform und müssen den Gegner ins Wasser prügeln. Beim Parieren und Zuschlagen zeigt sich, wie präzise die Joy-Cons jede Bewegung erkennen.
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Um bei Switch Sports Fußball spielen zu können, benötigen Spielerinnen und Spieler einen Beingurt.
© Quelle: Nintendo
Feines Händchen
Die Bewegungssteuerung funktioniert überhaupt sehr gut, eine ganze Stufe über früheren Systemen von Nintendo und anderen Herstellern. Nach dem schnellen Kalibrieren läuft das Spiel sehr zuverlässig. Und beim wiederholten Spielen fallen immer wieder neue Feinheiten ins Auge. Der Spin eines Bowlingballs, der genaue Zeitpunkt eines Schlages, das lässt sich mit der Zeit immer genauer kontrollieren. So belohnt Switch Sports alle, die dranbleiben und trainieren.
Wie weit die Sportlerinnen und Sportler es hier bringen können, das lässt sich wenigstens ahnen. In einigen Onlinerunden sind uns Spieler begegnet, die jeden kleinen Fehler mit unbarmherzig platzierten Schmetterbällen bestrafen. Allerdings gab es auch schon Bowlingturniere, in denen die Hälfte des Teilnehmerfeldes kaum einen Pin traf. Wie viele Menschen hier auf Dauer teilnehmen, und wie hart der Wettkampf noch wird, das lässt sich kurz nach dem Verkaufsstart kaum abschätzen.
Mehrmals in der Woche Sport?
Nintendo setzt durchaus darauf, dass viele Menschen mitspielen. Die fröhlichen Spielfiguren können sehr umfangreich gestylt und umgezogen werden. Doch die Optionen sind zu Beginn mehr als dürftig. Früher hat Nintendo darauf gesetzt, dass alle Menschen sich einen Mii gestalten, der als eine Art virtuelles Spiegelbild funktioniert. Miis lassen sich hier zwar auch noch verwenden, aber diesmal geht es eher darum, den Wunschlook langwierig freizuspielen. Das kann als Motivation funktionieren – es kann aber auch frustrierend sein.
Überhaupt ist die Frage offen, für wie lange Nintendo Switch Sports Spaß machen will. Ganze Sportarten könnten hier noch nachgereicht werden, Golf ist für den Herbst 2022 angekündigt. In der „Pro League“ sollen Dauerspieler eingefangen, nach Rängen sortiert und aufeinander losgelassen werden. Durchaus möglich, dass sich eine lebendige Szene in diesem sicheren Bestseller hält.
Bisher wirkt Switch Sports eher wie eine freundliche Abwechslung, nicht wie ernster Sport. Als Familien- und Partyspiel ist es aus dem Stand ein großer Spaß und einer der besten Titel der Plattform. Doch der Spaß nutzt sich nach der einen oder anderen Stunde ab. Wer sich regelmäßig allein vor den Fernseher stellen und anhaltend Sport treiben will, der landet doch eher beim klassischen Heimtraining. Für Nintendos Dauerbrenner „Ring Fit“ ist „Switch Sports“ keine Konkurrenz. Aber „Mario Party“ kann einpacken.