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Künstliche Intelligenz im Selbsttest

Machen ChatGPT und Co. den Büroalltag leichter?

Ein Anbieter hebt sich bei den Tests deutlich aus der Masse heraus: Midjourney.

Ein Anbieter hebt sich bei den Tests deutlich aus der Masse heraus: Midjourney.

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Nein, dieser Artikel wurde nicht von einer KI geschrieben. So weit ist auch die viel gehypte Anwendung ChatGPT noch nicht. Doch zumindest für gewisse Hausaufgaben scheint sich das System bereits zu eignen.

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Einen Text auf Wunschlänge zu Wunschthemen kann das System ausspucken. Noch wirkt der Stil eher einfach und monoton. Außerdem können immer wieder massive Sachfehler auftreten. Solche Systeme würden eben nur „sprachliche Äußerungen mit Wahr­scheinlichkeiten“ berechnen, sie seien deswegen „für Qualitäts­journalismus keine Gefahr“, hat Professorin Ute Schmid, Leiterin des Lehrstuhls für Kognitive Systeme der Uni Bamberg kürzlich in einem Pressegespräch klargestellt.

Aber die Aufregung um die Möglichkeiten des Maschinen­lernens ist nach­voll­ziehbar. Sie wird auch von Forschenden geteilt. Nach Einschätzung von Dr. Thilo Hagendorff vom Exzellenz­cluster Machine Learning der Uni Tübingen bringt die Kombination Sprachmodelle und anderen KI-Systeme Potenzial für „massive“ Veränderungen mit; den „gesellschaftlichen Impact“ male sich keiner aus.

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Vier Aufgaben für die KI

Für einen deutlichen Impact im Büro bräuchte es noch keine KI, die gute Texte selbst recherchiert und schreibt. Viele Aufgaben müssen zwar sorgfältig und wiederholt ausgeführt werden, fordern aber wenig Denkleistung oder Kreativität. Drei Aufgaben, die nicht nur in journalistischen Büros anfallen, haben wir für diesen Artikel getestet:

  1. Eine E‑Mail in geschäftlichem Stil auf Englisch schreiben.
  2. Ein Diktat oder Interview abschreiben.
  3. Einen geschriebenen Text überarbeiten.
  4. Außerdem haben wir uns an eine kreative Aufgabe gewagt, die wir selbst nicht beherrschen und die als schwierig und menschlich gilt: eine passende Illustration für den Artikel erstellen.

„Dear Dr. Lovelace“ – eine Mail von GPT

Einen Text in natürlicher Sprache zu bestellen, geht ganz einfach auf ChatGPT. Wir geben eine detaillierte Bestellung auf Deutsch ein: „Schreibe mir eine Interviewanfrage per Mail …“. Und in Sekunden spuckt das System Text in blitzsauber formuliertem Business­englisch aus. Dass ChatGPT nicht besonders originell textet, ist in diesem Kontext genau richtig. Eine geschäftliche Mail soll schließlich vor allem schnell verstanden werden, sie muss sich deswegen an Konventionen halten.

chatgpt-maillovelace

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Unbearbeitet würden wir den Text aber nicht verschicken. Er ist langatmig und sehr förmlich. Außerdem fällt er einige schlechte Entscheidungen. Zur Betreffzeile haben wir keinen Wunsch eingegeben. Der Vorschlag von ChatGPT, „Invitation for an Interview with Dr. Lovelace“ ist sachlich richtig, klingt aber nichts­sagend wie Spam und würde wahrscheinlich ungelesen in jeder Inbox untergehen. Er müsste komplett neu geschrieben werden. Der eigentliche Text aber müsste nur ein wenig gekürzt und modifiziert werden. Mit diesem Tool könnten wir tatsächlich die eine oder andere Arbeitsminute sparen.

Das Schreiben einer Mail dauert allerdings selbst nur ein paar Minuten. Außerdem lassen sich geschäftliche Mails auch mit herkömmlichen Vorlagen und Textbausteinen schneller erstellen, ganz ohne KI. Sollte aber Microsoft wirklich demnächst die Möglichkeiten dieses Chatbots in die eigene Office-Software integrieren, wäre der Griff dazu naheliegend.

Transkribtionen von „Whisper“

Größer ist das Potenzial von KI, wenn die Anwendungen nicht nur über einfache Webseiten bedient werden. Bei der zweiten Aufgabe geht es um ein Interview. Die 15‑minütige Audiodatei soll in einen Text verwandelt werden. Statt über einen Webservice wollen wir das Tool „Whisper“ nutzen. Es ist wie ChatGPT eine Entwicklung von OpenAI. Die Software kann frei aus dem Internet geladen werden. Ganz einfach ist die Installation nicht, aber wer die Eingabe­aufforderung findet und die kleinteilige englischsprachige Anleitung befolgen kann, der bekommt die Software auf den Computer.

Einmal installiert ist die Anwendung dann bemerkenswert geräuschlos – bis auf den Lüfter des Rechners, der losröhrt, weil die Analyse der Audiodatei viel Rechen­leistung fordert. Auf dem etwas altersschwachen Windows‑PC dauert es fast eine Drei­viertel­stunde, aber dann wird makelloser deutscher Text ausgegeben.

Hype um Chat GPT: KI-Chatbots werden unser Leben verändern – sind sie eine Gefahr?

Der Chatbot ChatGPT kann auf Wunsch so ziemlich jede Art von Text generieren: Gedichte, alternative Enden von Büchern oder wissenschaftliche Artikel. Das gelingt oft erstaunlich gut – und macht es schwieriger, einen KI-generierten Text von dem eines Menschen zu unterscheiden. Expertinnen und Experten sehen darin Gefahren, aber auch Chancen.

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Grundsätzlich sind Diktierfunktionen auf dem Computer nichts neues. Aber trotz mehrerer Sprecher über unterschiedlich gute Telefon­verbindungen erreicht die Transkription hier ein neues Niveau. Sie ist fast fehlerfrei, inklusive Satzzeichen: „Ich starte jetzt die Aufnahme. Okay, wollt ihr noch mal was sagen?“, beginnt der Text und geht über 17.000 Zeichen so weiter. Diese Technologie wird in Zukunft Stunden des Mithörens und Nachkorrigierens sparen. Whisper bleibt installiert.

Texte schreiben mit Deepl

Bei der Korrektur von Texten ist der Computer längst breit im Einsatz. Rechtschreib- und Grammatikfehler werden nicht mit hundert­prozentiger Trefferquote bemerkt, aber die automatische Kontrolle in Programmen wie Word ist eine handfeste Arbeits­erleichterung. Nun gehen wir einen Schritt weiter und bitten den Service Deepl Write um die Verbesserung eines Textes. Der Dienst verspricht eine tiefergehende Überarbeitung. Er will Texte „klar, präzise und fehlerfrei“ machen.

Und siehe da: Der Text wird zumindest in Teilen besser. Wir kopieren den obigen Absatz in die Eingabemaske und prompt gibt es gute, deutlich markierte Vorschläge. Deepl Write empfiehlt eine „spürbare Arbeits­erleichterung“ statt einer „handfesten“ – das ist anschaulicher, es ist besser. Aus der „tiefer­gehenden“ will der Service eine „gründliche“ Überarbeitung machen. Solche Vorschläge lassen wir uns auch von menschlichen Lektorinnen und Lektoren gern gefallen. Deepl Write macht bei unserem Test ausschließlich nachvoll­ziehbare Vorschläge. Wenn so eine Stilkontrolle bald in Word landen würde, wäre das tatsächlich eine Hilfe bei der Überarbeitung. Unzählige lieblos geschriebene Aufsätze und Hausarbeiten könnten mit diesem Tool aufgewertet werden.

Bildgenerierung mit Fehlerquote

So wie Whisper lässt sich auch der Bildgenerator Stable Diffusion auf Computern installieren. Doch die Anwendung entpuppt sich als deutlich komplexer.

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Grundsätzlich ist die Bild­generierung einfach: Eine Textanfrage formulieren, schon werden passende Bilder ausgegeben. Bei der Anwendung auf dem eigenen PC aber zeigen sich all die Rädchen und Hebelchen, die von Profis eingestellt werden könnten. Die selbst mit Stable Diffusion generierten Bilder zeigen stets Fehler, merkwürdige Artefakte in den Affengesichtern.

Die Bildgenerierung mit Stable Diffusion ist einfach – aber die Bilder zeigen stets Fehler, merkwürdige Artefakte in den Affengesichtern.

Die Bildgenerierung mit Stable Diffusion ist einfach – aber die Bilder zeigen stets Fehler, merkwürdige Artefakte in den Affengesichtern.

Nach einer langen Galerie missratener Affenbilder wenden wir uns einer einfacheren Version zu: Zahlreiche Apps und Webseiten helfen bei der Generierung. Hier werden Voreinstellungen empfohlen, Beispiele herumgereicht und fertige Rezepte angeboten.

Einfach wird das Bilderbasteln damit aber nicht. Dienste wie Wonder und Starryai können einfache Bestellungen, etwa ein Portrait, sauber darstellen. Auch Laptops sehen auf den ersten Blick überzeugend aus. Auf den zweiten aber erinnert die vermeintliche Tastatur eher an Schokoladensplitter.

Auf den ersten Blick überzeugend, auf den zweiten erinnert die Tastatur eher an Schokoladensplitter: Bildgenerierung mit Starryai.

Auf den ersten Blick überzeugend, auf den zweiten erinnert die Tastatur eher an Schokoladensplitter: Bildgenerierung mit Starryai.

Bei unseren Tests hebt sich ein Anbieter deutlich aus der Masse heraus: Midjourney. Das Programm des gleichnamigen Studios schlägt seit seiner Einführung im Sommer 2022 hohe Wellen. Bei der Anwendung merken wir, warum. Hier müssen wir Anfragen etwas umständlich in einen Chat eingeben, aber die ausgegebenen Bilder passen deutlich besser zu unseren Anfragen als alles, was wir aus den Generatoren der Konkurrenz herausbekommen. Wir wünschen uns zwei Computer, die einander anschauen. Eines der vier Ergebnisse passt gut zu unserem Wunsch.

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Ein Anbieter sticht heraus

Auf den ersten Blick ist die Leistung von Midjourney beeindruckend. Tatsächlich generiert das Tool auch viel Ausschussware und produziert immer wieder Fehler, aber es wird bereits kommerziell eingesetzt. Das könnte ein Problem sein. Midjourney wurde genauso wie Stable Diffusion verklagt. Um selbst Bilder zu generieren, werden solche Modelle anhand großer Datenmengen trainiert. Künstlerinnen und Künstler wehren sich dagegen, dass ihre Bilder dafür eingesetzt werden.

Ein Anbieter hebt sich bei den Tests deutlich aus der Masse heraus: Midjourney.

Ein Anbieter hebt sich bei den Tests deutlich aus der Masse heraus: Midjourney.

Arbeit bleibt anders

Die konkreten Anwendungs­möglichkeiten des Maschinen­lernens werden noch erforscht. Einerseits ist nicht klar, was genau die Modelle können. Neue Einsatzzwecke werden entdeckt und entwickelt. Andererseits ist unklar, in welche Gesellschafts­bereiche sie eingreifen. Sie können Jobs erleichtern oder überflüssig machen.

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Einfache Tests wie in diesem Artikel zeigen aber, dass die Möglichkeiten des Maschinen­lernens zahlreich sind. Nicht nur Forscher wie Hagendorff erwarten massive Veränderungen durch die Technologie. Sie vereinen offensichtliche Risiken mit überraschenden Nutzwerten. Wie wir sie bewerten wollen, damit muss sich unsere Gesellschaft jetzt auseinander­setzen.

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