Im Netz der Trump-Anhänger: Was ist die Plattform Parler?
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Eine Social-Medie-Plattform erfährt in den USA aktuell enormen Zuwachs: Parler.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire/Screenshot/Montage RND
Ein neues soziales Netzwerk hat in den vergangenen Tagen für viel Aufmerksamkeit in den USA gesorgt. Parler heißt das Medium mit entsprechender App, das in seiner Funktionsweise an eine Mischung aus Twitter und Facebook erinnert. Auf Parler besteht die Möglichkeit, Accounts zu folgen, Beiträge im Newsfeed können geteilt und kommentiert werden. Die maximale Zeichenzahl ist auf 1000 Zeichen pro Posting begrenzt. Die App schaffte es in der vergangenen Woche an die Spitze der US-Download-Charts im Google Play Store sowie im App Store.
Die turbulente US-Wahl dürfte den Zuwachs der Plattform befeuert haben. Denn hier versammeln sich seither vor allem Trump-Anhänger. Zahlreiche Republikaner wie der Senator Ted Cruz, Trump-Berater Rudy Giuliani oder die Gouverneurin Kristi Noem haben sich einen Account auf der Plattform zugelegt und zahlreiche Follower um sich versammeln können. Auf Twitter riefen sie ihre Anhänger dazu auf, fortan nur noch Parler zu nutzen.
Sammelbecken für Falschinformationen
Auch Verschwörungstheoretiker rund um die Qanon-Bewegung und Ultrarechte finden auf Parler Platz, um sich kundzutun. Seit Kurzem sind zudem Anhänger der europäischen Identitären Bewegung und Mitglieder der AfD auf Parler unterwegs. Während andere Netzwerke wie Twitter und Facebook zunehmend gegen Gruppen, Einzelpersonen und Seitenbetreiber aus den entsprechenden Milieus vorgehen, um Hass, Hetze und Fake News einzudämmen, bietet die junge Plattform ein Sammelbecken für allerhand krude Falschinformationen. Wer sich bei Parler anmeldet, erhält zugleich zahlreiche Follower-Vorschläge für Accounts und Personen aus dem rechtskonservativen Spektrum.
So tauchen auf der ersten Seite der Empfehlungen unter anderem der konservative Blog „American Greatness“ und die rechtspopulistische Plattform „PragerU“ auf, die den Klimawandel verharmlost und Polizeigewalt gegen Schwarze leugnet. Der ebenfalls empfohlene Account „Transparency 2020“ kommt im offiziellen Parler-Design daher und teilte in der Vergangenheit unter anderem zahlreiche Beiträge der rechten Zeitung „Epoch Times“. Als beliebte Hashtags tauchen vor dem Hintergrund von Trump Behauptungen zum Wahlbetrug #stopthesteal sowie die Verschwörungstheorien rund um die #Qanon-Bewegung auf.
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Auf Parler werden Nutzern vor allem Accounts von Konservativen wie Ted Cruz oder Mark Levin vorgeschlagen.
© Quelle: Screenshot Parler
Hinter der Plattform mit dem französischen Namen steht ein US-Unternehmen, das im Jahr 2018 von John Matze und Jared Thomson gegründet wurde. Mittlerweile zählt Parler rund zehn Millionen Nutzer und vier Millionen täglich Aktive. Zu den Investoren zählt laut „Wall Street Journal“ unter anderem die konservative Trump-Anhängerin und Lobbyistin Rebekah Mercer, deren Familie auch die rechte Nachrichtenwebsite „Breitbart“ unterstützt.
Parler: Nur wenige Inhalte sind verboten
In der App-Store-Beschreibung betitelt sich Parler als „nicht voreingenommenes soziales Medium mit freier Meinungsäußerung“. Sämtliche Inhalte sind demnach frei von jeglicher Moderation. „Wir ziehen es vor, dass die Entfernung von Mitgliedern oder von durch Mitglieder bereitgestellte Inhalten auf das absolute Minimum beschränkt wird. Wir ziehen es vor, Entscheidungen darüber, was gesehen und wer gehört wird, jedem Einzelnen zu überlassen. In keinem Fall wird Parler auf der Grundlage der in dem fraglichen Inhalt geäußerten Meinung entscheiden, welche Inhalte entfernt oder gefiltert werden oder wessen Konto entfernt wird“, heißt es in den knappen Community-Richtlinien der Plattform. Lediglich bei Pornografie, Inhalten terroristischer Vereinigungen und Urheberrechtsverletzungen greifen Moderationsmechanismen.
Im Gespräch mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) kritisierte Parler-Gründer John Matze Facebook und Twitter für ihre Vorgehensweise. Durch Algorithmen, Moderation und Sperren würden Nutzer lediglich ein verzerrtes Bild sehen, eine wirkliche Diskussionskultur und Meinungsbildung könne so nicht mehr entstehen, sagte er der Zeitung.
Besonders exemplarisch für den Umgang von Parler mit fragwürdigen Inhalten ist das sogenannte „Plandemic“-Video. In dem Beitrag werden zahlreiche Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus propagiert. Twitter, Youtube und Facebook löschten den Clip, der sich im Frühjahr verbreitete. Parler hingegen postete die Falschinformationen mit dem offiziellen Account. „Wir haben unseren Nutzern das Video zeigen und sie selbst entscheiden lassen wollen, was sie davon halten“, sagte Matze der „NZZ“.
Ob sich Parler tatsächlich als Twitter- oder Facebook-Alternative eignet, ist fraglich. Derzeit hat die Plattform vermehrt mit technischen Problemen zu kämpfen. Zudem führt die fast vollständige Abwesenheit von Moderation zu einer Flut von Spam und Nacktbildern. Für Präsident Donald Trump könnte das Netzwerk zur Alternative werden. Wenn er mit dem Amtsantritt von Joe Biden seine geschützte Funktion auf Twitter verliert, droht ihm dort eine Sperre.