25 Jahre Pokémon: Deshalb sind die Taschenmonster immer noch so beliebt
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Immer noch ein Verkaufsschlager: das Pokemon-Kartentauschspiel. Seit dem Verkaufsstart in Großbritannien sind über 41 Millionen Karten verkauft worden. 150 verschiedene Pokemon gibt es – jedes mit einzigartigen Eigenschaften und deshalb bei Kindern auch als Sammelobjekt heißbegehrt. Auch das neue Pokemon-Gameboyspiel ist in Deutschland ein Renner.
© Quelle: picture-alliance / dpa
Im Jahre 1999 schlägt auf den deutschen Schulhöfen eine Popkulturbombe ein. Bisasam, Glumanda, Schiggy und Pikachu sind vier der 151 Namen, die in aller Munde sind. Das Pokémon-Franchise hat Europa erreicht und feiert einen Millionenerfolg. Via Gameboy werden virtuelle Monster getauscht und in den Kampf geschickt. Kinder reden über ihre Lieblingswesen und Geheimnisse in der Spielwelt, blicken täglich mit Spannung auf die neue Folge der Zeichentrickserie. Manche sehen damals nur einen weiteren Trend, der so schnell wieder gehen wird, wie er kam. Doch die Pokémon sind gekommen, um zu bleiben.
Die Grundlagen für diesen Hype werden einige Jahre zuvor gelegt: Am 27. Februar 1996 erscheint das erste „Pokémon“-Videospiel in Japan. Verantwortlich zeichnet der heute 55-jährige Satoshi Tajiri. Der begeisterte Käfersammler lässt sich von seinem Hobby inspirieren und entwirft 151 Monster, mit denen er eine virtuelle Welt bevölkert. Nintendo, das das Spiel veröffentlicht, ist vom kommerziellen Erfolg der Marke überrascht – also wird bei der Pokémon Company die Merchandisemaschine angeworfen. Drei Jahre später schwappt die Marke nach Deutschland und Europa, und das auf gleich mehreren medialen Kanälen. Seitdem ist Pokémon unverrückbarer Bestandteil der Popkultur und genießt eine bis heute anhaltende Popularität. Woher rührt der Erfolg?
Die Monster sind individuelle Wesen
„Die Spiele machen mehreren Zielgruppen Angebote“, sagt Gunnar Lott, Gründer des Videospielmagazins „Gamepro“. Zum einen sei da das Sammeln der Monster, die keine gesichtslosen, unpersönlichen Dinge seien, sondern individuelle Wesen. „Und das wird fundiert von einer ganz soliden Rollenspielmechanik“, meint der 51-Jährige. „Die ist nicht besonders originell, aber sehr benutzerfreundlich und gut lesbar. Es ist einfach ein gutes Rollenspiel mit Tiefe.“
Ein weiterer Grund für den Erfolg ist laut Lott das Zusammenwirken der unterschiedlichen Medienformen: Neben den Videospielen sind da noch das Kartenspiel sowie die Zeichentrickserie, die das Universum ausbaut. Diese Dreiteilung wirke effektiv zusammen und erschaffe einen ganz eigenen Popkulturkosmos, sagt er. „Das gibt es nicht oft auf der Welt, außer vielleicht bei Star Wars.“
Prägende Kontakte in der Schulzeit
Katharina Stratmann, Leiterin der Pokémon-Fanwebsite „Bisafans“ mit einem 82 .000 Mitglieder starken Forum, ist das erste Mal in der Grundschule in Kontakt mit Pokémon gekommen. Vor allem der Austausch mit Freundinnen und Freunden etwa über Fundorte der Pokémon habe damals im Vordergrund gestanden. Später habe sie seltene Pokémon gesammelt und getauscht und sich für das Kartenspiel interessiert. „Zwar spielen alle dasselbe Spiel oder befinden sich im selben Franchise, aber Pokémon ist eine sehr breit gefächerte Welt, bei der sich sowohl Sammelkartenspieler als auch Sammler von Pokémon, begabte Künstler und viele mehr immer dann neu erfinden können, wenn sie wollen“, so die 26-Jährige.
Kinder werden zu Experten
Laut Michael Gurt, Medienpädagoge am Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF), generiere das Wissen über die Pokémon einen Expertenstatus. „Für Kinder ist das immer ein besonders gutes Gefühl, wenn sie merken, dass sie mehr wissen als Erwachsene und sich mal nicht wie die Kleinen fühlen, sondern als Expertinnen und Experten“, sagt der 50-Jährige, der sich zum Start der Serie erstmals mit der Marke befasste – und dabei auf viel Skepsis seitens der Eltern stieß. Es gab Befürchtungen, ob das Sammeln der Pokémon süchtig machen könne. Nicht ganz unbegründet, wie bereits am Slogan „Schnapp’ sie dir alle!“ erkennbar ist. Laut Gurt sind da vor allem die Eltern gefragt. Sie sollten „gemeinsam mit den Kindern die Vermarktungsstrategien kritisch betrachten und sie nicht zu reinen Konsumenten erziehen“, ohne ihnen dabei aber die Faszination für ihre Leidenschaft zu nehmen.
Daneben gründete die Skepsis vieler Eltern und Pädagogen auch auf der Gestaltung der Serie, sowohl hinsichtlich des Gewaltaspekts als auch der für Animes, also japanischen Zeichentrick, damals hierzulande noch ungewohnt hektischen Ästhetik mit ihren grellen Farben und schnellen Schnitten. Gurt und das JFF kamen aber schon damals zu einer positiven Bewertung der Serie, die im Kern davon erzähle, „wie sich ein Junge bewährt, mithilfe seines besten Freundes Pikachu Abenteuer erlebt und seine Kompetenz unter Beweis stellt“.
Das wohl erste große Medienphänomen
Doch warum hat die Marke bis heute derart viele Anhänger? Nicht nur jüngere, sondern auch ältere? Michael Gurt bescheinigt der Marke, „das vermutlich erste große Medienphänomen mit einer Mehrfachverwertung“ gewesen zu sein, lange vor Harry Potter. So etwas präge Medienbiografien massiv und begleite Menschen bis ins Erwachsenenalter, sodass sie regelmäßig zurückkehren – Stichwort: Nostalgie – und diese Erfahrung dann mit ihren Kindern teilen könnten. „In der Spielebranche spricht man in einem solchen Fall von einem Generationgame“, erklärt Lott.
Entscheidend für den Erfolg ist laut Lott auch die Markenpflege seitens Nintendo. Der Konzern besitzt zwar nur die Rechte für die Videospiele, kümmere sich aber seit jeher pflichtbewusst um seine Marken. „Nintendo ist so klassisch qualitätsorientiert, wie man nur sein kann. Die sind in dieser Hinsicht unglaublich konsequent.“ Derweil kümmere sich die Pokémon Company, die eigentliche Rechteinhaberin, um die Lizenzierung aller weiteren Zweige: Kartenspiele, Merchandise, Kinofilme. Diese dezidierte Aufteilung habe der Marke ebenfalls gutgetan, meint Lott.
Nicht zuletzt stand Pokémon niemals still, entwickelte sich weiter. Die Marke erfinde sich regelmäßig neu, zuletzt im großen Stil durch „Pokémon Go“, das – obwohl kostenlos – auch viereinhalb Jahre nach seinem Start monatlich noch immer 100 Millionen Dollar Umsatz generiert.