SC DHfK-Ass Matthias Pechmann quält sich für seinen Traum von den Olympischen Spielen in München 1972, dann zerrt die Stasi den 19-Jährigen für immer aus dem Wasser und zerstört sein Leben.
Leipzig. Vater und Tochter haben ein Ritual. Einmal täglich schaut Matthias Pechmann, 69, bei seiner Judith, 44, im Waldstraßenviertel vorbei. Judith Sadlo hat vor neun Jahren Ex-Fußball-Profi Mike Sadlo, 50, geheiratet, leitet ein Umzugsunternehmen, leidet seit vielen Jahren mit ihrem Vater, dem früheren Top-Lagen-Schwimmer des SC DHfK Leipzig. Denunzianten, Sportfunktionäre und die Stasi haben Pechmanns Laufbahn und große Abschnitte seines Lebens zerstört. Seine Geschichte hat mit Trainingsqualen, Rekorden, den Olympiasiegern Mark Spitz und Gerry Hall, dem geplatzten Traum von den Olympischen Spielen in München (26. August bis 11. September 1972), Verrat, Herzproblemen, Gefängnis und einer Opferrente von 300 Euro zu tun.
Ein heißer Tag Anfang Juli 2022, Refugium der Sadlos. Innenhof, viel Rasen, eine Fass-Sauna. Und ein acht mal vier Meter großer Pool. Da war er noch nie drin, der tägliche Besuch aus der Nachbarschaft. Nur mal so zum Spaß schwimmen? Gibt es nicht, gab es nie. Die einstige DHfK-Wasserspringerin Judith serviert Kaffee, Kuchen – und die Stasi-Akte ihres Vaters. 4000 Seiten. Archivierter Operativer Vorgang 40 175. Die Stasi führte Pechmann unter „Taucher“, 19 Inoffizielle Mitarbeiter tauchen ihm von 1969 bis 1989 hinterher. Matthias Pechmann hat viele Anläufe gebraucht, um diese „widerliche Ansammlung von Schmutz“ aus dem Freundes- und Teamkollegen-Kreis zu Ende zu lesen. Warum er erst jetzt darüber spricht? „Mich hat nie jemand danach gefragt.“