Resturlaub: Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um Ansprüche und Verfallsfristen
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Offene Urlaubstage aus dem Vorjahr können nur dann verfallen, wenn der Arbeitgeber Beschäftigte rechtzeitig darauf hingewiesen hat.
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Berlin. Die Frage, wer wann Urlaub nehmen darf, sorgt im Unternehmen häufig für Missstimmung. Erst recht, wenn der Resturlaub bis 31. März des nächsten Jahres genommen werden muss, damit er nicht verfällt. Doch hat man darauf überhaupt einen Anspruch? Und wie verhält es sich mit dem Urlaub bei Langzeitkranken? Tobias Werner kennt sich bei diesem Thema bestens aus. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht erklärt die wichtigsten Regelungen im Überblick.
Haben Arbeitnehmende überhaupt einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub?
Ja, den haben sie. Der Anspruch auf Erholungsurlaub ist gesetzlich im Bundesurlaubsgesetz – kurz BUrlG – festgeschrieben. Er beträgt für eine Fünftagewoche mindestens 20 Tage für das laufende Kalenderjahr. Häufig gewährt der Arbeitgeber mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub. So oder so muss der Urlaub – auch das steht im BurlG – im laufenden Kalenderjahr genommen werden.
Allerdings gibt es Ausnahmefälle, die eine Übertragung des Resturlaubs ins neue Jahr möglich machen.
Um welche Ausnahmefälle handelt es sich?
Eine Übertragung ist dann möglich, wenn Beschäftigte ihn wegen Krankheit oder aus dringenden betrieblichen Gründen nicht nehmen konnten – wenn beispielsweise in der Belegschaft viele Kollegen und Kolleginnen erkrankt sind. Dann verlängert sich die zeitliche Grenze des Urlaubsanspruchs automatisch bis zum 31. März des nächsten Jahres.
Man braucht aber nicht zwingend einen Grund dafür, oder?
Urlaub kann auch aus persönlichen Gründen übertragen werden. Vorausgesetzt, der Arbeitgeber ermöglicht das. Das muss allerdings in jedem Fall beantragt und genehmigt werden.
Bis wann muss dieser übertragene Resturlaub genommen werden?
Liegen die Voraussetzungen für eine Urlaubsübertragung vor, muss der Resturlaub in der Regel in den ersten drei Monaten des neuen Jahres genommen werden. Nicht genommener Urlaub kann verfallen. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen.
Welche Ausnahmen sind das?
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung 2019 darauf hingewiesen, dass Arbeitgeber bei der Urlaubsgewährung eine Mitwirkungspflicht haben. Dass heißt, sie müssen ihre Beschäftigten rechtzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum 31. Dezember bzw. bis zum Ende des Übertragungszeitraumes genommen werden muss, weil er sonst erlischt.
Gibt der Arbeitgeber diesen Hinweis nicht, bleibt der Urlaubsanspruch bestehen – er verfällt also nicht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte der Beschäftigten jüngst mit zwei weiteren Entscheidungen beim Thema Urlaub sogar noch mehr gestärkt.
Was hat der EuGH entschieden?
Für Resturlaub gilt hierzulande eine Verfallsfrist von drei Jahren. Der EuGH hat nun aber entschieden, dass diese Frist nur dann greift, wenn ein Arbeitgeber seine Beschäftigten darüber auch explizit informiert hat. Andernfalls bleiben die Ansprüche bestehen. Das heißt: Urlaubstage verjähren nicht automatisch nach drei Jahren. Denn falls der Arbeitgeber versäumt hat, auf den verbleibenden Urlaubsanspruch hinzuweisen, ist auch „alter“ Urlaub nicht verfallen.
Die zweite Entscheidung betraf den Urlaubsverfall bei Langzeiterkrankung. Anerkannt war bislang, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres verfällt. Der EuGH hat diese Regelung zwar grundsätzlich bestätigt, versäumt der Arbeitgeber allerdings seine Mitwirkungs- und Hinweispflicht, darf der erarbeitete Jahresurlaub auch bei längerer Krankheit nicht einfach verfallen.
Wie verhält es sich mit dem Resturlaub bei einer Kündigung?
Resturlaub kann es natürlich auch bei einer Kündigung geben. Besteht mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaub, verfällt dieser nicht. Der Arbeitgeber ist vielmehr gesetzlich verpflichtet, den Resturlaub dann zu vergüten. Man spricht hier von der sogenannten Urlaubsabgeltung.
Wichtig: Zahlt der Arbeitgeber nicht zügig, sollte man im Arbeitsvertrag schleunigst nach etwaigen Ausschlussfristen schauen und die Forderung dann gegebenenfalls gerichtlich geltend machen.