Pflanzentechnologen passen die Bedürfnisse der Landwirtschaft an den Klimawandel an
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KWS: Züchtungarbeiten mit der Zuckerrübenpflanze.
© Quelle: KWS
Einbeck. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt: Bruno Curkovic hantiert mit einer Pinzette im Zuchtgarten. Vorsichtig entfernt er die unreifen Staubbeutel der Rapspflanzen. Ihre Blüten sind zwittrig, das heißt, sie tragen sowohl männliche als auch weibliche Fortpflanzungsorgane.
Der Azubi arbeitet sorgfältig Schritt für Schritt: Nachdem er einer Pflanze die männlichen Fortpflanzungsorgane entfernt hat, bestäubt er mit den Pollen einer verwandten Art, die genetisch anders ausgestattet ist. Anschließend stülpt er eine kleine Pergamenttüte über die Blüte, um sie vor einer ungeplanten Fremdbestäubung zu schützen.
Nah verwandte Arten kreuzen
Curkovic ist angehender Pflanzentechnologe – im Zuchtgarten übt er das Kreuzen. „Das Ziel einer Kreuzung ist immer, die besten Eigenschaften zweier genetisch verschiedener, aber relativ nah verwandter Arten zusammenzubringen“, erklärt Doris Engelhardt, Ausbildungsleiterin bei KWS, dem weltweit führenden Pflanzenzüchtungsunternehmen mit Sitz im niedersächsischen Einbeck.
Nicht zuletzt würde der Klimawandel auch die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen stellen. „Es geht darum, für die unterschiedlichsten Regionen in der Welt das passende Saatgut zu entwickeln“, sagt Engelhardt. „Das muss zum Beispiel eine hohe Stresstoleranz haben, wenn es vor Ort wenig Niederschläge gibt. Auch die Resistenz gegenüber bestimmten Schädlingen ist wichtig.“ Anspruchsvolle Aufgaben, die die Forschung und Entwicklung bei KWS bestimmen. Im Fokus: das Saatgut von Mais, Zuckerrüben und Getreide.
Vom Labor bis Zuchtgarten
Entsprechend breit ist das Einsatzspektrum der Pflanzentechnologinnen und ‑technologen: Sie säen und vermehren, pflegen und ernten, führen Versuche durch und werten die Ergebnisse aus. Sie analysieren die genetischen Eigenschaften der Pflanzen, nehmen Kreuzungen vor, machen Feldversuche. „Ein abwechslungsreicher Beruf mit ganz unterschiedlichen Einsatzorten. Je nach Jahreszeit und Aufgabe arbeite man auf dem Feld, im Gewächshaus, Zuchtgarten oder im Labor“, sagt Engelhardt, die bereits seit 35 Jahren bei KWS Azubis ausbildet.
Was zukünftige Pflanzentechnologinnen und ‑technologen mitbringen sollen, weiß die Fachfrau genau: „Fingerspitzengefühl, Spaß an der Teamarbeit und Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern.“ Außerdem sollten sie belastbar sein. „Das fängt bei den Witterungsbedingungen an: Auch bei Regen und Schnee oder bei großer Hitze muss draußen gearbeitet werden“, erklärt Engelhardt, die auf mögliche Probleme bei einer Pollenallergie verweist.
In Deutschland gibt es nur den Schulstandort in Einbeck. Hier werden die Azubis unterrichtet. „Die Pflanzentechnologie hat eine große Zukunft – und eine enorme Aufgabe zu lösen“, erklärt Engelhardt. „Die Weltbevölkerung wächst, gleichzeitig nehmen die landwirtschaftlichen Nutzflächen ab. Ein Problem, dem sich die Menschheit zunehmend stellen müsse.
Für die Zukunft der Landwirtschaft
Ähnlich sieht das auch Jan Oehlschläger, Leiter im Fachbereich Versuchswesen Pflanze bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen: „Die Landwirtschaft ist zunehmend auf Sorten angewiesen, die an den Klimawandel angepasst und krankheitsresistent sind“, sagt Oehlschläger.
„Nutzpflanzen mit den passenden Eigenschaften zu selektieren, das sind die heutigen Herausforderungen der Pflanzenzüchtung und Feldversuchswesen.“ Pflanzentechnologinnen und ‑technologen würden bedeutend dazu beitragen, die Landwirtschaft zukunftsfähig zu gestalten.
Steckbrief: Pflanzentechnologen/‑technologinnen …
… arbeiten an der Entwicklung und Zucht neuer Energie-, Nahrungs- oder Zierpflanzen mit. Dazu führen sie Versuche durch, pflegen die Kulturen und übernehmen Arbeiten im Labor.
Ausbildungsform: Pflanzentechnologe/‑technologin ist ein dreijähriger anerkannter Ausbildungsberuf in der Landwirtschaft.
Voraussetzungen: Es ist keine bestimmte Schulbildung vorgeschrieben. Wer in Biologie, Physik und Chemie fit ist, hat gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung.
Branchen: Pflanzentechnologen und ‑technologinnen finden Beschäftigung bei Unternehmen aus den Bereichen Pflanzenzucht, ‑schutz und ‑vermehrung, bei Saatgutfirmen, in landwirtschaftlichen oder gartenbautechnischen Untersuchungs- und Forschungsanstalten sowie in biologischen Instituten an Hochschulen.
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