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Ein Fachanwalt gibt Tipps

Auf der Abschussliste: Was tun, wenn Vorgesetzte mich loswerden wollen?

Die Opfer von Mobbing sehen oftmals keine andere Möglichkeit, als den Arbeitsplatz zu wechseln. (Symbolbild)

Die Opfer von Mobbing sehen oftmals keine andere Möglichkeit, als den Arbeitsplatz zu wechseln (Symbolbild).

Hannover. Es muss etwas Wichtiges geklärt werden, doch der Chef oder die Chefin hat keinen Termin für Sie frei? Dabei scheint es genügend Zeit zu geben, um heimlich Ihre Arbeit zu kontrollieren und Sie später vor versammelter Mannschaft wegen Kleinigkeiten zu kritisieren? Irgendwie beschleicht Sie das Gefühl, dass Ihre Vorgesetzten Sie loswerden wollen ...

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Mit diesem Gefühl sind Sie nicht allein. Es gibt zwar keine Statistik über die Zahl der jährlichen Versuche, die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen unternehmen, um die – in ihren Augen – unliebsamen Beschäftigten aus dem Unternehmen zu drängen. Aber über die teilweise perfiden Tricks der Vorgesetzten ist jede Menge bekannt.

„Der Arbeitgeber verfolgt dabei häufig ein Ziel, dass die Betroffenen freiwillig gehen“, sagt Tjark Menssen vom DGB Rechtsschutz. „Denn kündigen kann er ihnen in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten nur, wenn es gerechtfertigte Gründe gibt.“ Umso perfider sind manche Methoden, mit denen Vorgesetzte ihre Pläne durchdrücken wollen.

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Zermürben und schikanieren

Das beginnt bei den Arbeitsaufgaben: Plötzlich bekommt man nichts mehr zu tun oder nur sehr eintönige Aufgaben, muss zum Beispiel den ganzen Tag Akten kopieren. Oder der Chef oder die Chefin packt zu viel Arbeit auf den Tisch, mit viel zu kurzen Fristen.

„Generell gilt: Arbeitgeber haben ein Weisungsrecht, wie, wo, wann und welche Arbeit zu erledigen ist. Dieses Weisungsrecht wird durch Gesetze, den Arbeitsvertrag, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingeschränkt, ansonsten kann der Arbeitgeber im Rahmen billigen Ermessens frei entscheiden“, sagt Menssen.

„Mobbing geht natürlich über die Grenzen hinaus – das ist rechtswidrig und kann Schadensersatzforderungen nach sich ziehen“, erklärt der Jurist. „Es ist aber notwendig, so etwas nachzuweisen. Deshalb sollte man sich Vorkommnisse, die in diese Richtung gehen, über einen längeren Zeitraum penibel notieren, am besten auch Zeugen hinzuziehen oder Unterlagen sammeln.“

Kritik und Versetzung

„Wenn der Arbeitgeber Grund hat, unzufrieden mit der Leistung zu sein, müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine berechtigte Kritik aushalten“, sagt Menssen. „Dabei hat der Arbeitgeber allerdings keinen Anspruch auf eine olympiareife Mannschaft, die stets fehlerfrei ist. Juristisch heißt das: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben eine ihren Fähigkeiten entsprechende Leistung mittlerer Art und Güte zu erbringen“, so der DGB-Rechtsschutz-Sprecher.

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„Eine Versetzung ist nur dann möglich, wenn die neue Tätigkeit den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag entspricht. Und wenn der Betriebsrat – sofern es einen gibt – zugestimmt hat.“

Eine plötzliche Abwerbung

Jeder freut sich über ein Angebot der Konkurrenz – hier kann aber auch ein boshafter Plan dahinterstecken. Zum Beispiel, wenn Vorgesetzte gut mit Vorgesetzten eines Konkurrenzunternehmens können. Dann könnten sie diese beauftragen, den unliebsamen Beschäftigten aktiv abzuwerben. Im Rahmen der Kündigungsfrist kann der neue Arbeitgeber den Neuen oder die Neue während der Probezeit problemlos wieder vor die Tür setzen. „Wenn ein gutes Angebot mitten in einer Konfliktsituation kommt, ist natürlich Vorsicht geboten“, warnt Menssen, räumt aber auch ein, dass solche Situationen eher selten sind.

Heimliche Überwachung

„Wenn der Chef jemanden loswerden will, sucht er eventuell nach Gründen für eine Abmahnung beziehungsweise Kündigung. Dann kann schon eine Kleinigkeit zum Verhängnis werden“, sagt der Jurist.

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Er empfiehlt deshalb, auf private Internetnutzung oder private Telefonate zu verzichten, selbst wenn der Arbeitgeber sie erlaubt hat. Dazu gehörten auch Onlinebanking und Ebay-Geschäfte am Dienst-PC. „Eine heimliche Überwachung ist allerdings aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten.“

Besonnen reagieren, Hilfe suchen

Der Eindruck, dass man an seinem Arbeitsplatz nicht mehr erwünscht ist, kann sehr belastend sein. Der DGB Rechtsschutz hat drei Tipps, die weiterhelfen:

  • 1. Ruhe bewahren: Das drohende Ende eines Arbeitsverhältnisses wird meistens als existenzielle Bedrohung wahrgenommen. Hier gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren, um sich nicht zu spontanen, möglicherweise unüberlegten Reaktionen hinreißen zu lassen. Das macht die Situation meist noch schlimmer. Hilfreich ist oft auch der Austausch mit Vertrauten, denn Außenstehende haben oft einen objektiveren Blick auf die Situation. Auf jeden Fall sollte man offen damit umgehen.
  • 2. Rechtlichen Beistand nutzen: Wer glaubt, sein Arbeitgeber würde ihn rausdrängen wollen, sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Das deutsche Recht bietet eine der effektivsten arbeitsrechtlichen Grundlagen zum Schutze der Beschäftigten an. Ergänzt wird es durch die freien Gewerkschaften.
  • 3. Nach Alternativen suchen: Wenn der Arbeitgeber zu verstehen gibt, dass er sich trennen möchte, muss man sich klarmachen, dass man sich in einer Verhandlungssituation befindet. Dafür sollte man immer einen „Plan B“ haben – das kann zum Beispiel eine Abwandlung des Vertrags oder die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz sein. Kompromisslos auf „seinem Recht“ zu bestehen ist bei Arbeitsverhältnissen meist nicht geeignet, um dauerhaft beide Parteien zufriedenzustellen. Nicht zuletzt sollte man prüfen, wie viel Kraft man bereit ist, in eine unter Umständen langwierige Auseinandersetzung zu investieren.

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