Autobahnen oder in Einflugschneisen

Endlich Ruhe: So schützen Sie Ihre Wohnung am besten gegen Schall

Foto: Viel befahrene Straßen sind Stress für Mensch und Umwelt. Der Lärmaktionsplan der Stadt Eckernförde soll die Belastung vermindern.

Viel befahrene Straßen sind Stress für Mensch und Umwelt.

Ob in Hafennähe, an Bahngleisen und vielbefahrenen Straßen oder in Einflugschneisen: Weil Baugrundstücke in vielen Städten knapp sind, rücken zunehmend Flächen und Baulücken in den Blick, die eine hohe Lärmbelastung aufweisen. Allerdings geben Bebauungspläne in der Regel Grenzwerte vor. Diese richten sich unter anderem nach der Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV). Danach sind tagsüber 59 Dezibel (dB) und nachts 49 dB zulässig. In Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten liegen die Werte deutlich darüber. Zum Vergleich: Eine normale Unterhaltung wird mit etwa 50 dB geführt.

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Sofern eine Wohnbebauung erlaubt ist, sind besonders gute Schallschutzmaßnahmen anzuraten. Denn „durch mehr Straßenverkehr und anderen Lärm kann die Gesundheit leiden“, schreibt der Verband Fenster + Fassade (VFF). Werden größere Wohnblöcke oder neue Quartiere geplant, sollten städtebauliche Aspekte berücksichtigt werden, sagt Laszlo Pobloth, Sachverständiger für Bau- und Raumakustik beim TÜV Süd. So können öffentliche Gebäude, Geschäfte und Büros einen Schallschutz für die dahinter liegenden Wohnhäuser bieten. Denkbar sind auch Lärmschutzwände oder sogenannter Flüsterasphalt auf der Straße.

Norman Dietz, Berater des Verbands Privater Bauherren (VPB), empfiehlt eine geschlossene Randbebauung mit Mehrfamilienhäusern, die ohnehin oft in Bebauungsplänen vorgeschrieben ist. „In diesen Häusern muss man die Grundrisse richtig organisieren und die Wohn- und Schlafräume zur straßenabgewandten Seite orientieren“, sagt er. Schallschutzexperte Michael Oehlerking von der AMT Ingenieursgesellschaft warnt allerdings vor zu großer Abschottung und einem burgähnlichen Charakter der Gebäude.

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Jeder nimmt Geräusche anders wahr

Seiner Ansicht nach ist es wichtig, dass hinter der Gebäudezeile an der Straße locker gebaut wird: „Die Großzügigkeit macht es aus.“ Auf der lärmabgewandten Seite sollten nicht nur Terrassen und Balkone liegen, sondern auch Gärten, Spielplätze und Sitzbereiche für die Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen werden. Wie Geräusche empfunden werden, habe stark mit der eigenen Wahrnehmung zu tun, so Oehlerking weiter. Er hält es für fragwürdig, ausschließlich physikalische Messgrößen für eine Bewertung heranzuziehen. Das treffe zum Beispiel auf städtische Plätze zu. Hier würden Geräusche oft als Wohlklang empfunden. „Sie sind ein Zeichen von Lebendigkeit“, erklärt er.

Straßengeräusche verringern

Einen großen Einfluss auf das Wohnen hat der Straßenverkehr. Er sei seit langem die dominierende Lärmquelle in Deutschland, schreibt das Bundesumweltamt: „Etwa drei Viertel der Bevölkerung fühlt sich durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt.“ Elektromobilität trägt zur Lösung des Problems nur wenig bei. Viel entscheidender ist eine Temporeduzierung. Denn ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h überlagern die Reifengeräusche die Geräusche der Motoren. Auch ein gleichmäßig gefahrenes Tempo verringert die Lärmbelastung. Deshalb sind Schwellen oder Aufpflasterungen auf den Straßen nicht immer sinnvoll.

Beim Bau von Gebäuden muss grundsätzlich die DIN 4109 beachtet werden. Diese berücksichtige allerdings nur den Mindestschallschutz, erklärt Pobloth: „Sie entspricht zumindest teilweise nicht dem anerkannten Stand der Technik.“ Vor allem in lärmbelasteten Wohngegenden sollten Lösungen gewählt werden, die über die Mindestanforderungen hinausgehen, rät Dietz: „Bei der Realisierung des Hauses kommen dann andere, stärkere Betondecken und Wände sowie verstärkte Dämmstoffe und Schallschutzfenster zum Einsatz.“

Auch vorgesetzte Wintergärten oder eine Verkleidung der Fassade mit lärmabsorbierenden Elementen bewirken einen zusätzlichen Lärmschutz. Einen stark schalldämpfenden Effekt besitzen Scheibendicken von sechs Millimeter, schreibt der VFF. In besonders lauten Gegenden empfiehlt der Verband Kastenfenster, in die quasi zwei Fenster verbaut sind. Sie seien sogar in der Lage, den Lärm zu mindern, wenn sie geöffnet sind. „Die Schalldämmung vollzieht sich dann über Labyrinthwege, auf denen sich der Schall bricht.“

Trittschalldämmung und Leitungen mit Kurven

Während es bei der Vermeidung von Luftschall vor allem auf Masse, also zum Beispiel massive Wände und Türen ankommt, geht es beim Körperschall in erster Linie um Entkoppelung. Deshalb sollte zum Beispiel der Estrich auf dem Fußboden schwimmend verlegt werden, damit er andere Bauteile nicht berührt und den Schall nicht überträgt. Zusätzlich kann eine Trittschalldämmung eingebaut werden.

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Schwachstellen sind oftmals flankierende Bauteile wie Seitenwände, Decken und Heizungen, wenn sie Geräusche in die Nachbarwohnung übertragen. Ein Problem in energetisch hochwertigen Häusern stellen mitunter Lüftungsanlagen dar, weil über sie Geräusche ins Haus gelangen. Die Leitungen sollten deshalb in vielen Kurven verlaufen, erklärt Pobloth.

Die Bestimmungen der DIN 4109 gelten beim Neubau im Innenbereich nur für Mehrfamilienhäuser sowie Reihen- und Doppelhäuser. Im Einfamilienhaus müssen sie nicht eingehalten werden. Die deutsche Gesellschaft für Akustik (DEGA) empfiehlt allerdings grundsätzlich, einen höheren Standard als vorgeschrieben zu verfolgen. Eine Orientierung bieten sieben Schallschutzklassen von A+ bis F. „Ein Mehrfamilienhaus schafft es meist nicht über Klasse C hinaus“, sagt Pobloth. Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser können hingegen deutlich bessere Klassen erreichen.

Ruhe ist nicht immer die Lösung

Im Bestandsbau gelten die Schallschutzbestimmungen aus der Zeit, zu der das Gebäude gebaut wurde. Hier besteht oft ein vergleichsweise geringer Schallschutz. Mit Vorsatzwänden oder abgehängten Decken könne dieser jedoch deutlich verbessert werden, sagt Pobloth. Allerdings gehe dadurch Wohnfläche verloren.

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Wer im Altbau den eigenen Fußboden renoviere, sollte aufpassen, dass dies nicht zu mehr Lärmbelästigungen in den Wohnungen darunter führe, so der Akustikexperte. Denn wenn beispielsweise vorher ein Teppich den Trittschall gedämmt habe, könne ein Parkettboden die Geräuschbelastung verstärken. Bei größeren Eingriffen müsse beachtet werden, dass eventuell die aktuellen Schallschutznormen greifen, etwa wenn der Estrich entfernt und der Grundriss verändert werde, warnt Pobloth.

Eine Senkung des Schalldruckpegels um zehn dB wird als Halbierung des Geräuschpegels empfunden. Ziel sei es, etwa 30 dB in Wohnräumen zu erreichen, erklärt Oehlerking. „Allerdings gilt nicht, je leiser, desto besser. Es kann das Gefühl der Abgeschiedenheit entstehen.“ Er habe es schon erlebt, dass jemand aus seinem Haus auszog, weil es ihm darin zu leise war.

Einen Einfluss auf das Geräuschempfinden hat auch das Sehen. Wenn vor dem Fenster ein Vogel im Baum sitzt und zwitschert, aber nicht zu hören ist, könne das irritieren, sagt Pobloth. Umgekehrt werde zum Beispiel das Geräusch einer Wärmepumpe auf dem Nachbargrundstück vor allem dann als störend empfunden, wenn das Gerät zu erkennen ist.

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