Wie eine junge Frau ihr Hotel in Bad Schandau durch schwierige Zeiten bringt

Es ist nur ein einziger Satz, der beschreibt, wie Stefanie Ballschuh tickt. „Wir haben geöffnet und wir freuen uns auf jeden Einzelnen“ ist auf der Startseite des Bad Schandauer Hotels Lindenhof im Internet zu lesen. 2020 war kein einfaches Jahr für die Hotelchefin. Auch 2021 beginnt schwierig, wegen des Lockdowns gibt es keine touristischen Übernachtungen. Unterkriegen lassen will sich Stefanie Ballschuh davon jedoch nicht. Lange Zeit hatte sie auf die Spielewochen im Februar gehofft, die inzwischen wegen der Coronapandemie abgesagt sind. Die Aktionstage hat sie gemeinsam mit anderen ins Leben gerufen, um in die sonst eher maue Vorsaison in der Sächsischen Schweiz Bewegung zu bringen. Nur eine der vielen Ideen, mit denen die Hoteldirektorin das denkmalgeschützte Traditionshaus Lindenhof am Eingang des Schandauer Kurparks auf Vordermann gebracht hat. Stefanie Ballschuh war 28 Jahre alt und Mutter eines sechsmonatigen Kleinkindes, als sie das Hotel Lindenhof 2014 übernahm. Sie habe schon lange den Wunsch gehegt, ein eigenes Haus zu leiten und deshalb die Chance ergriffen, sagt sie. Das Geschäft hat sie von der Pike auf gelernt, ließ sich im Fünf-Sterne-Haus Hessischer Hof zur Hotelfachfrau ausbilden – ein Traditionshaus in Frankfurt am Main, dessen durch die Coronapandemie erzwungenes Aus zum Jahresende für Schlagzeilen gesorgt hat. Lange Jahre hat sie in Leipzig gearbeitet, zum Beispiel als Empfangschefin im Best Western am Flughafen, 2009 ein Studium zur Hotelbetriebswirtin abgeschlossen. Und dann ging es für die Colditzerin erstmals in die Sächsische Schweiz. Zwei Jahre arbeitete sie im Hotel Elbresidenz in Bad Schandau, 2014 war sie Hoteldirektorin im Landhaus Nikolai in Lohmen. Bis sich die Chance bot, ein eigenes Haus zu übernehmen. Hotelchefin legt Wert auf Familienfreundlichkeit: Dort legt sie, die selbst eine kleine Familie hat, Wert auf Familienfreundlichkeit. Es gibt ein Spielezimmer und alles, was Familien mit kleinen Kindern brauchen. Zudem hat die junge Frau die Weichen auf Umweltfreundlichkeit gestellt – vor allem dort, wo diese auch wirtschaftlich Sinn macht. Seitdem gehören zum Beispiel Seifen in kleinen Packungen der Vergangenheit an. Es gibt sie in Spendern, die regelmäßig nachgefüllt werden – in der Coronapandemie übrigens auffallend oft. Für Strom und Wärme im Haus sorgen ein Blockheizkraftwerk und Solarzellen auf dem Dach, das übrigens mit einer Terrasse aufwarten kann – ein Alleinstellungsmerkmal in Bad Schandau. Nominiert für den DNN-Wirtschaftspreis ist Stefanie Ballschuh aber vor allem, weil sie besonders pfiffig mit zwei Übeln der Tourismusregion Sächsische Schweiz umgeht. Das ist zum einen die relativ kurze Saison, die von Ostern bis Oktober währt. Stefanie Ballschuh schafft dagegen neue Anreize – etwa Silvesterangebot oder die Spielewochen im Winter, um die Saison sinnvoll zu verlängern. Auch eine Belebung des Konferenzgeschäfts mit kleinen Tagungen gehört in diese Kategorie. Weil Arbeitskräfte fehlen, hat Stefanie Ballschuh kurzerhand Azubis aus Indonesien angeworben: Das andere Übel ist der Mangel an Arbeitskräften, der die ganze Branche plagt, aber in der Region noch stärker zu spüren ist als in den Großstädten. „Die Gewinnung von Auszubildenden ist sehr schwierig“, sagt Stefanie Ballschuh dazu. Also sei sie „unkonventionelle Wege“ gegangen. Die haben sie nach Indonesien geführt. Sie sei angesprochen worden, ob sie sich dort nicht nach Lehrlingen umsehen wolle. Im April 2018 hat sie per Skype Interviews mit Interessenten geführt und dann drei Azubis Verträge gegeben. Die zwei 18-Jährigen und der 20-Jährige sollten Koch, Hotelfachmann und Restaurantfachmann werden. Um es kurz zu machen: Das war eine Erfolgsgeschichte. Alle drei Azubis schaffen ihre Ausbildung und werden übernommen. Sie haben auch den Weg für weitere Arbeitskräfte aus dem Land auf der anderen Seite der Erdkugel gebahnt. Sieben, darunter zwei Frauen, beschäftigt Stefanie Ballschuh inzwischen in ihrem Hotel. Adresse: Bad Schandau, Rudolf-Sendig-Straße 11 denkmalgeschütztes Haus aus den 1890er Jahren am Kurpark 41 Zimmer, Kongressraum für 20 Menschen, dazu drei Ferienwohnungen 30 Mitarbeiter, davon sieben aus Indonesien 1,5 Millionen Euro Umsatz geplant 2020 bis Oktober 14 800 Übernachtungen, etwa 1000 weniger als zum gleichen Zeitpunkt 2019 Das Haus wird seit 2014 von Stefanie Ballschuh geleitet www.lindenhof-bad-schandau.de Einfach ist der Weg dorthin allerdings nicht gewesen. Da ist zum einen die nicht gerade rosige Wohnungslage in Bad Schandau. Ein Jahr lang lebten die drei jungen Männer bei Stefanie Ballschuh und ihrem Mann, der sie in der Hotelleitung unterstützt, im Haus mit, bis eine WG gefunden war. „Die Wohnung haben wir über die Stadt bekommen“, sagt Stefanie Ballschuh. Sie lässt durchblicken, dass es nicht einfach war, für die Männer aus dem Inselstaat Vermieter zu gewinnen. Bürokratie erschwert Ausbildung ausländischer Lehrlinge: Dabei hätten die sich alle Mühe gegeben. „Die haben schon in Indonesien Deutsch gelernt und haben sich wahnsinnig weitergebildet“, sagt sie. Was nicht heißt, dass es keine Probleme gegeben habe in Sachen Integration. So bringen die Indonesier zwar eine große Freundlichkeit gegenüber Gästen und Vorgesetzten mit. „Das ist einfach Teil ihrer Kultur“, sagt Stefanie Ballschuh. Dagegen haben sie Probleme, Anweisungen von einer jungen Frau entgegen zu nehmen. Da war das Durchsetzungsvermögen der Hotelchefin gefragt. Hinzu kommen die Hürden des Alltags. So konnten die indonesischen Azubis anfangs Zitronen nicht von Limetten unterscheiden – „einfach weil es diese Früchte in ihrer Heimat nicht gibt“, wie Stefanie Ballschuh sagt. Auch bei Hygienestandards habe es kulturelle Unterschiede gegeben, die aber durch die Lernbereitschaft der jungen Männer leicht überwunden werden konnten. Alle Infos und die Nominierten im Porträt finden Sie in unserem Special! Schwieriger sind da schon die Hürden, die die deutsche Bürokratie auftürmt. So ist den Indonesiern zunächst nur zwei Jahre der Aufenthalt im Land gestattet. „Eine Ausbildung dauert aber drei Jahre“, sagt Stefanie Ballschuh. Deswegen ist ein neuer Antrag nötig, der auch viel Geld koste. „Das haben die Auszubildenden aber nicht – sie sind ja in Ausbildung und üben den Beruf noch nicht aus“, sagt die Hotelchefin. Es sei mitunter ein regelrechter Papierkrieg nötig gewesen, um alles zu regeln. Obwohl das Hotel geschlossen ist, verlangt die GEZ die vollen Gebühren: Doch wie gesagt, Stefanie Ballschuh spricht Probleme vor allem an, um sie zu lösen. So wie im Coronajahr 2020, das ihr einen Lockdown pünktlich zum Saisonbeginn bescherte. Nach dessen Ende brummte das Haus auf einmal, sie die Sächsische Schweiz so voll gewesen wie lange nicht. Nach Monaten des 100-prozentigen Auslastung sorgte der zweite Lockdown dann für Einbußen im wichtigen Weihnachtsgeschäft. Stefanie Ballschuh fühlt sich wie viele im Gastgewerbe allein gelassen, weil staatliche Hilfen ausbleiben oder nicht ausreichen. Oder manche Regelungen widersinnig sind. So habe sie ihr Haus im Frühjahr schließen müssen, dennoch aber die GEZ-Gebühren für alle Räume weiter zahlen müssen. „Und das ist richtig viel Geld“, ärgert sie sich. Übers Jahr habe ihr weniger die Coronahilfe des Landes als ein kurzfristiger Kredit geholfen, sagt sie. Und jetzt der schwierige Start 2021, der aber immerhin noch auf einen Saisonbeginn zu Ostern hoffen lässt. Stefanie Ballschuh muss sich wieder etwas einfallen lassen. Von Uwe Hofmann