Walter Fritzsch – Meistertrainer der 70er: „Fußball ist Leidenschaft“

Am 28. November 1997 nahm Fußball-Dresden mit einer stillen Trauerfeier auf dem Heidefriedhof Abschied von Walter und Käthe Fritzsch. Am 15. Oktober hatte das Herz des legendären Meistermachers wenige Wochen vor seinem 77. Geburtstag aufgehört zu schlagen. Seine Gattin war ihm nach über fünfzigjähriger Gemeinsamkeit einen Monat später gefolgt. Zahlreiche Freunde und ehemalige Mitstreiter begleiteten den erfolgreichsten Trainer der DDR-Fußballgeschichte auf seinem letzten Weg und verneigten sich an seinem Grab im Gedenken an einen Mann, „der den Namen Dresden in der Welt bekannt gemacht hat“, wie Oberbürgermeister Herbert Wagner in seinem Kondolenzschreiben hervorhob. Namen wie Dörner, Häfner, Kreische, Schade: Es entbehrt nicht einer gewissen Tragik, dass Walter Fritzsch seit längerem an der Alzheimer-Krankheit litt – ein Mann, der auch Berühmtheit durch seine gewissenhaften Aufzeichnungen und Statistiken erlangte, die er in Hunderten von Büchern, Ordnern und einer umfangreichen „Trainingsbild-Kartei“ festgehalten hat. Der gebürtige Planitzer hatte den Beruf eines Horizontalbohrers erlernt: „Diese interessante Arbeit verlangte große Genauigkeit, was mir später bei meinen Notizen sehr geholfen hat. Als Trainer habe ich rund 1900 Begegnungen betreut, davon waren 1163 Siege. 40 A-Auswahlspieler habe ich herausgebracht. Es begann mit Willi Tröger, der letzte war Peter Kotte.“ Dazwischen lagen Namen wie Dörner, Häfner, Kreische, Schade; auch Matthias Sammer und Ulf Kirsten hatte Fritzsch als junge Hüpfer unter seinen Fittichen. Nach Beendigung der eigenen aktiven Laufbahn startete Walter Fritzsch seine Trainerkarriere 1949 bei Zentra Wismut Aue. Nach Stationen in Dessau, Chemnitz, Rostock (dreimal Vize), Riesa, wo er die Stahl-Elf 1968 in die Oberliga führte, kam er 1969 nach Dresden. In den folgenden Jahren, die später unter den hiesigen Fußballern als die „Goldenen Siebziger“ galten, führte er Dynamo zu fünf Meister-Titeln, zwei Pokalsiegen und zahlreichen internationalen Erfolgen im Europacup. Nach dem Abschied 1978 von seiner Vereinslaufbahn arbeitete der Erfinder des „Dynamo-Kreisels“ bis zu seinem 69. Lebensjahr als Berater des DDR-Verbandes im Juniorenbereich. Von Alois Andritzki bis Udo Zimmermann – Alle Porträts in unserem Special Sportliche Lebensweise war ein Credo des „kleinen Generals“: „Wenn ein Spieler zu viel ,gelbes Wasser` getrunken hat, merke ich das sofort. Dann muss er das beim Training gefälligst wieder rausschwitzen.“ Zwar durfte ich als Besucher während unserer unzähligen stundenlangen Debatten über (Fußball-)Gott und die Welt rauchen. Aber an seiner Wohnungstür prangte das Signet mit der rot durchgestrichenen Zigarette. „Zum Fußball gehört Leidenschaft!“ war stets seine Maxime, die der Trainer geduldig, auch mit autoritärer Strenge, versuchte, seinen Kickern zu vermitteln: „Die Disziplin muss stimmen! Du darfst die Spieler nie zu sehr loben. Manche halten sich für die Größten. Wenn die Mannschaft nicht genug Saft hat, muss ich mir sagen, verdammich, da musste was tun.“ Aus den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 14. April 2000. Von Günther Frank

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