Paul Aron – Wichtigster Motor für die neue Musik der 20er Jahre

Das „Lexikon der Juden in der Musik“, 1940 erschienen, verzeichnet auf Seite 20: „Aron, Paul Albert, * Dresden 9.1. 1886, Pian, Komp - Dresden“. Diese dürftigen Daten sagen über einen Menschen beinahe nichts, aber immerhin reichten sie aus, um zu gewährleisten, dass „in Großdeutschland... der Jude auf den künstlerischen Gebieten weder als Ausübender noch als Erzeuger von Werken ... tätig sein darf.“ 1940 war dieses Ziel allerdings schon zu nahezu hundert Prozent durchgesetzt, das deutsche Kulturleben war „judenrein“. Paul Aron hatte nicht gewartet, bis das Lexikon auf dem Markt war, sondern schon im April 1933 Dresden verlassen. Für seine Heimatstadt war das ein kaum wieder gutzumachender Verlust, denn Aron hatte wie kaum ein zweiter das Musikleben Dresdens in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren mitgeprägt. Pianist, Dirigent und Konzertveranstalter: Aron war Schüler Max Regers, mit dem er seit 1907 auch gemeinsame Klavierkonzerte gab. Nach kürzeren Aufenthalten in Leipzig und Berlin und einer Tätigkeit für das Rote Kreuz während des ersten Weltkriegs ließ er sich in Dresden nieder und begann eine intensive Arbeit als Pianist, Dirigent und Konzertveranstalter. Er musizierte gemeinsam mit Erwin Schulhoff, spielte Werke Debussys, Schönbergs und veranstaltete in einer eigenen Reihe bis 1930 fünfzig Konzerte mit neuer Musik, in denen 213 Kompositionen ur- oder erstaufgeführt wurden. Besonders intensiv setzte sich Aron für das Werk seines Freunds Paul Hindemith ein. Dessen inzwischen berühmt gewordene Suite „1922“ op. 26 wurde kurz nach der Berliner Uraufführung von Aron in Dresden erstaufgeführt. Bei anderen Hindemith-Erstaufführungen war der Komponist als Bratschist selbst mit beteiligt. Als Klavierlehrer wirkte Aron mehr als zehn Jahre am Konservatorium und an der Orchesterschule. Neben Fritz Busch kann Aron als der wichtigste Motor für die neue Musik der zwanziger Jahre in Dresden gelten. Von Alois Andritzki bis Udo Zimmermann – Alle Porträts in unserem Special Im zunächst tschechischen Exil setzte sich Aron weiter für zeitgenössische Musik ein, aber keineswegs nur für jüdische Komponisten. Mehrmals noch gastierte er im Rahmen der jüdischen Künstlerhilfe in Dresden, bis er schließlich im Januar 1939 nach Kuba ausreisen konnte. Auch dort gehörte er zur musikalischen Avantgarde, ebenso wie in den USA, in die er im Februar 1941 übersiedelte. Arons Mutter wurde nach Theresienstadt deportiert und starb dort, das Schicksal seines Bruders Willi konnte nicht aufgeklärt werden. Paul Aron verschied am 6. Februar 1955 in New York. Mit Arons Leben und Werk haben sich in jüngster Zeit Agata Schindler und Thomas Kupsch ausführlich befasst. Ihrer Initiative ist es zu danken, dass von ihm komponierte Lieder - sie entstanden zwischen 1937 und 1949 auf Texte von Hermann Hesse, William Butler Yeats, Federico García Lorca und Carl Sandburg - 1999 in Dresden uraufgeführt werden konnten. Aus den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 18. Januar 2000. Von Peter Zacher

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