Hans Nadler – Als Bewahrer von Denkmalen nie arbeitslos

Sie müssen die Aufgabe suchen, nicht die Chance.“ Dieser vielzitierte Rat des Nestors der sächsischen Denkmalpflege für seine Umgebung ist ihm noch heute auch persönliches Anliegen. So verband Hans Nadler sogar die Feier seines 90. Geburtstages mit einer Aufgabe. Die lautete: das Palais im Großen Garten (wo der Festakt auf seinen Wunsch stattfand) in den Blickpunkt der Öffentlichkeit lenken. Mit entwaffnend einfachen, manchmal schon schlitzohrigen Argumenten gelang es dem langjährigen Landesdenkmalpfleger selbst zu radikalen sozialistischen Neubauzeiten oft, seinen Zielen näherzukommen. Stein für Stein. Haus für Haus. Bis sich ein ganzer Altstadtkern erhalten ließ. „Sein Leben lang war ihm die kleine Dorfkirche, das Umgebindehaus genauso wichtig wie der Dresdner Zwinger“, sagt die Tochter über den Vater, der überall auch die Menschen hinter den Denkmalen sieht. Liebe zum umbauten Raum: Das Palais im Großen Garten sei ihm in seiner Amtszeit als Leiter des Instituts für Denkmalpflege – sie währte offiziell 30 Jahre – immer ein Sorgenkind gewesen. Weit weg vom Stadtzentrum, mussten zur Substanzsicherung Mittel abgezweigt werden. Nun wünscht sich der Jubilar das erste Festhaus Dresdens nach dem 30-jährigen Krieg wieder als ein Haus für Feste und Bildung – und half dem Wunsch gleich praktisch auf die Beine. Seine Geburtstagsgeschenke waren Spenden für das Kleinod aus dem 17. Jahrhundert. Mit einer anderen seiner vielen offiziellen Ehrungen, dem Erich-Kästner-Preis des Presseclubs Dresden, unterstützte Prof. Dr. Hans Nadler den Wiederaufbau der Busmann-Kapelle der Sophienkirche und des Nosseni-Altars, der jetzt die Loschwitzer Kirche ziert. Ein Stück Schadensbegrenzung? Jegliche Kulturbarbarei konnte auch der als Retter ganzer historischer Ensembles Gerühmte – wie Schloss und Theaterplatz in Dresden, der Zentren in Bautzen, Görlitz oder Zittau – nicht verhindern. Die Sophienkirche wurde 1963 auf Befehl Walter Ulbrichts abgerissen. Das schmerzt den leidenschaftlichen Bewahrer steinerner Zeugen, barocker „Monumente“ seiner geliebten Heimat, noch immer. Ebenso heutige Entscheidungen, die die einmalige Kulturlandschaft zwischen Pirna bis Meißen beschädigen. Von Alois Andritzki bis Udo Zimmermann – Alle Porträts in unserem Special Dresdens einziger noch lebender Ehrenbürger wurde am 1. Juli 1910 als Sohn eines Kunstmalers in der Landeshauptstadt geboren. In den 30er Jahren studierte er an der Technischen Hochschule Architektur und hatte schon als Zimmerer im Zwinger gearbeitet, bevor er in Pompeji Altertümer ausgrub. 1945 wurde der Kriegsheimkehrer Mitarbeiter des Sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, vier Jahre später Landeskonservator und ab 1952 Institutsleiter bzw. in dieser Funktion zugleich Stadtkonservator. Nadler übertrug als Hochschullehrer für Denkmalpflege seine Liebe zum umbauten Raum, sein Engagement für den Geist dieser Stadt ganzen Generationen nach ihm. Auch mit 90 verfolgt er akribisch denkmalpflegerische Entscheidungen, fuhr noch unlängst in sein Büro im Landesamt und kann das Arbeiten auch zu Hause nicht lassen. Aus den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 11. August 2000. Von DNN

100 Dresdner des Jahrhunderts - Hans Nadler – Als Bewahrer von Denkmalen nie arbeitslos