Günter Hörig – Der talentierte Mann am Jazz-Piano

Von Anekdoten weiß man mitunter nicht, stimmen sie nun, sind sie verbürgt, oder sind sie einfach gut erfunden und nett erzählt. Im vorliegenden Fall soll jemand zu jemandem gesagt haben: „Hör mal – da spielt der Hörig!“ Und daraufhin der andere: „Das hör ich gern...!“ Die Sache könnte durchaus stimmen, zumindest was den musikalischen Ruf des Dresdner Mannes am Jazz-Piano angeht, der weit über 40 Jahre als „Boss“ der „Dresdner Tanzsinfoniker“ zu so etwas wie einer Musik-Legende geworden ist. „Eine ausgesprochene Musiker-Persönlichkeit, die uns immer einen wunderbaren Zusammenhalt gegeben hat!“ charakterisiert ihn Professor Günter Karpa, einst Gründungsmitglied der Band von Joe Dixie und über all die Jahrzehnte Trompeter der „Tanzsinfoniker“. Geboren wurde die Günter Hörig am 27. Mai 1927 in der Dresdner Neustadt, genauer gesagt an der Hauptstrasse, die dann nach dem Krieg in „Straße der Befreiung“ umbenannt wurde. Porträt-Sendung im DDR-Fernsehen: Das war dann auch die Zeit, als der junge Mann an der Dresdner Hochschule „Carl Maria von Weber“ 1947 bis 1952 sein Studium (Dirigieren und Klavier) aufgenommen hatte und 1948 in der Band von Heinz Kretzschmar Tanzmusik machte und jazzte. Doch die eben gewonnene musikalische Freiheit war nicht von Dauer. Denn es war die Zeit des beginnenden kalten Krieges der Systeme und schon wieder hieß es „Swing Heinis und Hot-Bubis unerwünscht“. Musiker wurden reglementiert, zensiert, kriminalisiert, weg geekelt. Joe Dixie ging „nach drüben“, dann auch Heinz Kretzschmar, und nicht nur sie. Günter Hörig war damals zu der Band gekommen, die sich „Original Dixies - Dresdner Tanzsinfoniker“ nannte. So blieb dann, den Umständen geschuldet, nur des Namens zweiter Teil: „Dresdner Tanzsinfoniker“. Das aber eben mit Erfolg über Jahrzehnte, bis in die Mitte der neunziger Jahre. Günter Hörig wurde, nach Abschluss seines Studiums, 1952 Chef und Solopianist der neu formierten Band. “Er war ja als studierter Kapellmeister am ehesten prädestiniert dafür“, sagt Günter Karpa. Das PianoTrio entstand, das Quartett, dann die Dixieland-Gruppe. Hörig wurde zu einem Begriff: als Bandleader und urmusikantischer Akteur nicht nur am Klavier, auch an Orgel und Vibraphon, als, wie Gottfried Schmiedel und Karlheinz Drechsel, einfallsreicher Wegbereiter von Swing, Modern Jazz und Jazz-Rock. Etwa 50 Tanzsinfoniker-Titel gibt es auf Amiga-Platten. Das DDR-Fernsehen widmete Hörig 1975 eine spezielle Porträt-Sendung. Von Alois Andritzki bis Udo Zimmermann – Alle Porträts in unserem Special Und natürlich ist auch der Komponist Günter Hörig zu nennen, mit einem breiten schöpferischen Spektrum: „Concertino für Klavier, Streicher und Jazzorchester“, „Zwei Bilder für Orgel und Jazzorchester“, Arbeit für das Fernseh-Ballett, den Film mit etwa 100 Filmmusiken. Und der Mann mit dem Modelleisenbahn-Hobby, der am Oberloschwitzer Elbhang wohnt und nach wie vor einen Lehrauftrag an Dresdens Musikhochschule hat, wo er auch die studentische Bigband leitet. Aus den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 6. Juni 2000. Von Karl Knietzsch

100 Dresdner des Jahrhunderts - Günter Hörig – Der talentierte Mann am Jazz-Piano